Rechtspopulismus:Pegida bläst vorerst alle Demos ab

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Jeden Montag riegelte die Polizei für die Pegida-Demos große Teile der Altstadt ab - zum Verdruss vieler Passanten und Geschäftsleute. (Foto: Florian Peljak)
  • Pegida sagte am Montag alle Veranstaltungen für diese Woche ab.
  • Die Absagen sind womöglich das Ergebnis der neuen Strategie des Kreisverwaltungsreferats.
  • Die Geschäftsleute in der Innenstadt sind offenbar erleichtert, bleiben aber skeptisch, ob der Kampf schon gewonnen ist.

Von Dominik Hutter, München

Nach einem monatelangen Demo-Marathon steht Passanten und Geschäftsleuten nun eine Pegida-freie Woche bevor. "Für diese Woche sind alle Veranstaltungen abgesagt", verkündete die islamfeindliche Organisation am Montag auf ihrer Facebook-Seite. Betroffen waren der für Montagabend geplante Demonstrationszug mit Start an der Feldherrnhalle sowie vier dreistündige Versammlungen auf dem Marienplatz samt Muezzin-Rufen im 15-Minuten-Takt.

Die Absagen sind womöglich das Ergebnis der neuen Strategie des Kreisverwaltungsreferats (KVR): Nach zahlreichen Beschwerden geht es nun härter gegen die Dauerbelagerung und -beschallung der Innenstadt vor.

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Die Islamfeinde dürfen nur noch einmal pro Woche auf den Marienplatz, auch die Muezzin-Rufe vom Band werden seltener. Ob das so bleibt, entscheiden am Ende aber wohl die Gerichte.

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Pegida hat seit Januar vergangenen Jahres insgesamt 135 Aufmärsche organisiert, die meisten davon auf dem Marien- oder dem Odeonsplatz. Künftig muss der Verein auf Betreiben des KVR an festen Terminen auf Ersatzstandorte ausweichen. Zudem darf der Muezzin-Ruf nicht mehr so oft über den Marienplatz schallen. Einmal pro Veranstaltung genüge, findet die Ordnungsbehörde.

Nach Aussage von Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle kann derzeit noch nicht beurteilt werden, ob die rigidere Genehmigungspraxis auch auf Dauer Wirkung zeigt. Denn noch hat kein Gericht über die verschärften Auflagen geurteilt - zumindest bis zum Montagabend hat Pegida keine juristischen Schritte eingeleitet.

Die Stadt sei "ein gewisses Risiko eingegangen", betont Blume-Beyerle. Bislang haben die Verwaltungsgerichte das Demonstrationsrecht von Pegida stets höher eingestuft als die Bedenken der Behörde.

Für den Referenten belegen die Demo-Absagen aber, dass die neue Linie der Stadt die Pegida-Aktivisten durchaus beeindruckt. Sie hätten wohl erkannt, dass sich die Argumente der Behörde "nicht mit leichter Hand wegschieben" ließen. "Wir haben uns sehr viel Mühe gemacht."

Die Stadt habe angesichts einer immer kleiner werdenden Zahl an Demonstranten und einer zugleich anschwellenden Flut von Beschwerden eine Neubewertung vornehmen müssen. Münchens Ordnungschef ist sich ganz sicher: Selbst wenn die Gerichte noch eingeschaltet werden - "so, wie es bisher war, wird es nicht mehr sein". Die Justiz werde sich zweifellos sehr sorgfältig mit der Haltung der Stadt auseinandersetzen.

Die Anti-Islam-Aktivisten waren am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Warum sie anders als früher nicht sofort gegen die verschärften Auflagen vorgehen, ist auch den Verantwortlichen im Kreisverwaltungsreferat ein Rätsel. Immerhin kündigt die Organisation auf ihrer Internetseite an, "dass Pegida München das Recht von uns allen verteidigt, so zu demonstrieren, so wie es im Grundgesetz vorgesehen ist".

Blume-Beyerle hält es aber nicht für ausgeschlossen, dass den Aktivisten eine behördlich verordnete Ruhepause durchaus zupasskommen könnte. Bei den Veranstaltungen der vergangenen Wochen habe man den Eindruck gewonnen, "das fährt sich langsam fest".

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Im Januar 2015 kamen noch 1500 Leute

Tatsächlich ist die Teilnehmerzahl der Pegida-Demos im Laufe der Monate deutlich geschrumpft. Nach einer Statistik des Kreisverwaltungsreferats haben am ersten "Montagsspaziergang" im Januar 2015 noch bis zu 1500 Leute teilgenommen. Bis Jahresende waren es nur noch 150 bis 300, am 11. April 2016 dann 150 Menschen, die 150 bis 200 Gegendemonstranten gegenüberstanden.

Selbst auf der Internetseite von Pegida Bayern war von einem "Tiefpunkt" die Rede, den man aber am 2. Mai überwunden glaubte. Nach Behördenangaben kamen zu diesem "Spaziergang" allerdings auch nur 90 Teilnehmer - bei 175 Gegendemonstranten. Bis zu 15 Aktivisten aus dem rechtsextremen Bereich sind laut KVR regelmäßig mitmarschiert.

Beim Anti-Rassismus-Bündnis "München ist bunt" ist die Erleichterung über die Absage groß. "Heute wollen sie uns nicht belästigen", stand am Montag auf der Facebookseite, flankiert von Kommentaren wie "großartig" und "wunderbar". Die Gegendemonstranten hatten monatelang immer wieder gegen Pegida protestiert, um ein Zeichen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu setzen.

Die Geschäftsleute in der Innenstadt wurden von ihrem Verband "City-Partner" über die Absage der Veranstaltungen informiert. "Sie waren erleichtert", berichtet Geschäftsführer Wolfgang Fischer. Allerdings überwiege die Skepsis, ob der Kampf gegen die ständigen Absperrungen damit schon gewonnen ist.

© SZ vom 10.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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