Restaurant L'Adresse 37:Romantik à la Paris

Hirschbraten, Lachsröllchen, Käseteller: "L'Adresse 37" setzt auf französische Traditionen. Die Preise sind moderat - wenn man vom Wein absieht.

Alois Gudmund

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Restaurant L'Adresse 37: Ein Stück Heimat im Franzosenviertel: Das Restaurant L'Adresse 37 - früher hieß es "Au Comptoir de Loïc" - bietet Klassiker der Pariser Küche.

Ein Stück Heimat im Franzosenviertel: Das Restaurant L'Adresse 37 - früher hieß es "Au Comptoir de Loïc" - bietet Klassiker der Pariser Küche.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Aus purer Völkerfreundschaft ist Münchens "Franzosenviertel" nicht entstanden. Die Straßennamen zwischen Orléansstraße und Weißenburger Platz erinnern an die Schlachten, in denen einstige Erbfeinde sich blutig bekriegten, und an das Reparationsgeld, das nach dem Feldzug 1870/71 auch in München einen Immobilienboom auslöste.

Eher dem Zufall - dazu der Solvenz und dem Savoirvivre der in den Altbauten rundum ansässigen Kundschaft - ist geschuldet, dass ausgerechnet das Franzosenviertel München höchste Dichte an französischen Lokalen aufweist. Am höchsten ist sie am "Franzoseneck" an der Rablstraße - obwohl der straßennamengebende Stadtpfarrer mal nichts mit Frankreich zu tun hatte.

Seit vier Jahren steht an diesem Karree, von den Testern der Kostprobe ansonsten schon vorher oft und gerne aufgesucht, das "L'Adresse 37", ehemals "Comptoir de Loïc". Loïc, so der Vorname des Wirts, kommt aus Paris, sein Tresen auch, und ein Teil seiner Einrichtung: Ein großstädtisch-heimatliches Bistrot hat er da eingerichtet, samt wandfüllendem Weinregal und Tischen, die allerdings so hoch sind, dass das Erklimmen der zugehörigen Stühle Schwindelfreiheit und Trittsicherheit erfordert.

Dafür simulieren Fernsehflammen auf einem Flachbildschirm Gemütlichkeit, zitieren Inschriften und Fotos an der Wand allerlei Rive-Gauche-Romantik - jaja, am Montparnasse, da ist das Leben klasse. Nur die Musique aus den Lautsprechern stört allzu laut. Darf die schwarze Schiefertafel mit der Menüfolge fehlen? Mais non, natürlement nicht!

Was sie in weißer Kreide - natürlich auf Französisch - ankündigt, lässt sich als durchaus gehobene Bistroküche bezeichnen, den französischen Traditionen verpflichtet, aber aufgepeppt mit einem Schuss weltstädtischer Phantasie. Die Küche beschränkt sich weise auf jeweils vier Vorspeisen, Hauptgerichte und Desserts, aus denen der Gast für sehr fair kalkulierte 35 Euro sein Menu zusammenstellen kann.

Es sieht gut aus, was die Küche auf die Teller dekoriert. Und meist hält sie auch, was ihre Drapierungskünste versprechen. Dem Wolfsbarsch-Tartar etwa verlieh Pampelmuse eine ungewohnte Säure, die zarte Vanille aber fein einbinden konnte. Auch die mit Ziegenkäse gefüllten, lauwarmen Lachsröllchen wertete kräftiger Ingwer durchaus raffiniert auf.

Hauchdünne Pfirsichscheiben mit blumigen Lavendeleis

Geradeheraus deftig füllten dagegen Austernpilze und Ricotta ein kleines Törtchen, und ein gebratener Saint Marcellin war ohnehin immer etwas für Liebhaber wuchtiger französischer Hausmannskost. Lobenswert intensiv, ob nach Artischocken oder nach Kastanien und Haselnüssen, schmeckten die als "Cappuccino" angepriesenen, weil mit hübschen Schaumhäubchen bekrönten Süppchen.

L’Adresse 37,ehemals "Comptoir de Loïc"

Nicht nur der Name der Restaurants hat sich geändert - auch an der Inneneinrichtung wurde gearbeitet.

(Foto: privat/oh)

Dass der Koch sowohl mit Fisch wie mit Fleisch umgehen kann, zeigte er auch beim Hauptgang. Wunderbar löste sich das weiße, feste Fleisch der in Papillote-Folie gegarten Dorade von den Gräten, nicht anders war es beim Roten Schnapper, der in einer raffinierten Heidelbeer-Senf-Soße schwamm. Und unter der Kräuterkruste des Lammkarrees leuchtete rosa sehr zartes, saftiges Fleisch, zu dem die eher ungewöhnliche Mandelsoße überraschend gut passte.

Dagegen hatte die Rotweinsoße, die den mürben Hirschbraten bedeckte, allzu viel mächtige Würze mitbekommen. Und eher aus der deftigen, ja allzu deftigen Abteilung der Bistrokost kam auch die Spezialität des Hauses: Der Fondant de bœuf au comptoir ist ein Rinderbraten mit Schokoladensoße, was wagemutiger klingt, als es ist. Die schwarze Schokolade fügte der Soße vor allem kräftige Konsistenz und Farbe sowie einen gewöhnungsbedürftigen Bitterton hinzu.

Schön verspielt ging es bei den Desserts zu. Auf hauchdünnen Pfirsichscheiben, auf der Schiefertafel "Carpaccio" genannt, schmolz blumiges Lavendeleis, im Tiramisu steckten Nutella und Ingwer, eine ziemlich amüsante Mischung, und sehr verführerisch zerfloss das dunkel lockende Innere eines Schokoladenkuchenherzens. Den schön sortierten Käseteller zierte ein Stück grünen Glibbers: "Aloe vera!", wie die Bedienung stolz verkündete.Schmeckt im übrigen wie, na ja, vielleicht sollte man die Extrakte der Heilpflanze doch nur äußerlich anwenden.

Macht zusammen, wie gesagt, 35 Euro pro Person - doch Obacht! Die Getränkepreise fallen weniger moderat aus: 0,1 Liter von einem der offen angebotenen, einfachen Weine kosten 4,50 Euro. Ein etwas zu kalt servierter Meursault kam bereits auf zwölf Euro für das 0,2-Liter-Glas.

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