Rechtsextreme WG in München:Zerstrittene Neonazis ziehen aus

Rechtsextreme WG in München: Nazizentrum: das Haus an der Carl-Hanser-Straße in München-Obermenzing.

Nazizentrum: das Haus an der Carl-Hanser-Straße in München-Obermenzing.

(Foto: Stephan Rumpf)

Sie machten das Haus zu einem Treff für Neonazis. Nun steht die rechtsextreme Wohngemeinschaft in Obermenzing vor der Auflösung. Grund dafür soll die Spaltung der rechten Szene in München sein.

Von Bernd Kastner

Die Neonazi-Wohngemeinschaft in Obermenzing löst sich voraussichtlich auf. Das hat die Vermieterin des Hauses in der Carl-Hanser-Straße nach Angaben von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) der Stadtspitze mitgeteilt. Der OB zeigt sich erfreut über das wahrscheinliche Ende des rechtsextremistischen Szenetreffpunkts, der eineinhalb Jahre lang für Feiern und Fortbildungen genutzt worden war. Reiter bedankt sich bei den Bürgern, die mit ihren Protesten dafür gesorgt hätten, "dass ein solcher Treffpunkt nicht einfach als normal akzeptiert wurde".

Ein Sprecher des bayerischen Verfassungsschutzes bestätigte, dass der Auszug der drei Rechtsextremisten noch im Mai bevorstehe. Grund sei, dass ein "Riss" durch die rechte Szene gehe, der sich offenbar auch in der Wohngemeinschaft bemerkbar mache. Ende 2012 waren in das Haus am Stadtrand drei Rechtsextremisten gezogen, die trotz einer Kündigung der Vermieterin nicht weichen wollten. Vielmehr etablierten sie das Anwesen mit Garten als Treff für Neonazis.

Sie veranstalteten Gartenfeste mit Kinderschminken, luden Nachbarn ein, und zumindest zu Beginn des Prozesses um die Mordserie des rechtsextremistischen Nationalsozialistischen Untergrunds übernachteten dort auch Personen aus dem Umfeld der NSU-Terroristen. Einmal fand im Keller des Hauses ein Konzert mit einem rechtsextremen Liedermacher statt.

OB Reiter appelliert an alle Makler und Wohnungsbesitzer

Bürger hatten immer wieder gegen den Szenetreff protestiert, im März waren etwa 1000 Münchner vom Pasinger Bahnhof aus zu dem Anwesen gezogen, für das sich die Bezeichnung "braunes Haus" eingebürgert hat. Wohin die Mitglieder der Obermenzinger WG ziehen, ist noch unklar.

Es sei nicht bekannt, so der Sprecher des Verfassungsschutzes, ob sie eventuell in anderer Zusammensetzung einen neuen Szenetreff aufbauen wollten. OB Reiter appelliert an alle Makler und Wohnungsbesitzer, sich über potenzielle Mieter rechtzeitig kundig zu machen, "um ein böses Erwachen wie im Falle der Obermenzinger Vermieterin zu vermeiden".

Der Verfassungsschutz sieht das auch von ihm erwartete Auseinandergehen des Trios im Kontext einer Umstrukturierung in der ohnehin notorisch zerstrittenen Neonaziszene. Zwei Lager formieren sich demnach derzeit neu. Einerseits eine Kooperation aus NPD, der Bürgerinitiative Ausländerstopp um Karl Richter und dem hiesigen Stützpunkt der neuen Partei "Die Rechte".

Zuletzt traf sich dieses Lager mindestens zweimal in einem kleinen Lokal in der Einsteinstraße. Dieser Gruppierung hat sich offenbar der kürzlich aus der Haft entlassene Philipp Hasselbach angeschlossen. Er hat im Kommunalwahlkampf Richter unterstützt, der es ganz knapp noch einmal in den Stadtrat geschafft hat.

Hasselbach aber gilt in der Kameradschaftsszene des Freien Netzes Süd als persona non grata, man ist seit Jahren zerstritten. Nach Auflösung der "Kameradschaft München" gruppieren sich laut Verfassungsschutz die Reste der hiesigen Kameradschaftsszene um die zweite neue rechte Partei namens "Der Dritte Weg". Zu diesem Lager gehört demnach auch die "Europäische Aktion", ein internationales Netzwerk von Antisemiten und Holocaustleugnern, das gerade versucht, in München Fuß zu fassen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: