In manchen Städten stehen gelbe Tonnen vor den Häusern. In manchen Städten stehen gelbe Säcke vor den Häusern. Doch in München sieht man beides nicht. Wer seinen Müll trennen will, hat es in dieser Stadt schwerer, denn er muss nicht nur für Glas oder Aluminium zum Container laufen, sondern auch für Verpackungen aus Plastik. Hin und wieder sind manche der Container voll, dann quellen die Verpackungen aus den Behältern. Doch daraus sollte man nicht schließen, dass München viel Plastik sammeln würde. In den Containern kommt viel weniger Plastik zusammen als anderswo - und nur dank eines Rechentricks fällt das nicht auf.
In Bayern sammelt man im Schnitt in einem Jahr mehr als 20 Kilo Plastik pro Kopf. In München aber sind es nur fünf Kilogramm, heißt es bei den Abfallwirtschaftsbetrieben. Der Weg zum Container ist vielen Menschen zu weit, sie werfen ihre Verpackungen in den Restmüll. Dann aber wird das Plastik nicht noch einmal sortiert, sondern direkt verbrannt, kann also nicht mehr recycelt werden. Dabei gibt das Gesetz vor, wie viele Verpackungen recycelt werden müssen.
Die Quoten unterscheiden sich nach den Materialien. Bei Plastik ist momentan vorgeschrieben, dass 36 Prozent aller Verpackungen recycelt werden müssen. Vom kommenden Jahr an wird die Quote auf 58,5 Prozent steigen, wegen des neuen Verpackungsgesetzes. Doch in München erfüllt man nicht einmal die erste Quote, bestätigen die Abfallwirtschaftsbetriebe.
Für die Verpackungen aus Plastik sind sie ausnahmsweise nicht selbst zuständig, sondern das sogenannte Duale System. Das wurde in den Neunzigerjahren geschaffen, damit sich die Unternehmen um die Verpackungen kümmern, die sie auf den Markt bringen. Sie zahlen Gebühren an das Duale System, das entsorgt ihren Müll. In München kümmern sich darum zwei Firmen. Wie viel Plastik sie sammeln, wird am Ende aber nicht nach Städten ausgewiesen, sondern nur nach Regionen oder Bundesländern. Bei der Berechnung erfolge ein Ausgleich zwischen Stadt und Land, bestätigt eine Sprecherin der Abfallwirtschaftsbetriebe. München gleicht seine schlechten Quoten also mit guten Quoten aus dem Umland aus; nur so fällt nicht weiter auf, wie wenig Plastik die Münchnerinnen und Münchner zum Recycling sammeln. Bei der Stadt hält man es trotzdem für keine gute Idee, die Container abzuschaffen.
Das Kommunalreferat ist für den Müll zuständig und dort heißt es, wenn man gelbe Tonnen oder gelbe Säcke aufstelle, müssten deutlich mehr Lastwagen durch die Straßen fahren. Wertstoffinseln gebe es um die 1000, doch Säcke oder Tonnen müssten an mehr als 100 000 Orten abgeholt werden. Das belaste das Klima. Außerdem blieben die Container für Glas ohnehin stehen, heißt es aus dem Kommunalreferat. Wenn man seine Gläser wegbringe, könne man die Verpackungen also mitnehmen - wobei eine Familie innerhalb einer Woche wahrscheinlich mehr Müll aus Kunststoff sammelt als aus Glas und sich mit ihrem Plastik deshalb öfter auf den Weg machen muss.
Sowohl das Kommunalreferat als auch die Abfallwirtschaftsbetriebe (AWM) argumentieren, dass auch wenn nur wenig Müll gesammelt werde, der Müll immerhin relativ sauber sei. Beim Kommunalreferat verweist man auf eine Studie des Bundesverbands Sekundärstoffe und Entsorgung, der zufolge etwa die Hälfte des Mülls in gelben Säcken und gelben Tonnen nicht dort hinein gehöre. "Die Leute werfen dann viel in die gelbe Tonne, weil sie für die im Gegensatz zum Restmüll keine Müllgebühren zahlen müssen", sagt Günther Langer von den Abfallwirtschaftsbetrieben. Sie stopften mehr in die gelbe Tonne, um Geld zu sparen - doch das macht es schwerer, den Müll zu recyceln.