Süddeutsche Zeitung

Restaurant Champor:Essen aus Malaysia: Konkurrenzlos und einzigartig scharf

Die Speisekarte des Champor verströmt viel Persönlichkeit der Gastgeberin - und warnt: die Schärfeangaben sind durchaus ernst gemeint.

Von Kurt Kuma

Die Frage brachte auch die Kollegen in der Schlussredaktion der Süddeutschen Zeitung ins Grübeln. Heißt es nun malaysisch? Oder malaiisch? Der Duden kennt beides. Wikipedia ebenso. Also was jetzt? Das eine (mit dem Ypsilon) ist eher geografisch gemeint, das andere irgendwie kulturell und generell, ließen die Kollegen wissen. Und wenn's um Essen geht?

Ach, was soll's, wir folgen einfach der zuverlässigsten Quelle: der Speisekarte des Restaurants Champor, das in München eine Art Monopol in Sachen Essen aus Malaysia innehat. Thailand, Vietnam und China, das sind Länder, die im Großraum der Landeshauptstadt öfter (und mit tendenziell zunehmender Qualität) kulinarisch aktiv sind. Aber Malaysia? Da kommt man mit allen Suchmethoden der Digitalmoderne nur auf das seit 2005 im Münchner Vorstadt-Osten angesiedelte Restaurant Champor.

Vor gut zehn Jahren bereits einmal von Autoren dieser Kolumne besprochen, hat sich das Champor längst als feste Größe im Münchner Asien-Kulinarium etabliert. Vor ein paar Jahren konnte die Geschäftsleitung ein paar Neuigkeiten verkünden: Im Champor wird wieder mittags gekocht. Und eine Dependance namens Sutra hat im Arabellapark ihren Betrieb aufgenommen. Zeit also, sich der malaiischen Geschmacksoase wieder einmal zu nähern.

Das Stammhaus Champor, untergebracht in einem Betonzweckbau an der Denninger Straße, wirkt dort wie eine gemütliche Oase. Viel Farbe, Holz, angenehme Tischabstände laden schnell zur Entspannung ein. Die Speisekarte verströmt viel Persönlichkeit der Gastgeberin und warnt vor ernst gemeinten Schärfeangaben.

Wir begannen daher die Neuvisite mit zwei Vorspeisen, eine nicht scharf, die andere oben auf der vierstufigen Champor-Skala (je 14,90 Euro). Die scharfe Version hinterließ bei uns deutlich mehr Eindruck dank einer furiosen und gleichzeitig balancierten Kombination von Schärfe, Süße, Zitrone und der Salzigkeit von Fischsauce. Zumal die andere Version, eine sanftere, durchaus ebenso gelungene Kombination von Tintenfisch, Wasserspinat und dunkler Sauce, in Sachen Preis und Menge nicht mehr als balanciert durchging. Kurz gesagt: Die Portion war leider mickrig.

Spannende Versionen der Klassiker

Auch den Hauptspeisen näherten wir uns sicherheitshalber von der nicht (oder wenig) scharfen Seite. "Beef Madu" erwies sich als tiefgründiges, vielschichtiges dunkles Curry mit hochwertigem Rind und grünem Gemüse (26 Euro). Ente mit Orange empfanden wir, wenngleich nicht so exotisch wie das Curry, als spannende Weiterentwicklung des französischen Klassikers, sozusagen eine Canard a l'orange plus X (22). Und keine Rede mehr von kleinen Portionen: Zwei kross gebratene Entenschenkel thronten auf einer reizvollen, leicht mit Sambal, Chili und Ingwer veredelten Orangensauce sowie Pak Choi und Spargel.

Um die Brücken nach Europa wieder abzubrechen, versuchten wir einen fernöstlichen Klassiker: gebratenen Reis, der im Champor mit Shrimp-Paste zubereitet wird, eine Zutat, die Hobbyköchen nicht zu empfehlen ist, denn das Anbraten derselben hat eine einzigartige Geruchswirkung. Im fried rice fachmännisch untergebracht, unterscheidet genau diese Zutat den Asien-Profi vom dilettierenden Pfannenwender. Schon deshalb sei das Gericht im Champor empfohlen (21).

Ermutigt von diesen Erfahrungen wagten wir uns schließlich an "Beef Kerisik Daun Kadok", ein eher zitronig-frisches Curry, laut Karte jedoch mit höchstem Schärfegrad (26). Und hier kann kein Urteil objektiv sein. Wir empfanden die Schärfe als noch erträglich und das Gericht insgesamt als hochspannende fernöstliche Version eines edlen, facettenreichen Rindergulaschs. Am Nachbartisch wurden jedoch nach wenigen Bissen die Waffen gestreckt. Man nähere sich den Chiligraden des Champor daher mit Wagemut, aber auch Bedacht.

Nicht ganz passend zum generell stattlichen Preisniveau empfanden wir Kleinigkeiten wie die zur Dekoration beigelegten Tomaten und Gurkenscheibe, die eher einem Wienerwald-Kartoffelsalat anstünden. Auch die Beschallung erreichte zeitweise unangemessene Penetranz. Ausgerechnet als die Hauptgerichte einmal arg lang auf sich warten ließen, lief eine schlechte Coverversion der Italien-Schnulze "Di mi quando, quando quando . . ." Dafür ein großes Plus: Im Champor bekommt man, ganz unmünchnerisch, Leitungswasser serviert und ist nicht auf die andernorts unausweichlichen Wuchersprudelflaschen angewiesen.

Die Dependence ist vor allem für den schnellen Lunch

Beeindruckt von unseren Entdeckungsreisen im malaiischen Speisenuniversum, machten wir schließlich auch einen Abstecher ins Sutra, die neue Dependance zwischen Arabellaplatz und Burda-Verlag. Das Konzept ist ein anderes als im Stammhaus: Hier heißt es weder malaiisch noch malaysisch. Gekocht wird nur asiatisch. Doch birgt die auf schnellen Mittagstisch getrimmte Speisekarte Anregendes.

Besonders empfohlen sei das "Basil Beef", ein kurz gebratenes Curry mit knackigem Gemüse und Rinderstreifen, das eine anhaltend-sanfte Würze im Gaumen verströmt (12,90). Deftiger und pfeffrig, aber ebenso von hoher Qualität war das "Black Pepper Beef" (12,90). Enttäuschend hingegen fanden wir den als Vorspeise angepriesenen Glasnudelsalat: die kleine Portion wirkte wie ein eilig zusammengerührtes und lieblos geschärftes Häuflein Teigwaren (6,90).

Insgesamt muss sich das Champor-Imperium zweifellos mit der allgemein qualitativ zunehmenden Asien-Konkurrenz in der Stadt messen. Gleichzeitig verspricht das Adjektiv "malaiisch" weiterhin eine gewisse Einzigartigkeit. Noch kann sich die Wirtsfamilie darauf verlassen: Ein Double des Champor gibt es tatsächlich nicht in München.

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SZ vom 25.08.2016/vewo
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