Rechtsradikaler mit Revolver:Darf DVU-Chef Frey seinen Waffenschein behalten?

Die Regierung von Oberbayern meint: Schusswaffen gehören nicht die Hände von Extremisten. Nun muss das Verwaltungsgericht entscheiden.

Ekkehard Müller-Jentsch

Revolver für Rechtsradikale? Gerhard Frey, Herausgeber der rechtsextremen Deutschen National-Zeitung und Vorsitzender der ebenso extremistischen Deutschen Volksunion (DVU), kämpft vor dem Verwaltungsgericht München um die Verlängerung seines Waffenscheins.

DVU-Chef Gerhard Frey Foto: AP

Mit Waffe oder ohne Waffe? Der DVU-Vorsitzende Gerhard Frey.

(Foto: Foto: AP)

Freys Chancen stehen gut

Bayerns Innenminister Günther Beckstein würde das gerne verhindern. Er plädiert schon seit Jahren dafür, dass jede extremistische Betätigung grundsätzlich im waffenrechtlichen Sinn als Unzuverlässigkeit angesehen werden müsse: "Wer gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung arbeitet, soll sich nicht auch noch mittels behördlich erteilter Erlaubnis bewaffnen können."

Dennoch stehen Freys Chancen gut. Denn in einem vorgeschalteten Eilverfahren haben die Verwaltungsrichter bereits ihre verfassungsrechtlichen Bedenken dargelegt, warum Frey die Waffenerlaubnis nicht vorenthalten werden dürfe.

Waffenschein mit der Nummer 106/98

Gerhard Frey, der aus einer wohlhabenden Kaufmannsfamilie der Oberpfalz stammt, ist seit 1974 zum Führen einer Schusswaffe berechtigt. Sein derzeitiger Waffenschein mit der Nummer 106/98 wurde ihm vor gut acht Jahren vom Landratsamt München ausgestellt und zuletzt 2002 bis November 2005 verlängert.

Weil ihm die Behörde anschließend die weitere Genehmigung versagte, erwirkte Frey beim Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung: Diese berechtigt ihn bis heute, die Waffe weiter zu führen. Er besitzt einen Revolver vom Typ Smith&Wesson, Kaliber 38 spezial.

Der vielfache Millionär Frey, der im Februar 74 Jahre alt wird, ist einer der bekanntesten Rechtsextremisten in Deutschland. Die Ordnungsbehörden konstatieren, dass er durchaus als eines der Hauptziele der autonomen und gewaltbereiten antifaschistischen Szene anzusehen sei. Auf sein Verlagsgebäude in der Pasinger Paosostraße waren schon 1977 zwei Sprengstoffanschläge verübt worden: Beim ersten Mal ging die Bombe nicht hoch, beim zweiten Mal entstand Sachschaden.

"generell latent gefährdet"

Im Mai 1994 hatte das Bundeskriminalamt dem Münchner Polizeipräsidium Erkenntnisse übermittelt, wonach auf Frey im Juni oder Juli desselben Jahres ein Attentat durch ein ausländisches Terrorkommando verübt werden solle. Seither gelten die Freys als "generell latent gefährdet", und vor dem Verlag sowie der Gräfelfinger Wohnung - einer festungsartig ausgebauten Villa - wird regelmäßig patrouilliert. Auf der Gefährdungsskala der Polizei ist die Villa mit 3 eingestuft, ähnlich wie bei Vorstandsmitgliedern der Atom- oder Rüstungsindustrie.

Bereits in dem Eilverfahren erklärte das Landratsamt, Frey sei zwar mehr als die Allgemeinheit einer erhöhten Gefährung ausgesetzt. Aber als Gründer und Bundesvorsitzender der DVU sowie Herausgeber der Nationalzeitung sei er für die Ausrichtung von Partei und Gazette selbst verantwortlich. Die DVU werde vom Verfassungsschutz beobachtet und verfolge verfassungswidrige Ziele: Fremdenfeindlichkeit, verabsolutierenden Nationalismus, Antisemitismus und Revisionismus. Freys Zeitung sei das Sprachrohr der DVU und das auflagenstärkste rechtsextremistisch Blatt in Deutschland.

Verhandlung für Mittwoch abgesagt.

Der Leitende Regierungsdirektor Peter Samberger, der als Landesanwalt das Hauptsacheverfahren für die Regierung von Oberbayern führt, erklärte gestern auf Anfrage der SZ, was jetzt im Mittelpunkt des Rechtsstreites steht. Im neuen Waffengesetz ist festgelegt, wer als unzuverlässig gilt: Das sind etwa Personen, die "einzeln oder als Mitglied einer Vereinigung Bestrebungen verfolgen..., die gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind" (§5 Abs.2 Nr.3 WaffG).

In dem Eilverfahren hatte die 7.Kammer des Verwaltungsgerichtes aber festgestellt, dass die Mitgliedschaft in einer Partei dem sogenannten Parteienprivileg unterliege. Davon geschützt seien auch solche Parteien, die als verfassungswidrig gelten, dies aber vom Bundesverfassungsgericht noch nicht festgestellt worden sei. Diese Sperrwirkung des Grundgesetz-Artikels 21 garantiere Parteien den Bestand und gewährleiste das Recht zur freien Betätigung.

"Eine Versagung der Verlängerung des Waffenscheins (von Frey) würde damit einen mittelbaren Eingriff in diese Betätigungsfreiheit darstellen, die vom Recht nicht gedeckt ist", sagte das Gericht. Frey könne sich nämlich ohne Waffenschutz nicht mehr im bisherigen Maße für die DVU engagieren, ohne sich der Gefahr eines Angriffs auf Leib und Leben auszusetzen (Az.:M7E05.5721).

Samberger hält dem entgegen, dass per se stets gefährdet sei, wer aktiv gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung vorgehe: "Das Führen einer Waffe ist weder Bestandteil einer Meinungsäußerung noch der Herausgabe einer Zeitung und fällt damit nicht in den Bereich dieser Grundrechte." Vielmehr müsse verhindert werden, dass Waffen in die Hände von Extremisten gelangen.

Das Verwaltungsgericht teilte gestern mit, dass die für Mittwoch angesetzte mündliche Verhandlung kurzfristig abgesetzt worden sei - die Kammer werde schriftlich entscheiden. Experten rechnen nicht damit, dass die Richter von ihrer bereits im Eilbeschluss geäußerten Rechtsmeinung abrücken werden.

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