Reiter auf Partnersuche:Keine Lust auf Koalition

Die Stichwahl hat er für sich entschieden, die Mehrheit im Rathaus fehlt ihm: Dieter Reiter will jetzt auf die kleinen Parteien im Münchner Stadtrat zugehen. Doch die reagieren zurückhaltend.

Von Melanie Staudinger

Wenn sich der neue Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) eine Mehrheit im Stadtrat sichern will, braucht er neben den Grünen und der Rosa Liste noch mindestens zweit weitere Stadträte. Doch die Suche könnte sich schwierig gestalten: Bisher zumindest meldet keiner laut Interesse an - die kleinen Parteien und Gruppierungen reagieren abwarten bis ablehnend.

FDP: Bei Fraktionschef Michael Mattar müssen SPD und Grüne nicht anrufen. Denn eine Koalition werden er und seine zwei FDP-Kollegen im künftigen Stadtrat nicht eingehen. "Das rot-grüne Bündnis hat vom Wähler keine Mehrheit bekommen", sagt er. Der neue OB Reiter sollte daher überlegen, ob es nicht an der Zeit sei für offene Bündnisse statt einer "festgezurrten rot-grünen Ergänzungsmehrheit". Eine themenbezogene Zusammenarbeit könne sich der liberale Politiker hingegen vorstellen. "Die gab es aber auch vorher schon", sagt Mattar.

Michael Mattar bei Kommunalwahl in München, 2014

Michael Mattar von der FDP hat keine Lust auf einen Anruf von Rot-Grün.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

ÖDP: Die ÖDP hat konkrete Vorstellungen, wie eine Koalition verhandelt werden sollte. "Bevor wir über inhaltliche Forderungen sprechen, müssen wir uns darüber verständigen, wie die Zusammenarbeit aussehen soll", sagt ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff. Seine Partei hat zwei Sitze und will nicht in einem bunten Bündnis untergehen, sondern sich als eigenständige Kraft profilieren. "Bisher geht das noch nicht in diese Richtung", erklärt Ruff. Gespräche gab es schon, zumindest berichtet Ruff, dass er sich vor der Stichwahl mit Sabine Nallinger und Reiter kurz getroffen habe.

Freie Wähler winken ab

Linke: Die Linken-Stadträtin Brigitte Wolf ist realistisch: "Wenn es bei uns um dauerhafte Kooperationspartner geht, fallen viele Parteien und Gruppierungen aus." CSU und FDP zum Beispiel. Mit ihnen werde es keine Zusammenarbeit geben, die über einzelne Projekte hinausgehe. Wie es aber um eine Koalition mit SPD, Grünen und Rosa Liste bestellt ist, dazu wolle sie sich noch nicht äußern. "Wir sind parteiintern gerade in der Klärungsphase, ob und welche Forderungen wir in Koalitionsverhandlungen stellen können und ob wir diese überhaupt aufnehmen", sagt sie. Das dauert mindestens bis Donnerstag.

Brigitte Wolf, 2014

Brigitte Wolf, von der Partei "Die Linke", klärt, ob überhaupt Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden.

(Foto: Robert Haas)

Freie Wähler: Wenn Johann Altmann, einer von zwei Stadträten der Freien Wähler, nach einer Koalition mit Rot-Grün gefragt wird, winkt er ab. "Die brauchen nur einen Mehrheitsbeschaffer. Da kann man als Kleiner nicht gewinnen", sagt er. Als Beispiel führt er die FDP im Landtag an, die nach ihrer Liebelei mit der CSU bei der jüngsten Wahl ins Bodenlose abgestürzt sei. Er jedenfalls könne sich nicht vorstellen, dass ihn von Reiter ein Angebot erreichen würde, das er guten Gewissens annehmen könnte. "Alle anderen Kleinen sollten sich das auch gut überlegen", sagt Altmann.

Johann Altmann Freie Wähler

Johann Altmann kam 2006 zu den Freien Wählern. Seit 2008 sitzt er für sie im Stadtrat und ist Fraktionsvorsitzender der Bürgerlichen Mitte.

(Foto: privat)

Rosa Liste: Stadtrat Thomas Niederbühl kündigte vor der Stichwahl an, das "erfolgreiche rot-grün-rosa Bündnis für München, auch mit neuen Partnern" fortzusetzen. Doch er ist nicht mit jedem Bündnispartner einverstanden. "Mit der ÖDP hätte ich schon Probleme", sagt er. Vor allem das sehr konservative Familienbild, dass die Partei vertrete, missfällt dem Stadtrat, der sich für die schwul-lesbische Gleichstellungspolitik einsetzt. Bei der Linken hingegen sieht er keine Schwierigkeiten, ebenso wenig wie bei den Piraten. "Da haben wir viele gemeinsame Themen, den Kampf gegen Diskriminierung etwa", sagt Niederbühl.

Piraten warten auf Anruf

Piraten: Thomas Ranft, der als einziger Vertreter der Piraten in den Stadtrat einzog, wartet noch auf einen Anruf von Reiter. Den würde er ohnehin gerne kennenlernen. "Ich habe nur einmal mit ihm gesprochen", erzählt Ranft. Eine Minute lang, im Olympia-Einkaufszentrum an einem Infostand. "Ich habe ihm die Hand geschüttelt und wir haben uns kurz vorgestellt", sagt er. Seiner Partei gehe es um Transparenz, Bürgerbeteiligung und frei zugängliche Informationen - darauf müssten künftige Partner eingehen. Ranft denkt aber nicht, dass er viel mitzureden hat: "Als Neuling bin ich in einer strategisch schlechten Position."

Thomas Ranft Piraten

Pirat Thomas Ranft war einst Mitglied der FDP-Landtagsfraktion.

(Foto: oh)

Hut: "Ich bin Neuling und harre der Dinge", sagt Wolfgang Zeilnhofer-Rath, der für die Wählergruppe Hut in den Stadtrat eingezogen ist. Auf eine Koalition sei er noch nicht angesprochen worden - eine Antwort könnte er aber ohnehin nicht geben. Die Wählergruppe bespricht das erst im Plenum. "Wir wollen nicht in der Bedeutungslosigkeit versinken", sagt er. Welchen Vorteil SPD und Grüne von einer Zusammenarbeit mit Hut hätten? "Über unsere Initiativen haben wir einen direkten Draht zum Bürger."

Maximilian Heisler und Wolfgang Zeilnhofer-Rath bei Kommunalwahl in München, 2014

Wolfgang Zeilnhofer-Rath von der Wählergruppe "Hut" harrt erstmal der Dinge.

(Foto: Robert Haas)
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