Aufräumaktion in München:Das große Problem mit dem kleinen Müll

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Eine Skulptur namens "Manni", bestehend aus 20 000 Zigarettenstummeln, steht auf dem Gärtnerplatz. Sie soll auf das Problem mit dem Kleinmüll aufmerksam machen. (Foto: Robert Haas)

Zigarettenkippen, Kronkorken, Glasscherben: Mitglieder der Initiative Rehab Republic sammeln auf dem Gärtnerplatz all das, was die Müllabfuhr nicht wegschafft. Der Ertrag nach nur einer Stunde ist enorm.

Von Sabine Buchwald

Gut 1500 Zigarettenstummel und drei Kilo Kronkorken in einer Stunde, so lautet das Ergebnis am Samstag um 14 Uhr auf dem Gärtnerplatz-Rondell. Mit diesem Clean-up starten die Aktionswochen zur „Müllfrei-Meile 2024“, die bis 28. September im Gärtnerplatzviertel stattfinden.

Ein knappes Dutzend Müllsammlerinnen und Müllsammler der Initiative Rehab Republic hatten von 13 Uhr an auf dem Rasen, dem Kopfsteinpflaster und auch in den gerade üppig blühenden Blumenbeeten des beliebten Ortes alles eingesammelt, was da eigentlich nichts zu suchen hat.

Eine mühselige Arbeit unter der sengenden Sonne. Was sich mit den langen Holzzangen nicht greifen lässt, muss mit den Fingern heraus gepult werden. Um sich nicht zu verletzen, stecken die Hände der Sammler in Handschuhen, was bei 30 Grad extrem schweißtreibend ist. Doch neben Kippen, Flaschenverschlüssen aus Weißblech und Kork haben sie am Ende auch jede Menge Glassplitter in ihren Eimern.

Markus Mitterer, einer der Gründer von Rehab Republic, zeigt sich wenig überrascht über das Resultat. Er kennt solche Zahlen bereits von vielen anderen Aufräumaktionen. Er sagt: Die Erwartung der Bevölkerung sei, dass auch der Kleinmüll weggeräumt werde. „Doch da liegen die Leute falsch.“ Verpackungen, Flaschen, solche Dinge beseitigen die Straßenkehrer und die Müllabfuhr, aber die vielen kleinen Hinterlassenschaften der konsum- und feierfreudigen Gesellschaft bleiben eben oftmals übrig.

An fehlenden Mülleimern kann das achtlose Wegwerfverhalten der Leute kaum liegen. 23 Stück stehen auf dem Rondell und auf den Gehsteigen entlang der Straße drum herum. Es wäre also möglich, ausgedrückte Zigaretten und Kronkorken vernünftig zu entsorgen. Um auf die kleinen Tonnen aufmerksam zu machen, sind sie in den nächsten Wochen mit farbigen Plakaten umhüllt. „Mist für mich. Lob für dich!“, ist auf einer zu lesen. Auf einer anderen: „Mich erreichen Sie auch außerhalb der Öffnungszeiten.“

„Die Kleinstmüllmenge ist in den vergangenen Jahren nahezu unverändert hoch geblieben“, sagt Johanna Beslmeisl, Kollegin von Mitterer. Auf den Plätzen in der Stadt und auch an der Isar. Der Müll spiegele die Konsumtrends wider: Neben Zigarettenstummeln, Flaschen und Korken finden sich zunehmen leere Vapes, also E-Zigaretten, Lachgaskartuschen und im Sommer viele Eislöffel.

Ein Team der Initiative Rehab Republic beim Müllsammeln... (Foto: Robert Haas)
...und ein Blick auf den Ertrag der Aktion. (Foto: Robert Haas)

Die Mitglieder von Rehab Republic versuchen, Aufmerksamkeit auf das Problem zu lenken. Ihr Ansatz: „Zero Waste“, möglichst keinen Abfall produzieren – oder hinterlassen. Für die „Müllfrei-Meile“ haben sie Büros und Geschäfte des Viertels angeschrieben, um auf Mehrwegsysteme in den umliegenden Restaurants und Cafés hinzuweisen und anzumahnen, möglichst ein eigenes Gefäß für Kaffees oder Mittagessen mitzubringen.

Nun gibt es bis Ende September erst einmal jede Menge Aktionen. Am 21. September beispielsweise die zweite Münchner Müllmeisterschaft, an der sich Stadtviertelgruppen beteiligen können. Im vergangenen Jahr waren 16 Stadtteile und mehr als 400 Münchnerinnen und Münchner am Start. Der Sieger hieß: Moosach.

Während an den Aktionsständen am Samstag Taschenaschenbecher und Flyer verteilt werden, und während Mitterer, Beslmeisl und all die anderen gerne jedem erzählen, warum sie hier sind, füllen sich die Sitzgelegenheiten auf dem Gärtnerplatz wie an jedem schönen Wochenendtag. Vielleicht bewirken die engagierten Müllaktionisten, die aufgestellte Skulptur mit den vielen Hundert hellbraunen Zigarettenstummeln und die Mülleimer-Sprüche wenigstens in den kommenden Tagen etwas mehr Achtsamkeit.

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