Süddeutsche Zeitung

Restaurant "Da Melli":Auf dem besten Weg zum Nachbarschaftsitaliener

Lesezeit: 3 min

Aus dem Italfisch im Schlachthofviertel ist das Da Melli geworden. In der gemütlichen Trattoria stimmen Qualität, Service und Preise. Dass es hier keine Pizza gibt, stört nicht - im Gegenteil.

Von Moritz Mayer-Rahn

Dieser Text ist leider veraltet, das Restaurant gibt es inzwischen nicht mehr.

Wer als neuer Wirt ein Lokal übernimmt, das vom Vorgänger heruntergewirtschaftet worden ist, steht vor einem ähnlichen Problem wie einer, der einem gut eingeführten Laden einen neuen Namen und ein neues Konzept verpasst. Er muss mühsam eine neue Stammkundschaft aufbauen. Im einen Fall, weil gar keine Stammkunden mehr vorhanden waren, im anderen, weil die neue Linie den Erwartungen der bisherigen Gäste nicht mehr entspricht.

Insofern steht Melanie Antichi mit ihrem Da Melli vor keiner einfachen Aufgabe. Sie hat im vergangenen September nicht nur das Italfisch ihres Vaters übernommen, ein gut eingeführtes, bekanntes Fischlokal mit einer für Fischlokale üblichen Preisskala. Sondern sie hat daraus eine ganz normale italienische Trattoria gemacht, die mit angemessenen Preisen ein Nachbarschaftsitaliener werden möchte.

Nun gibt es in München alles Mögliche an Italienern: Edelitaliener, überteuerte Italiener, die gerne Edelitaliener wären, mittelmäßige Italiener, einfache Italiener, familiäre Italiener, Italiener mit Kellnern, die sich für den geborenen Latin Lover halten, Italiener mit Wirten, die echte Gastfreundschaft ausstrahlen. Vor allem aber gibt es: sehr viele Italiener. Und jetzt noch einen weiteren Nachbarschaftsitaliener? Mitten im Schlachthofviertel? Kann das gut gehen? Ja, bei Da Melli könnte es gut gehen.

Ein angenehmes Ambiente

Das fängt schon beim Ambiente an. Das Da Melli nimmt weder Anleihen bei der Fischernetz-und Korbflaschen-Romantik vergangener Zeiten, noch hat hier ein Lokalausstatter ein zeitgeistiges, austauschbares 08/15-Interieur hingeknallt. Der Hauptraum des dreigeteilten Lokals ist in warmem Ziegelrot gestrichen, in der Mitte bollert ein gusseiserner Ofen. Die blanken Holztische sind eng, aber nicht so eng gestellt, dass man von jedem Tischgespräch der Nachbarn zwangsbeglückt wird. Man nimmt Platz und wartet mit einem behaglichen Gefühl auf das, was passieren wird. Und lange muss man nicht warten, denn der Service ist aufmerksam und freundlich und außerdem, wovon noch die Rede sein wird, ausgesprochen kompetent.

Wie in vielen Lokalen kann man auch bei Da Melli entweder aus einer Standardkarte wählen, oder man sucht sich von einer großen Tafel an der Wand eines der Tagesgerichte heraus. Was bei Da Melli fehlt (und das spricht ausdrücklich für das Lokal): Es gibt keine Pizza. Das soll nichts gegen Pizza sein, die kann, richtig zubereitet, ganz köstlich sein. Aber in vielen einfacheren Italienern erspart eine umfangreiche Pizzakarte der Küche oft allzu große Kreativität für den Rest der Karte. Notfalls bestellt man halt eine Pizza, wenn einem nichts anderes so recht zusagt.

Die Tageskarte überzeugt

Im Da Melli gibt es dagegen etwas, was nur wenige Konkurrenten als Vorspeise anbieten: unterschiedliche, ganz köstliche Piadinas (sechs bis sieben Euro). Die würden, weil man gleich zwei auf den Teller bekommt, für einen kleinen Hunger sogar reichen. Von der Kichererbsensuppe (4,60) waren wir hingegen ein wenig enttäuscht. Dass hier die Grundlage wirklich Kichererbsen sind, ließ sich kaum herausschmecken.

Bei den Hauptgerichten konnten vor allem die Gerichte von der Tageskarte überzeugen. Die Spaghetti Vongole (12,90) hatten genau jene angenehme Schärfe, die gerne als "pikant" bezeichnet wird. Die Tagliata vom Rind (19,60) war wunderbar zart, was von Sorgfalt sowohl bei der Zubereitung als auch beim Fleischeinkauf zeugt. Und der Wolfsbarsch vom Grill (18,60) kann auch all jenen bedenkenlos empfohlen werden, die vor dem Zerteilen eines ganzen Fisches zurückscheuen. Chefin Melanie Antichi hat das am Tisch fachgerecht erledigt. Auch die Grillmischung aus Salsiccia und Schaffleischspießen aus den Abruzzen (14,60) wird man bei kaum einem Um-die-Ecke-Italiener finden. Dass man bei Da Melli dazu auch Pommes bekommen kann, ist im Übrigen kein Stilbruch. Auch in Italien sind "patate fritte" eine gängige Beilage zu Fleischgerichten.

Sonderlob für das Thema Wein

Eher enttäuschend war hingegen die Lasagne von der Standardkarte. Aber das kann auch mit den eigenen Erfahrungen zusammenhängen. Wer in Italien schon oft Lasagne so gegessen hat, wie sie gehört, nämlich von einem großen Blech als Quader heruntergeschnitten, bei dem man die einzelnen Schichten so klar erkennen kann wie bei einem Stück Torte, wird sich mit den in Béchamelsoße ertränkten Haufen nur schwer anfreunden können, die italienische Lokale in Deutschland ihren Gästen gerne servieren.

Ein Sonderlob verdient das Thema Wein. Er wird im Da Melli in einer großen Auswahl auch glasweise ausgeschenkt, und zwar aus den 0,75-Liter-Flaschen des regulären Weinangebotes und nicht aus irgendwelchen Großmarktgebinden unter dem Tresen. Außerdem ist die Beratung sehr fachkundig, der Kellner, der am Abend für den Service zuständig ist, kennt sich aus und gibt präzise Empfehlungen, welcher Wein zu welchem Gericht oder dem persönlichen Geschmack der Gäste am besten passt. Das erlebt man nicht oft.

Noch ist es bei Da Melli verhältnismäßig einfach, einen Platz zu kriegen, der Weg zum beliebten Nachbarschaftsitaliener ist eben nicht über Nacht zu schaffen. Aber wenn Küche und Service ihre Qualität beibehalten, wird das schon bald anders sein.

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Quelle:
SZ vom 11.02.2016
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