Süddeutsche Zeitung

Restaurant Huber:Haute Cuisine im toten Winkel

Das Restaurant liegt zwar versteckt in Bogenhausen, gehört aber zu den gehobenen Adressen der Stadt - nur schreien die Hubers das nicht so heraus wie manch andere.

Von Tankred Tunke

Man sollte unbedingt auf die leisen Restaurants achten. Und zwar desto mehr, je lauter die Branche wird, je öfter zottelbärtige Kellner dem verdutzten Gast das Tischtuch wegreißen, bevor sie den Rucola-Giersch-Salat mit Yuzu-Dressing im Einweckglas auf die Eichenplatte knallen und krähen: Schmeckt geil, das gehört jetzt so! Das Gegenteil von all dem, ein Ruhepol in der Münchner Gastronomie, ist das Restaurant Huber. Und das beginnt schon mit der Lage in einer schmalen Wohnstraße in Bogenhausen. Hierhin kommt man nicht zufällig. Haute Cuisine im toten Winkel gewissermaßen.

Was nicht heißt, dass Michael Huber neu oder unbekannt wäre. Im Gegenteil: Er hat im Bayerischen Hof gelernt und im Restaurant Dallmayr gekocht. Und seit 2008 nun gehört sein kleines, viel gelobtes Lokal zu den gehobenen Adressen der Stadt, nur schreien die Hubers das vielleicht nicht so heraus wie manch andere.

Seltsam beruhigende Atmosphäre

Die leisen Töne dominieren auch im Restaurant selbst. Die weiße Tischwäsche, die Olivenholz-Verkleidung, die roten Lederbezüge der bequemen Stühle oder das subtile Lichtkonzept - alles atmet diese zeitlose, wertige Gediegenheit, die seltsam beruhigend wirken kann. Den Service leitet Sandra Huber so aufmerksam, dass sie immer mal wieder unvermittelt neben einem auftaucht, um mit einem Edelstahlschaber schnell noch ein paar Krümel vom Tisch zu fegen, die man selbst nie bemerkt hätte. Und dass die Beflissenheit bei den Hubers hier und da ans Strebsame grenzen kann, wird an den vielen Gourmet-Führern deutlich, in denen die feine Küche des Restaurants beschrieben ist und die vielleicht eine Idee zu demonstrativ in einer Reihe auf dem Tresen ausliegen. Etwas mehr Lässigkeit wäre hier noch feiner.

Der Service selbst ist dann aber wunderbar unprätentiös und so freundlich wie kundig. Was schon für die bemerkenswerte Weinkarte von Vorteil ist, die bei den Hubers weniger in die Breite geht als in die Tiefe. In der Praxis heißt das, dass Sandra Huber zum Beispiel dazu rät, gleich drei Gänge des Viergang-Menüs (69 €, sieben Gänge zu 95 €) einfach mal nur von einem Weingut begleiten zu lassen, von Schönberger im Burgenland. Zu den Spaghetti mit Ragout bringt sie Grünen Veltliner, zum Rib Eye eine herrlich würzige Herbst-Cuvée (Blaufränkisch und Merlot) und zur Crème brûlée Trockenbeerenauslese vom Welschriesling, die Weinbegleitung (27 €) macht hier richtig Spaß.

Auf der regelmäßig wechselnden Karte stehen nur acht Positionen, je zwei Vorspeisen, Zwischen- und Hauptgerichte sowie zwei Desserts. Michael Huber - Slogan: "Perfektion in der Einfachheit" - pflegt einen weitgehend regionalen Küchenstil, der das Produkt feiert und bei den Aromen gern internationale Anleihen nimmt, vor allem aus Asien und dem Mittelmeerraum. Oft funktioniert diese Verbindung hervorragend. Wie zum Auftakt bei den Wildgarnelen auf Zuckerschoten, Chicorée und Parmesan zu Estragon-Sahne, eine wirklich spannende Mischung aus süß, bitter, salzig und kräutrig. Ein Genuss ist auch der perfekt auf der Haut gebratene Saibling auf säuerlichem Speck-Wirsing mit Haselnuss-Wein-Schaum und Gnocchi, harmonischer kann man diesen Fisch wohl kaum einbetten. Der Hummer wiederum kommt in einer würzigen Curry-Crème fraîche mit erdiger Roter Bete, sehr schön.

Manche Komponenten pflegen eher ein Nebeneinander

Mitunter aber gerät diese Art von "Produktküche" ein wenig konventionell. Die Komponenten eines Gangs pflegen dann eher ein Neben- als ein Miteinander. Wie bei der (tadellos gegarten) Wachtel, deren Nachbarschaft (Pilze, Radieschen, Lauch) durchaus zufällig wirkt. Oder beim Bärlauchrisotto, das sechs Morcheln etwas ratlos umstehen, während obendrauf eine süße Jakobsmuschel alles dominiert.

Für Süße hat dieser Koch ein erkennbares Faible. Manchmal wirkt das so aufregend wie beim erstklassigen Raviolo mit Ochsenschwanz, Entenleber und Majoran. Oder wie bei der kraftvollen Soße auf Basis von fermentiertem Soja, Zucker, Szechuanpfeffer und Galgant, die dem Schollenfilet darunter allerdings fast die Luft abgedrückt hätte. Manchmal führt die Vorliebe des Kochs aber beim Gast auch zur Ermüdung, wenn zum Beispiel auf ein süßes Spaghetti-Ragout vom sizilianischen Landschwein und Sojabohnen eine nicht minder süße Soße zu Rib Eye und Ochsenbackerl folgt.

Das Beste kommt zum Schluss

Die Nachspeisen bei Hubers - der Küchenchef hat einmal bei der Konditorei Kreutzkamm gearbeitet - sollte man nicht auslassen. Das oft zu brave Schokotörtchen mit flüssigem Kern kommt hier mit Himbeersorbet und herrlich zickigem Rhabarber in Gin, das Kokos-Parfait mit Ananas und Maracuja ist von beglückender Frische und das aromatische Walnuss-Soufflé (mit Birne, schwarzer Walnuss und Eis) darf Huber sich patentieren lassen.

Wenn nach diesem schönen Abschluss noch ein Wunsch offen ist, dann vielleicht der, dass Michael Huber noch größeren Mut zum kleinen Aufreger haben möge; zu dem einen lauten Ton im Menü, der dazu führt, dass sein so wunderbar leises Restaurant noch besser in Erinnerung bleibt.

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SZ vom 10.03.2016/vewo
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