So richtig warm ist er mit den Münchnern nie geworden, und sie auch nicht mit ihm: Kurfürst Karl Theodor. Auch wenn’s heute kaum vorstellbar ist, der Wittelsbacher Nebenlinienspross soll kreuzunglücklich gewesen sein, als er sein geliebtes Mannheim 1778 verlassen und seine Residenz rasch aus der Pfalz nach München verlegen musste. Kurfürst Max III. hatten die Pocken dahingerafft, und der Habsburger-Kaiser Joseph II. spechtete auf die Erbfolge.
Wir überspringen den Bayerischen Erbfolgekrieg und ein paar hundert Jahre, um in der Residenzwoche 2024 der Bayerischen Schlösserverwaltung anzukommen, die heuer (11. bis 20. Oktober) ganz im Zeichen von Karl Theodors 300. Geburtstag und unter dem Motto „Neue Horizonte“ steht. Was ziemlich gut passt, gilt der Kurfürst, dem das Militärische eher fremd war, doch als Mann der Musen, der Wissenschaft, als Mäzen und Reformer. Er hatte mit Voltaire Kontakt, war aufgeschlossen für Meteorologie und Astronomie – und hat den Münchnern den Englischen Garten geschenkt.
Die Residenzwoche eröffnet am 11. Oktober (20 Uhr Kaisersaal der Residenz) mit Repräsentationsmusik par excellence: Heinrich Ignaz Franz Bibers (1644–1704) „Missa Alleluja“, riesengroß, fast schon protzig besetzt mit 36 Stimmen, unter anderem den Augsburger Domsingknaben sowie La florida Capella unter Domkapellmeister Stefan Steinemann.
Es geht aber auch ein paar Nummern kleiner: Aus den Notenschränken Karl Theodors stammen die Kompositionen, die bei diversen Wandelkonzerten, beispielsweise am Samstag, 12. Oktober (11. bis 15 Uhr), im Aquarium, im Schwarzen- und im Kaisersaal zu hören sein werden. Große Oper im Miniaturformat und in aller Kürze gibt es mit der „Kleinsten Bühne der Welt“ (Eigenauskunft) und ihrem „IdoMINIo“ ebenfalls an diversen Residenztagen, immer nachmittags. Denn auch Mozart hatte der Kurfürst kennengelernt und dessen einziges Flötenkonzert und auch den „Idomeneo“ in Auftrag gegeben.
Die musikalische Vielfalt im Programm der Residenzwoche ist beeindruckend: Da führt unter anderem das Ensemble Per-Sonat in die Welt der mittelalterlichen Zisterzienserinnen und ihrer Gesänge (15.10., 19 Uhr, Alte Hofkirche), Lautenistin Evangelina Mascardi spielt Werke von Johann Sebastian Bach und Sylvius Leopold Weiss (17.10., 20 Uhr, Schwarzer Saal) oder Gerd Guglhör dirigieren im Neuen Schloss Schleißheim ein Bach-Konzert mit dem Orpheus Chor München, dem Barockorchester La Banda und Solisten (20.10., 17 Uhr).
Im Kleinen wie im Großen, bei den kleinen wie den großen Besuchern will die Residenzwoche den Horizont erweitern helfen, ob mit Themenführungen oder an den vielen Mitmachstationen in der Residenz, in Schloss Nymphenburg und im Neuen Schloss Schleißheim. Da geht es beispielsweise um Karl Theodors Wohltaten (kulinarischer Rundgang mit der nahrhaften Rumfordsuppe und Weinverkostung, 12. 10. 14 Uhr, Residenzmuseum), um Architektur, Geschichte, aber auch die französischen Luxusmöbel und den Schmuck, den der Kurfürst aus der Pfalz mitgebracht hat. Und die Kinder können beim offenen Familienangebot aus Papier barocke Perücken basteln. Solche, wie sie auch Karl Theodor trug.
Residenzwoche, 11. bis 20. Oktober, Residenz München, Schloss Nymphenburg und Schloss Schleißheim, Infos unter www.residenzwoche.de