Süddeutsche Zeitung

Jahresbericht:Experten warnen vor Schulterschluss in der rechten Szene

  • Rechtsextreme, rassistische und menschenfeindliche Einstellungen sind in München immer weiter verbreitet.
  • Auffallend findet die Fachstelle für Demokratie einen "zunehmenden Schulterschluss" zwischen Akteuren der extremen Rechten, rechtspopulistischen Parteien und christlich-fundamentalistischen Abtreibungsgegnern.
  • Die Gruppierungen sind auf Münchens Straßen und Plätzen aktiv, vor allem aber im Internet.

Von Dominik Hutter

Das Feindbild heißt, im einschlägigen Jargon, "kriminelle Invasoren". Es geht um "Messermänner" und den angeblich bevorstehenden "Volkstod". Rechtsextreme, rassistische und menschenfeindliche Einstellungen sind in München weiter auf dem Vormarsch, warnt die städtische Fachstelle für Demokratie in ihrem Jahresbericht für 2018, der am Mittwoch im Verwaltungs- und Personalausschuss des Stadtrats bekanntgegeben wurde. Neben "Wodans Erben" sind weiterhin auch die klar rechtsextremen Gruppierungen "Der III. Weg" und die "Identitäre Bewegung" auf Münchens Straßen und Plätzen sowie natürlich im Internet aktiv.

Auffallend findet die Fachstelle einen "zunehmenden Schulterschluss" zwischen Akteuren der extremen Rechten, rechtspopulistischen Parteien und christlich-fundamentalistischen Abtreibungsgegnern. Das Thema Abtreibung bilde neben "Islamisierung" und "Genderwahn" die dritte wichtige Schnittstelle zwischen rechtsgerichteten Milieus und ultrakonservativen Christen.

Wobei Letztere durchaus auch mit angreifbaren Methoden vorgehen, etwa bei der "Gehsteigberatung" des Vereins "Helfer für Gottes kostbare Kinder Deutschlands", bei denen Frauen mit teilweise drastischen Bildern von abgetriebenen Föten konfrontiert werden. Die "Fachinformationsstelle Rechtsextremismus München" (Firm), die die rechte Szene genau beobachtet, hält es für wichtig, die "restriktive und fundamentalistische Ideologie dieser Bewegung" hervorzuheben und auf die Zusammenarbeit mit Rechtsextremen hinzuweisen.

Die Grenzen zu radikalen Kreisen verschwömmen ganz offenkundig auch bei einer neuen politischen Erscheinung, den sogenannten "Gelbwesten" nach französischem Vorbild. Die Organisatoren dieser Proteste achteten "nicht konsequent auf eine Abgrenzung zu rechtsextremen Aktivisten", hat die Fachstelle festgestellt. Zwar seien die Teilnehmerzahlen bislang noch überschaubar. Es gelte aber, die Entwicklung im Auge zu behalten. In München gibt es ein breites Netzwerk von Organisationen, das sich gegen rechtsextreme und rassistische Umtriebe engagiert.

Der "bei weitem erfolgreichste parteiförmige Akteur der extremen Rechten" ist laut Fachinformationsstelle die AfD, die ein "arbeitsteiliges Vorgehen mit anderen Teilen der extremen Rechten" betreibe. Unter Beobachtung der Fachstelle stehen auch die türkisch-ultranationalistischen "Grauen Wölfe", deren Arm bis weit in Münchner türkische Vereine hineinreiche.

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SZ vom 14.03.2019/vewo
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