Süddeutsche Zeitung

Opson:Edel sei der Grieche, lustvoll und gut

Das "Opson" im Westend ist ein Beispiel für den Wandel bei den kulinarischen Botschaftern des Mittelmeerlandes zum Edelgriechen - im allerbesten Sinn.

Von Tankred Tunke

Der Besuch "beim Griechen" galt lange als zünftige Ausschweifung, die sich aber nicht beliebig oft wiederholen ließ. Schließlich wirkten die Gerichte meist wie Variationen der immer gleichen Zutaten - hochkalorische Berge von gegrilltem Fleisch oder Fisch, Schafskäse, frittierte Kartoffeln, Yoghurt und Knoblauch neben Spuren von Tomaten und Deko-Peperoni. Zutaten, deren Aromen auf der Zunge mühelos 36 Stunden durchhielten und die das optimale Fundament bildeten für die bereits zur Vorspeise kreisende Ouzo-Flasche.

Das hat sich gründlich geändert, ja, die griechische Gastronomie in München hat eine kleine Metamorphose durchlaufen. Das Angebot ist leichter, duftiger und feiner geworden. Und immer mehr Lokale werden mit einem Attribut geadelt, das die Klientel schon vor einiger Zeit erfunden hat, sodass es auch schon wieder zum Klischee gerät: "Edelgrieche". Eine Kategorie, zu der auch das Opson im Westend zählt.

Der Name soll Programm sein, auf der Internetseite des Restaurants wird er mit "lustvolle Mahlzeit" übersetzt. Bei den alten Griechen war Opson der würzige Sidekick zum Getreidebrei und "zu viel Opson" ein Synonym für lasterhafte Tischsitten. Dazu passt, dass sich das Lokal nach eigenen Angaben dem Genuss verschrieben hat. Manchmal legt hier ein DJ auf, die Stimmung ist fröhlich bis laut und am Wochenende eine Reservierung ratsam.

Ein gutes Zeichen. Denn bis das Opson vor etwas mehr als zwei Jahren hier einzog, hatte es im Ecklokal an der Trappentreustraße einige Pächterwechsel gegeben. Nun läuft es, und dazu trägt sicher das Ambiente bei, das auf die Art professionelle mediterrane Leichtigkeit setzt, wie sie gerade vielerorts funktioniert: Es dominiert weißes und honigfarbenes Holz, die Decke ist mit Stoffbahnen abgehängt, das Licht angenehm, und die Wandverkleidung aus lackierten Holzlamellen erinnert die Gäste schon im Februar daran, den nächsten Sommerurlaub klarzumachen. Am Wochenende kann der Gästeansturm zu kleinen Service-Engpässen führen, doch das wissen die schnellen Kellner hier wettzumachen durch eine herzliche Verbindlichkeit, die nie zu kumpelig wird - ein kleines Kunststück.

Das Herz der Karte sind verschiedene Tagesgerichte, aber auch abseits davon ist das Angebot erfreulich abwechslungsreich. Wer sich nicht entscheiden kann, fährt gut mit den gemischten Vorspeisen (warm 15,50 Euro, kalt 9,50), denn die sind eine Stärke des Hauses. Da wären etwa Linsen mit karamellisierten Zwiebeln, frittierte Zucchini oder Baby-Calamari in auffällig zarter Panade, Kichererbsenpüree mit Nusskrokant und der zurückhaltenden Süße von Aprikosenmarmelade, pikant gewürzte Fleischbällchen in Tomaten-Ouzo-Soße, herrlich aromatische Puffer aus Zucchini und Tomaten mit Minzjoghurt oder die mit Kardamom fein abgeschmeckte Creme aus Feta, geräucherter Aubergine und Paprika. Dazu gibt es krosses Pita-Brot mit Knoblauch (2 Euro). All das macht Spaß, wobei handelsüblichere Vorspeisen wie Weinblatt, Taramasalata (Creme mit Kabeljaurogen), die mit Feta gefüllte Paprika oder die lasche Rote-Bete-Joghurt-Mayonnaise hier das Pech haben, mit ihrer aufregenderen Begleitung nicht mitzuhalten.

Ein kleines Gericht wird zu etwas Besonderem

Oft gelingt es der Küche, vermeintlich Einfaches durch einen kleinen Twist und handwerkliche Sorgfalt zu etwas Besonderem zu machen. Überbackener Feta (Bujurdi, 7,50) mag keine große Sache sein, doch wenn das Topping aus guten Tomaten, Oliven und Paprika mit Oregano und Chili exakt abgeschmeckt ist, kann er zum kleinen Ofenglück geraten.

Gute Produktwahl und eine akkurate Behandlung in der Pfanne machten aus schlichter Kalbsleber (Sykoti, 17,50) einen cremigen Genuss mit zarten Röstaromen. Und erfreuliche Aufmerksamkeit erhält im Opson das Gemüse - variiert mal als Püree, mal als warmer Salat mit Biss; wie das Fenchel-Sellerie-Gemüse zum perfekt gegarten Seeteufel (Peskandritsa, 18,50), das das sonst inflationär gestreute Prädikat "mediterran" verdiente.

An anderer Stelle hätten wir uns noch mehr Konsequenz gewünscht; beim Dressing zum Salat mit Hähnchenbrustfilet und getrockneten Tomaten (Salata Kotopoulo, 12 Euro) zum Beispiel oder bei der Gummihaptik des Käseduetts aus Haloumi und Graviera (Duett Tiri, 8 Euro) mit seiner unscheinbaren Feigensenfbegleitung. Oder auch beim Paradeteller Gyros (12), der mehr Knoblauch, mehr Würze, mehr Fett, kurz: mehr Rumms vertragen hätte.

Denn manchmal, so lautet ein Merksatz für alle Chichi-Griechen, ist weniger edel einfach besser. Die Entenbrust in Orangen-Jus (Papia, 16,50) mit Selleriepüree jedenfalls war ein Ausflug in die gehobene Bürgerlichkeit, den man sich gern gespart hätte: Die höchstens lauwarme Soße war ähnlich geschmacksneutral wie die erlahmten Feigen, die darin schwammen. Und die Ente leider übergar. Ein Problem, das sie mit dem Lammspieß (Arni Souvlaki, 18,50) teilte, was wir angesichts der vielen guten Fleischteller aber als Ausrutscher werten.

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SZ vom 12.04.2018/vewo
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