Süddeutsche Zeitung

Restaurant "Garpunkt":Punktlandung in der Au

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Anmerkung der Redaktion: Diese Kritik ist veraltet. Das Restaurant Garpunkt am Regerplatz gibt es nicht mehr.

Die Definition eines Garpunktes liest sich allzu leicht: In der lebensmittelverarbeitenden Branche, heißt es, wird so der Zeitpunkt der optimalen Garstufe bezeichnet. Bei zwei jungen Mitarbeitern der lebensmittelverarbeitenden Branche, die zurzeit in der Au ihr neues Restaurant "Garpunkt" bei Münchner Feinschmeckern etablieren, darf man feststellen, dass sie sich nicht damit zufrieden geben, ihre Rohware lediglich in einem guten Garzustand zu servieren.

Nein, sie versetzen Fleisch, Fisch & Co. in Zustände, die man durchaus ambitioniert nennen könnte - und gar sind diese dabei oft ganz und gar nicht.

Kulinarische Köstlichkeiten, inspiriert von der deutschen, französischen, italienischen und asiatischen Küche" verspricht der Koch Stefan Lechner in seinem Restaurant am Regerplatz, in dem früher das französische Lokal Les Vapeurs beheimatet war. Vor einem guten halben Jahr hat er sich hier mit Geschäftspartner Nico Romano selbständig gemacht, beide hatten zuvor im Feinschmeckerladen Gandl ein paar Jahre lang die Münchner Geschmacksnerven getestet.

Die Zuständigkeiten sind klar getrennt: Lechner kümmert sich um die Küche, Romano um den Wein - dies mit Hingabe, großer Sachkenntnis und einer Stimmlage, die man als samtig-rund im Abgang benoten kann. Wer in der Stadt überraschende, ungewöhnliche Weinempfehlungen bekommen möchte, sollte sich hier mal zuprosten. Etwa 120 Positionen hat der Sommelier gelagert - und im Kopf gespeichert.

Als Aperitif die Empfehlung eines Vernaccia di Oristano aus Sardinien im bauchigen Glas, wie Sherry, aber doch irgendwie anders (sechs Euro). Serviert zu selbstgebackenem Olivenbrot, dazu Fleur de Sel und ein ganz wunderbares Olivenöl vom Lago di Bolsena. Während des Grußes aus der Küche, einem zarten Satéspieß von der Entenbrust, hat man Muße, sich im kleinen Restaurant umzusehen.

Statt einer Speisekarte gibt es eine große Tafel an der Wand mit wechselnden, vier bis fünf Vorspeisen (zwischen 9 und 13 Euro), vier Hauptgerichten (20 bis 24 Euro) sowie drei Desserts (6 bis 10 Euro). Perfekt durchdacht, auch preislich, ist das Fünf-Gänge-Menü für 79 Euro inklusive fein abgestimmter Weinbegleitung. Die Kombination ändert sich allabendlich.

Ein Klassiker im "Garpunkt" ist die Gänseleber, sie steht immer auf der Tafel. Was man allzu gut verstehen kann, wenn man die fein gebratenen, rosa Medaillons mit Mango-Chutney genießt. Oben kräuselten sich die Rotwein-Zwiebeln, und die Leber, tatsächlich auf dem Punkt, zerschmolz (13 Euro). Ein Malvasia seco El Grifo mundete zu gebratenen Garnelen mit orientalischem Bulgur, schön scharf um die Schalentiere drapiert (12).

Zu bemäkeln hatte Rosa Marín jedoch eine andere Vorspeise: Calamaretti, Fenchel und Gemüsevinaigrette (9). Das Meeresgetier war in eine Gummikonsistenz gequält worden, dem Fenchel im Sauerkrautlook hatte der Koch einen heftigen Nachgeschmack verpasst.

Vergessen ließ diesen kleinen Garpunkt-Gau doch gleich der Thunfisch mit Gemüsecurry und Wildreis (22). Zwar schmeckte die Curry-Mischung schwer durch, schaffte es aber nicht, den superfrischen Tuna zu überlagern. Der Fisch hatte Sushimiqualität, innen rosa-roh, außen kross-krustig, ganz wie man ihn sich erträumt. Gefrorene Cassis-Granita, eine Köstlichkeit, die sich die experimentierfreudigen Chefs erdacht haben, verschaffte zwischen zwei Gängen Platz für mehr.

Etwa für das Rinderfilet samt Risotto mit Pfifferlingen und Blattspinat (24). Der Servicemann in Person des Sommeliers hatte bei der Bestellung zwar nicht nach Vorlieben beim Braten gefragt, welche Garstufe des Fleisches man also wünsche - aber das machte dann nichts. Das Filet war zart und genau so, wie man es wollte; vielleicht kann Nico Romano ja Gedanken lesen. Der Rotwein aus der Maremma dazu, 36 Monate im Fass gelagert, mundete köstlich.

Angenehme Hintergrundmusik lässt die Gespräche an den Tischen im "Garpunkt" perlen. Etwas dunkel wirkt die indirekte Beleuchtung, die hinter den Stoffbänken angebracht ist. Vielleicht wollen die Restaurantchefs damit ja die gemalte Kunst an den Wänden - Schinken, wie man sie an der Leopoldstraße ergattern kann - verdecken. Mit ihrer Kochkunst müssen sie sich jedenfalls nicht verstecken, und auch die Teller sind allerschönst angerichtet. Das beginnt beim Satéspieß und endet beim Dessert, etwa einer sehr gelungenen Lavendel-Crème brûlée (13).

Restaurant Garpunkt, Regerplatz 3, Tel.: 089/44449940

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