Regionalzughalt:Stadt und Freistaat streiten um Bahnhof Poccistraße

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  • Regionalzüge könnten an der Poccistraße halten, um einen direkten Umstieg zur U3 und U6 zur ermöglichen und die S-Bahn zu entlasten.
  • Die Stadt München und der Freistaat halten das für sinnvoll - sie sind aber uneins, wer die Planungskosten bezahlen soll.

Von Marco Völklein

Ein Streit über Geld lähmt weiter die Planungen für den seit Langem geforderten Regionalzughalt an der Poccistraße. Freistaat und Stadt können sich nicht darauf einigen, wer welchen Teil der Planungskosten trägt. Der Freistaat besteht nach Auskunft des Verkehrsministeriums darauf, dass sich die Stadt an den Kosten für die ersten beiden (von insgesamt vier) Planungsschritten in Höhe von 1,2 Millionen Euro zur Hälfte beteiligt. Das allerdings lehnt die Stadt ab. Offiziell heißt es dazu aus dem Planungsreferat nur, die "Abstimmungen" mit dem Freistaat dauern noch an, wie ein Sprecher sagt.

Aus internen Unterlagen, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen, geht aber hervor, dass sich die Stadt schon mehrfach gegen eine solche Mitfinanzierung ausgesprochen hat. In den vergangenen Jahren hatten sich die zuständigen Minister des Freistaats, Martin Zeil (FDP) und Joachim Herrmann (CSU), mit dem damaligen Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) dazu einen intensiven Briefwechsel geliefert. "In dem wurde eine finanzielle Mitverantwortung der Landeshauptstadt ausgeschlossen", heißt es in den Unterlagen.

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Zuletzt gab es im Sommer eine Besprechung mit Vertretern des Freistaats und der Stadt, ohne dass sich beide Seiten einigen konnten. Die Vertreter des Planungsreferats machten damals erneut klar, dass der Regionalverkehr Aufgabe des Freistaats sei und nicht der Landeshauptstadt. Das geht aus den Protokollen hervor. Der Freistaat strebt nun ein "Spitzengespräch im ersten Quartal 2016" an, wie eine Sprecherin Herrmanns sagt, um die Frage der Finanzierung zu lösen.

Was ein Halt an der Poccistraße bringen würde

Fahrgastvertreter wie Andreas Barth vom Verband Pro Bahn können angesichts der verfahrenen Situation mittlerweile nur noch verständnislos den Kopf schütteln. Seit Jahren sind sich die Politiker im Land und in der Stadt darin einig, dass der zusätzliche Halt an der Poccistraße sinnvoll wäre. Mehrmals bereits hat der Stadtrat diese Forderung bekräftigt, das bayerische Kabinett hat im Juli 2013 einen entsprechenden Beschluss gefasst. "Jetzt wäre es endlich mal an der Zeit, diese Beschlüsse umzusetzen", sagt Barth.

An der neuen Station könnten die Regionalzüge von und nach Mühldorf sowie Rosenheim kurz halten und den Fahrgästen einen direkten Umstieg zu den Linien U 3 und U 6 ermöglichen. Zudem könnte während des Oktoberfests der oftmals völlig überfüllte S-Bahnhof an der Hackerbrücke entlastet werden, ebenso die stark frequentierten U-Bahnhöfe in Wiesn-Nähe.

Wie die Station realisiert werden könnte

Bereits seit August 2013 liegt eine Machbarkeitsstudie zweier Münchner Büros vor, die zeigt, dass der zusätzliche Haltepunkt relativ leicht zu realisieren wäre. Dazu müsste die Bahn einen 320 Meter langen Mittelbahnsteig errichten, zwei Gleise verlegen, eine zusätzliche Weiche einbauen und die Signale anpassen. Die Baukosten schätzten die Gutachter damals auf 40 Millionen Euro. Nach ihren Prognosen würden etwa 7700 Fahrgäste täglich die neue Station als Ein-, Aus- oder Umsteiger nutzen.

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Es könne nicht sein, sagt Fahrgastvertreter Barth, "dass hier der Freistaat die Stadt als Ausrede fürs Nichtstun benutzt". Herrmanns Sprecherin entgegnet, durch einen Zuschuss der Stadt zu den Planungskosten könne man "zeitnähere Realisierungsperspektiven" schaffen, sprich: deutlich schneller vorankommen. Zudem sei das Vorgehen kein Einzelfall: An den Planungen für einen Regionalzughalt auf dem Audi-Gelände in Ingolstadt habe sich die dortige Stadt finanziell beteiligt.

Worüber Staat und Stadt außerdem streiten

Beide Seiten streiten aber nicht nur über die Planungskosten, sondern auch darüber, wer die Anbindung der U-Bahn an die neue Station bezahlen soll. Die Gutachter hatten 2013 empfohlen, einen weiteren Zugang von der Lindwurmstraßen-Unterführung zum Sperrengeschoss des U-Bahnhofs Poccistraße zu graben, um so die Umsteigewege zu verkürzen.

Der Freistaat sagt: Diesen Zugang zu errichten, das sei Aufgabe der Stadtwerke München (SWM). Offiziell sagt ein SWM-Sprecher nur, Fragen der Finanzierung und einer möglichen Förderung seien noch ungeklärt. Laut den Unterlagen allerdings wehren sich die SWM hinter den Kulissen heftig gegen das Ansinnen des Staats: Etwa jeder zweite Nutzer des neuen Zughalts wolle zur U-Bahn umsteigen, argumentieren sie mit Verweis auf die Zahlen der Gutachter. Es bestehe daher "ein direkter Projektbezug" - also müsse der Freistaat zahlen.

© SZ vom 30.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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