Am 9. November 1938 setzte die NS-Führung eine brutale Hetzjagd auf jüdische Menschen und Einrichtungen in Gang. Im gesamten Reichsgebiet wurden Juden und Jüdinnen gedemütigt, misshandelt oder getötet, ihre Geschäfte und Wohnungen geplündert und zerstört, Synagogen in Brand gesetzt. Ausgangspunkt des Gewaltexzesses war eine Rede von Propagandaminister Joseph Goebbels im Alten Rathaus in München.
86 Jahre nach der sogenannten Reichskristallnacht wird am Samstag, 9. November 2024, an diesem Ort bei der zentralen Münchner Gedenkveranstaltung „Jeder Mensch hat einen Namen“ an die Opfer erinnert. Im Mittelpunkt steht dabei in diesem Jahr das Schicksal jüdischer Verfolgter aus dem Landkreis Freising. Schülerinnen des Camerloher-Gymnasiums Freising tragen Biografien und Texte vor. Der Münchner Soziologe Armin Nassehi hält die Gedenkrede „Antisemitismus als Selbstverleugnung“. Außerdem sprechen Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern (IKG). Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr. Eine Anmeldung ist nicht mehr möglich, doch wird der Gedenkakt per Livestream übertragen, unter anderem unter www.youtube.com/nsdoku.
Auch die einzelnen Stadtteile erinnern rund um den Gedenktag an die Verfolgten des NS-Regimes. Direkt am 9. November wird unter dem Motto „Sie waren unsere Nachbarn“ um 15 Uhr am Oertelplatz in Allach, um 18 Uhr am Gärtnerplatz und um 18 Uhr am Platz der Menschenrechte in Riem der früheren Bewohner der Stadtteile gedacht. Im Kulturzentrum Giesinger Bahnhof wird um 18 Uhr ein „Gedenkbuch für die Opfer der Shoa aus Giesing und Harlaching“ des Historikers Herbert Dandl vorgestellt.
Auch ein zentraler Ort jüdischen Lebens in München, der 1938 auf direkten Befehl Adolf Hitlers zerstört wurde, soll ins Bewusstsein gerufen werden: die alte Hauptsynagoge. An deren früherem Standort Ecke Herzog-Max- und Maxburgstraße werden am 9. und 10. November jeweils von 18 bis 22 Uhr historische Fotos und digitale Eindrücke an die Fassade des Kaufhauses Oberpollinger projiziert.
Einer der jüdischen Münchner, die am 9. November 1938 getötet wurde, war der Kaufmann Chaim Both. Er wurde in seiner Wohnung von einem SA-Mann erschossen. Für ihn, seine Ehefrau Marjem Both und ihre Verwandte Malwine Porsche werden am Sonntag, 10. November, Erinnerungszeichen gesetzt. Das Gedenken beginnt um 11 Uhr im Kulturzentrum Luise in der Ruppertstraße 5. Auf der Website der IKG findet sich eine Übersicht weiterer Veranstaltungen an kommenden Tagen zur Reichspogromnacht.