Süddeutsche Zeitung

Artenschutz in der Stadt:Wie man den Bienen helfen kann

Lebensräume für Insekten lassen sich auch auf dem Fenstersims, dem Balkon oder im Garten einfach schaffen. Fünf Tipps.

Von Manuel Kronenberg

Mit ihren Unterschriften waren die Münchner ziemlich großzügig: Jeder fünfte hat das Volksbegehren "Rettet die Bienen" unterstützt, die gute Tat für den Artenschutz war schnell vollbracht. Doch so manche haben jetzt das Gefühl, dass es mit der Eintragung allein nicht getan ist. Um etwas gegen den drastischen Rückgang von Insekten zu tun, muss man kein Landwirt sein, im Gegenteil.

In einem so dicht besiedelten Gebiet wie München sei das sogar ganz einfach möglich, erklärt Sophia Engel vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV). Man brauche nicht viel Platz, um Bienen und auch anderen Arten Nahrungsquellen und Rückzugsräume in ansonsten kargen Straßenzügen zu bieten. Auf dem Balkon, im Garten und auch auf dem Fenstersims kann jeder mit einfachen Mitteln Lebensräume schaffen. "Wenn jeder zehnte Balkon naturnah gestaltet wäre, hätten die Tiere schon genug Trittsteine, die das Siedlungsgebiet für sie bewohnbar machen", sagt Engel. Aber wie gestaltet man seine eigene kleine Naturoase am besten, damit sich möglichst viele der 570 Wildbienenarten Deutschlands daran erfreuen können?

Das Wildbienenhotel

Ein Wildbienenhotel im Garten oder auf dem Balkon eignet sich besonders, um einigen Bienenarten eine Nisthilfe zu bieten. Da es Bienen gerne warm mögen, sollte sich das Hotel an einer sonnigen witterungsgeschützten Stelle befinden, aber nicht der prallen Mittagssonne ausgesetzt sein. Hauptbestandteile eines solchen Hotels sind Hartholzblöcke aus Esche, Buche oder Eiche mit Bohrlöchern sowie hohle Pflanzenstängel wie Bambusröhrchen oder Schilfstängel. Die Blöcke und Stängel werden in einen Holzrahmen geschichtet und bilden so für hohlraumsuchenden Arten wie die rote Mauerbiene wertvolle Nistgänge. Zusätzlich kann eine Sand-Steilwand in das Hotel eingebaut werden. Hier können grabende Arten ihre Nistgänge selbst anlegen. Für eine solche Wand müssen Lehm oder Ton mit Natursand vermischt und in eine Holzbox gefüllt und anschließend getrocknet werden. Der Lehm- beziehungsweise Tonanteil darf allerdings nicht zu hoch sein, damit das Material nicht zu hart wird. Nur wenn es mit dem Fingernagel abgeschabt werden kann, können auch Insekten das Material bearbeiten.

Der Balkonkasten

Wichtig für Bienen ist, dass in der Nähe der Nisthilfe auch genügend Futterquellen für sie vorhanden sind. Hierfür eignet sich ein Blumenkasten besonders gut. Die Umsetzung ist einfach und auf kleinem Raum, also auch auf einem Fenstersims, möglich. Der Nutzwert für Bienen und andere Insekten ist groß - und es sieht schön aus. Für Bienen sind die Balkonkästen eine ideale Quelle für Nektar und Pollen. Entscheidend ist hierfür aber, die richtigen Blumen auszuwählen. Weit verbreitete, exotische Sorten wie Petunien und Geranien sind für die hiesigen Wildbienen nicht ergiebig. Vor allem heimische Blumenarten sind für sie interessant - also zum Beispiel Glockenblumen, Blauer Lein oder Schmetterlingsblütler.

Der Blühstreifen

Hat man die Möglichkeit, einen Garten zu bepflanzen, ist ein Blühstreifen eine weitere gute Option, um Bienen zu unterstützen. Ein Blühstreifen ist für die Bienen sozusagen wie ein Balkonkasten, nur in größerer Dimension. Weil hier mehr Platz ist, hat man bei der Bepflanzung noch mehr Möglichkeiten. So können beispielsweise hochwachsende Pflanzen wie Nachtkerzen, Natternköpfe oder Sonnenblumen eingesetzt werden, die in einem Balkonkasten schnell umknicken würden. Außerdem kann die Bepflanzung hier auch leichter über den Winter stehen gelassen werden - für viele Insekten ist das hilfreich für die Überwinterung, egal ob als ausgewachsenes Tier oder als Larve.

Die Tränke

Sehr einfach aber nicht zu unterschätzen ist auch der Einsatz einer Tränke. Wird in diesem Jahr der Sommer erneut so heiß wie 2018, kann das eine wichtige Station für Bienen sein, an der sie auftanken und etwas trinken können. Für eine Tränke benötigt man nicht viel: Einfach einen Blumenuntersetzer oder ein anderes nicht zu tiefes Gefäß wie einen Teller mit Wasser füllen und geeignet platzieren. Wichtig ist, das Gefäß mit kleinen Moospolstern oder Steinen zu bestücken, damit die Insekten diese als Insel nutzen können und beim Trinken nicht ertrinken. Die Tränke sollte stets feucht gehalten sein, jedoch keine freie Wasserfläche aufweisen, Bienen sind nämlich leider Nichtschwimmer.

Die Trockenmauer

Eine etwas aufwendigere Methode, für die man auf jeden Fall einen Garten und etwas Platz braucht, ist eine Trockenmauer. Diese besteht aus zwei Reihen übereinander geschichteter Natursteine sowie einem Mauerkern aus einem Schotter-Sand-Gemisch oder kleinen Bruchsteinen. Um stabil zu stehen, sollte die Mauer etwa eine Höhe und Breite von etwa einem halben Meter sowie ein zehn bis 20 Zentimeter tiefes Fundament haben. Sie bietet Amphibien, Reptilien, Kleinsäugern und verschiedenen Pflanzen einen Lebensraum, aber sie ist auch für Bienen nützlich. In die Ritzen und sandig-lehmigen Bereiche der freistehenden Mauer können die Insekten nämlich ihre Nester bauen.

Neben diesen Ideen für einen naturnahen Garten, Balkon oder Fenstersims, gibt es noch andere einfache Methoden, mit denen man nicht nur Bienen unterstützt - zum Beispiel ein Totholzhaufen im Garten oder Nisthilfen für verschiedene Tiere. Vor kurzem hat der LBV die Broschüre "Natur auf dem Balkon" vorgestellt. Für alle, die noch mehr Tipps und Details erfahren wollen, lohnt sich auch ein Blick in diese Broschüre.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2019/baso
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