Restaurant Mui Ne:Füllen, rollen, tunken

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Mui Ne: Die Betreiber haben das Lokal nach ihrem südvietnamesischen Heimatort benannt. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Küche Südvietnams kann so nah sein: Im "Mui Ne" werden knusprige Vorspeisen, hauchdünne Reismehl-Kreationen oder ungewöhnliche Cocktails aufgetischt. Besonders gut schmeckt es, wenn kulinarisches Können auf die Neugier der Gäste trifft.

Von Felix Mostrich

Lange bevor das Europäische Patentamt an die Isar zog, war im Eckhaus an der Kreuzung der Cornelius- und der Erhardtstraße schon ein chinesisches Lokal untergebracht. Es war ein Überbleibsel jener Gründerzeit in den Sechzigerjahren, als die ersten China-Restaurants in der Stadt eröffnet wurden. Was immer man dort von der mehrseitigen Speisekarte bestellte, schmeckte, dank reichlich Glutamat, exakt so wie alle übrigen Speisen; nämlich verlässlich blässlich. Lediglich eine Variante mit Knoblauch brachte ein wenig Leben ins Spiel. Und da das Lokal im Sommer keine Tische auf die Gehsteige stellen durfte, schleppte sich der Betrieb über die Jahre hinweg recht zäh dahin.

Auch unter den Nachfolgern, die es mit asiatischem Fast Food versuchten, wollte sich kein Erfolg einstellen. Erst seit Vietnamesen im vergangenen Frühjahr den um die Ecke biegenden großen Raum aufwendig umgestaltet und die Küche auf südvietnamesische Spezialitäten umgestellt haben, hat das Haus wieder Beachtung verdient. Da einige der Leute, die hier arbeiten, in dem touristisch sich rasch entwickelnden südvietnamesischen Fischerdorf Mui Ne aufgewachsen sind, haben die Betreiber ihr Lokal nach ihrem Heimatort genannt.

Füllen, rollen, tunken

Zu den Spezialitäten der Region gehören hauchdünne, fast durchsichtige Reismehlpfannkuchen, die man selber füllen und mundgerecht zusammenrollen kann (sie kosten als Vorspeise etwa 8,50, als Hauptgang etwa 16 Euro). Die Crêpes sind Stück für Stück sauber auf runde Plastikgitter aufgespannt; sie werden zusammen mit einer Platte serviert, auf der frisch gegrilltes, in Scheiben geschnittenes Fleisch - Knuspriges von Ente oder Huhn oder Mürb-Aromatisches von Rind oder Schwein - darauf wartet, mit dem Strauß frischer asiatischer Kräuter, den marinierten Karotten, den Gurkenstiften und den heißen Reisnudeln zu einem schmackhaften Paket zusammengerollt, in die Teighüllen gewickelt und in eine der drei mitgelieferten Saucen getaucht zu werden.

Übrigens: Auch die mit frischen Koriander- und Minze-Blättern, Garnelen und Schweinefleisch gefüllten, biegsam-weichen vietnamesischen Frühlingsrollen werden aus Reismehlteig hergestellt; bei ihnen rundet ein Limetten-Dip den Geschmack ab.

Unter den Vorspeisen im Mui Ne werden Freunde der asiatischen Küche manches aus anderen Ländern und Lokalen Vertraute wiederfinden. Etwa die wohl aus Japan kommende Spezialität Edamame: Das sind unreif geerntete grüne Sojabohnen, die in den Schoten gekocht, mit Salz bestreut und am Tisch mit den Fingern aus den Schoten geholt werden (3,90) - ein zur Kommunikation einladender, schmackhaft-gesunder Einstieg, den man sich am besten mit den Tischgenossen teilt.

Auch die festfleischigen großen Green-Shell-Muscheln, die Garnelen im knackenden Reis-Knuspermantel oder die Wan Tan - sie sind hier mit Hackfleisch und Garnelen gefüllt (fünf Stück kosten 4,50) - hat man in ähnlich gelungener Form vielleicht schon woanders genossen. Mit den in aller Welt fast schon notorisch bekannten Saté-Spießen, die beim Grillen schnell trocken werden und auch durch die Erdnusssauce keinen Eigengeschmack bekommen, hat sich Mostrich auch im Mui Ne nicht recht anfreunden können.

Ei in salziger Karamellsauce

Wozu das Lokal kulinarisch fähig ist, wenn es von Gästen, die auf Ungewohntes neugierig sind, gefordert wird, davon gibt das Gericht eine Ahnung, das den unspektakulären Namen "Schweinehals und Hühnerei" trägt. Das kurz angekochte Ei wird sechs Stunden lang in einer salzigen Karamellsauce gegart und bekommt dadurch sowohl geschmacklich als auch farblich eine aparte Tönung.

Zusammen mit dem ebenfalls deutlich länger gekochten Schweinehals, dessen feine Fettmaserung dabei cremig zart wird, und im Verein mit der dazugehörenden, in einer Schüssel servierten, leicht säuerlichen Gemüsesuppe und dem frei einsetzbaren Reis ergibt dies ein Gericht von beträchtlicher Originalität, das hoffen lässt, dass der Koch sich irgendwann wieder zu wechselnden Tagesgerichten, die auf eine Tafel geschrieben werden, entschließen kann.

Experimente auf dem Getränke-Sektor

Auf dem Getränke-Sektor ist das Lokal mit Tegernseer Bier vom Fass eigentlich schon gut aufgestellt. Irgendwann soll Jever Pils dazukommen. Bei den Weinen allerdings ist man noch am Experimentieren.

Ein Erlebnis besonderer Art war der Cocktail "Mango Daiquiri": Er bestand einmal aus frisch gepresstem Mangomus und Rum - und schmeckte prächtig. Beim zweiten Mal prägten sich nur noch die Eiswürfel ein. Aber das war eigentlich die einzige größere Enttäuschung, die wir im Mui Ne erlebt haben.

© SZ vom 02.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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