Das „Stück zur Stunde“ – das kann in unserer sich rasant entwickelten Gegenwart momentan vieles sein. Geht es um die Einwanderungspolitik der Vereinigten Staaten unter Donald Trump, um verschärfte Gesetze, geschürte soziale Spannungen, dann trifft diese Bezeichnung auf „Das gelobte Land“ von Asiimwe Deborah Kawe in jedem Fall zu. Was bedeutet es, nicht gewollt in einem Land zu sein, in dem man sich ein Leben aufgebaut hat? Die Autorin aus Uganda hat aus dieser Frage eine sehr menschliche Geschichte mit all ihren Widersprüchen gemacht. Beim Festival „Welt/Bühne“ des Residenztheaters für internationale Gegenwartsdramatik wird der Text nun am 1. Juni uraufgeführt.
In Kawes Stück, das zur ersten Amtszeit Trumps spielt, geht es um Achen. Vor 15 Jahren kam sie aus Uganda in die Vereinigten Staaten wegen eines Uniseminars und trat die Heimreise nach der Ausbildungseinheit einfach nicht mehr an. Als Krankenpflegerin machte sie sich in dem Land und dem System nützlich, für dass sie eine Illegale ist. Doch mit Trumps Null-Toleranz-Politik wird es für Achen schlagartig kritisch.

Was das International Dance Festival zu bieten hat:Münchens Tanzbiennale feiert die Diversität
In Zeiten von Queerfeindlichkeit und Rassismus setzt Münchens Tanzfest auf Offenheit und Widerstand. Zeitgenössische Choreografien aus aller Welt erobern die Theater und Museen der Stadt und schließen sich kurz mit den lokalen Subkulturen. Denn die elf Dance-Tage vom 22. Mai bis 1. Juni sollen zum großen Gemeinschaftserlebnis werden.
Wie kommt nun ein Stück einer Autorin aus Uganda über illegale Einwanderung in den USA auf eine Bühne in Deutschland? Die Antwort ist: durch ein Netzwerk. Die Chefdramaturgin des Residenztheaters Almut Wagner – zugleich auch stellvertretende Intendantin – arbeitet schon seit längerer Zeit an dem Residenzprogramm „Welt/Bühne“, das sich über die Jahre zu einer Austauschplattform und zu einem Festival ausgewachsen hat.
Internationale Autorinnen und Autoren lädt das Haus dabei zu mehrmonatigen Residenzen ein. Sie haben Zeit, sich auf das Schreiben zu konzentrieren, neue Projekte anzugehen. Das Dramaturgieteam des Staatsschauspiels fungiert in dieser Zeit als Ansprechpartner, es gibt regen Austausch, auch öffentliche Lesungen. Nach der Residenz bricht der Kontakt aber nicht ab, sondern das Theater vernetzt die Autorinnen und Autoren miteinander und mit sich. Mittlerweile sind es 16 in dieser Runde – ein Pool von Talentierten mit Stimmen aus der ganzen Welt.
Genau das ist bei dem Festival „Welt/Bühne“ mit seinem feinen, familiären Charme zu spüren, das dieses Jahr vom 1. bis 7. Juni im Marstall zu erleben ist. Hier ist es sehr einfach, mit den internationalen Künstlern ins Gespräch zu kommen, sich über Themen und andere Perspektiven auszutauschen und Produktionen kennenzulernen, die sonst nicht ohne Weiteres in München einen Stopp einlegen würden. Wer bei den vergangenen Ausgaben dabei war, weiß, dass auch Kawes „Das gelobte Land“ in szenischen Lesungen schon zu hören war und den Wunsch weckte, es inszeniert zu sehen. Dies übernimmt nun bei der Uraufführung der junge, ungarische Regisseur Jakab Tarnóczi.

Drei Gastspiele stehen diesmal im Programm von „Welt/Bühne“. Fast die komplette Woche ist in 70-Minuten-Slots „Temping“ des US-amerikanischen Kollektivs „Wolf 359“ zu sehen. Autor ist Michael Yates Crowley, der demnächst zum Schreibaufenthalt in München sein wird. Das Besondere an „Temping“ ist, dass das Stück jeweils nur von einer Person besucht wird. Sie lässt sich allein am Schreibtisch einer Versicherungsmathematikerin als Aushilfskraft nieder und taucht in Zahlen und Hochrechnungen zum Wert des Lebens ein. „Temping“ tourt schon seit zehn Jahren international, wurde mehrfach ausgezeichnet, etwa beim Fringe Festival in Edinburg. Im deutschsprachigen Raum hat es in München Premiere (2. bis 7. Juni).
Aus Chile kommt Carla Zúñiga Morales’ „In der Dunkelheit der Nacht“ in den Marstall. Darin geht es auf Basis von wahren Geschichten um Frauen, die Opfer von Gewalt wurden. Ganz nach dem Prinzip, nicht die Täter populär zu machen, widmet sich Morales bewusst der Persönlichkeit und den Perspektiven der Frauen (3. und 4. Juni). Von Flucht erzählt die iranische Autorin Naghmeh Samini in „Das Kind“. Drei Frauen kommen an die westeuropäische Grenze, mit dabei ein Baby. Ihre Einreise wird abgelehnt, wobei sich keine von den Dreien zur Mutter erklärt, um wenigstens dem Neugeborenen eine sichere Zukunft zu gewähren (6. und 7. Juni).

Natürlich gehören auch Künstlergespräche, Partys, szenische Lesungen und die hauseigene Produktion „77 Versuche, die Welt zu verstehen“ des Welt/Bühne-Autors Kyung-Sung Lee zur Ausgabe 2025. Dazu kommt eine Gemeinschaftsarbeit von elf der 16 Welt/Bühne-Autoren. „Borders Between Us“ heißt diese, fragt nach Verbindendem und Trennendem und verknüpft dies mit Orten in München. Elias Emmert richtet die Texte als etwa zweistündigen Audiowalk ein (5. Juni).
Eingebunden ins Festival ist auch Residenztheater-Schauspieler Delschad Numan Khorschid, der nicht nur auf der Bühne agiert, sondern auch fotografiert und schreibt. Zuletzt erschien „Nirgendwo ist mein Zuhause“ (Schillo Verlag). Khorschid blickt darin auf seine Herkunft als kurdischstämmiger Iraker zurück, auf seine politische Verfolgung und Flucht. Wer jemals die Wärme, das Lebensbejahende und Optimistische von Delschad Numan Khorschid erlebt hat, wird sich seine Lesung und das Gespräch mit ihm unter dem Titel „Im Grenzland“ nicht entgehen lassen wollen (1. Juni) – und vermutlich nicht nur diese Produktion bei dem so perspektivreichen Programm des Welt/Bühne-Festivals 2025.
Welt/Bühne – Das Festival für internationale Gegenwartsdramatik, Sonntag, 1. Juni, bis Samstag, 7. Juni, www.residenztheater.de