Restaurant Pageou:Ungeahnte Harmonien

Restaurant Pageou: Pageou heißt das neue Restaurant von Ali Güngörmüş in den Fünf Höfen. Es ist benannt nach dem türkischen Heimatort des Kochs.

Pageou heißt das neue Restaurant von Ali Güngörmüş in den Fünf Höfen. Es ist benannt nach dem türkischen Heimatort des Kochs.

(Foto: Stephan Rumpf)

Überraschende Kombinationen und Kontraste: Ali Güngörmüş zeigt in seinem neuen Lokal Pageou, wie vielfältig sich die klassische französische Küche mit Anregungen aus Ostasien, Indien, Arabien und der Türkei kombinieren lässt.

Von Felix Mostrich

Dieser Text ist leider veraltet, die Bar gibt es inzwischen nicht mehr.

Dass sich Spontanerfolge auf gastronomischem Gebiet heute oft der Mundpropaganda und den Aktivitäten im Internet verdanken, dafür ist das Restaurant mit dem rätselhaften Namen Pageou ein gutes Beispiel. Als Starkoch Karl Ederer 2001 sein mit einem Michelin-Stern ausgezeichnetes Restaurant Glockenbach im gleichnamigen Viertel schloss und im edelsten Winkel der Münchner Innenstadt, in der fassadenprunkenden Kardinal-Faulhaber-Straße direkt neben den Fünf Höfen, ein deutlich größeres Restaurant eröffnete, war dieser Wechsel durchaus noch ein gewisses Wagnis.

Als aber im vergangenen Herbst der Ederer-Schüler Ali Güngörmüş das schöne Lokal im ersten Stock übernahm, wurde der Neuanfang von so vielen Internet-Botschaften und Zeitungshinweisen begleitet, dass sich das neue Team des spontanen Andrangs zeitweilig kaum erwehren konnte. Der exotisch-melodisch klingende Name Güngörmüş hat sich den Münchnern schon eingeprägt, als der in der Türkei geborene Jungkoch noch im Szenelokal Lenbach kochte.

Ein Koch, den man aus dem Fernsehen kennt

In den Münchner Sternerestaurants Glockenbach und Tantris und in den berühmten Schweizer Stuben in Wertheim hat sich Güngörmüş dann die Kenntnisse angeeignet, die ihn befähigten, in Hamburg in einer eigens dafür gebauten modernen Architektur ein Restaurant der obersten Klasse zu eröffnen und erfolgreich zu führen. Und da er heute als Koch regelmäßig auch im Fernsehen auftritt, winken ihm in seinen Lokalen manche Gäste freudig zu, wenn er an ihrem Tisch vorbeikommt.

Doch die Popularität, von der Ali in seinen Lokalen getragen wird, hat zum Glück keinen Einfluss auf das Geschehen in der Küche. Als Koch hat Güngörmüş den französisch und mediterran grundierten Küchenstil seiner Lehrer geschickt mit Anregungen aus Ostasien, Indien und der arabischen Welt und mit Elementen aus seiner türkischen Heimat belebt und angereichert. So wurde etwa der saftig zarte Meeresbarsch, der auf der Haut wunderbar kross gebraten war, mit Fragola Sarda, also den von Hand gedrehten kleinen Pastakugeln aus Sardinien, mit Fenchel, schwarzen Oliven und einem Paprikaschaum angerichtet, der durch Sucuk, eine türkische Wurst, seine besondere Würze erhielt.

Keine Routine-Rezepte und viel Sorgfalt

Das Tagesmenü, aus dem dieses Gericht stammte (vier Gänge zu 69 Euro), wurde mit der Vorspeise "Gebeizter Skrei" höchst anregend eingeleitet: Die kräftig schmeckenden Stücke des arktischen Kabeljaus harmonierten bestens mit den beigelegten Andeutungen von Senfbrot, Gurke und Radieschen. Die darauf folgende Kichererbsensuppe kam nicht breidick daher wie in Indien, sondern leicht und intensiv aromatisch wie eine Essenz; die Späne vom rohen Frühlingslauch, die man mit dem Löffel emporhob, überraschten durch ihren Biss und ihre herzhafte Frische. Bei den "Krossen Ziegenkäsetaschen" aus dem Menü sei wenigstens der dazugehörende "Erbsenstampf" erwähnt; er zeigte, wie viel urwüchsiger Geschmack in den oft peinlich unterschätzten grünen Hülsenfrüchten steckt.

"A la carte" hat das Pageou in der Regel drei Vorspeisen (sie kosten um 23 Euro), vier Hauptgerichte (32) und drei Desserts (15) zu bieten. Bei all diesen Gerichten fällt die Sorgfalt auf, mit der die drei bis fünf begleitenden Beilagen küchentechnisch variiert, also in möglichst unterschiedlichen Konsistenzen kombiniert wurden. Als kleines Wunder könnte man die schon die Konsistenz bezeichnen, in der die hochempfindlichen Jakobsmuscheln nach behutsamem Grillen serviert werden. Die Petersilienwurzel dazu ist gewürfelt, der grüne Apfel hauchdünn gehobelt, und in den paar Tropfen Sauce tummeln sich feinscharfe Senfsaatkörner. Jede Kombination zwischen diesen Bestandteilen hat ihren Reiz.

Fleisch - ob Lamm, Kalb oder Rind - wird jeweils in zwei verschiedenen Zubereitungsarten serviert. Beim Lamm trifft ein saftiges Stück vom im Ganzen mit Knochen gegarten Rücken auf ein scharf gebratenes Stück vom Bauch; und Couscous, Berberitze und Aubergine tun das ihrige, um diese Kombination aus der Routine der Lamm-Zubereitungen herauszuheben. Beim Kalb bildet ein rosazartes Stück vom Filet den Kontrapunkt zur tief durchgeschmorten Schulter. Lediglich das Safrankartoffelpüree bleibt merkwürdig blass.

Aparte Kontraste

Zählt man die Früchte zusammen, die im Pageou zu Desserts arrangiert werden - etwa Passionsfrucht, Kakao, Dattel, Litschi, rosa Pfeffer -, erkennt man, aus welch weitem Umkreis sich der Chef des Hauses anregen lässt. Das mit arabischem Rosenwasser fein parfümierte Joghurteis bildete jedenfalls einen aparten Kontrast zu Schokolade und Himbeeren.

Auf der Weinkarte dominieren, wie schon beim Vorgänger, die europäischen Regionen. Doch die Weine von der Südhalbkugel sind hier auf dem Vormarsch. Mit Staunen stellt man fest, dass auch die Türkei inzwischen Cuvées der obersten Preiskategorie produziert.

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