Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung:Kita-Platz bleibt Kita-Platz

Kindertagesstätte

Vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt hat jedes Kind in Bayern Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung.

(Foto: Rolf Vennenbernd/dpa)

Weil sie keinen Platz in einer städtischen Kita bekam, meldete eine Münchnerin ihren Sohn in der privaten Kita an - für 610 Euro monatlich. Die Mutter wollte, dass sich die Stadt an den Kosten beteiligt. Ein Gericht lehnte das nun ab.

Von Ekkehard Müller-Jentsch und Melanie Staudinger

Ein teurer privater Kita-Platz war für die Münchnerin Susann G. die einzige Möglichkeit, wieder in Vollzeit arbeiten zu gehen. Denn städtische Kindertagesstätten hatten der Mutter erklärt, dass sie in absehbarer Zeit nicht mit einem Platz für ihren Sohn Francesco rechnen könne. Notgedrungen zahlte die Insolvenzsachbearbeiterin daraufhin von September 2013 an einer privaten Einrichtung monatlich 610 Euro. Nun will sie aber, dass die Stadt sich an diesen Kosten beteiligt, da ihr Sohn trotz des gesetzlichen Anspruchs keinen Platz in städtischen oder freigemeinnützigen Einrichtungen erhalten habe.

Vor dem Verwaltungsgericht München musste die Frau am Mittwoch jedoch erfahren, dass Kitaplatz nun mal Kitaplatz ist. Egal ist, wie man dazu gekommen ist und was man dafür auf den Tisch legen muss: Der Rechtsanspruch ist erfüllt.

In Bayern gibt es keinen Anspruch auf einen gratis Kita-Platz

Vom vollendeten dritten Lebensjahr bis zum Schuleintritt hat jedes Kind in Bayern Anspruch auf den Besuch einer Tageseinrichtung. Für Susann G. klingt dieses Rechtsversprechen des Freistaats vom August 2013 nun eher hohl: Denn um sich eine teure Privatkita zu suchen, bedarf es keines Gesetzes. Die Richter der 18. Kammer zeigten viel Verständnis für die Enttäuschung der klagenden Mutter. Der Vorsitzende Richter Uwe Schöffel erklärte, warum die erst zehn Monate alte Musterentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - Eltern bekommen Mehrkosten für teure Ausweich-Kita erstattet - in diesem Fall keine Vorbildwirkung habe.

Denn dort ging es um einen Fall aus Mainz: Eltern in Rheinland-Pfalz haben aber Rechtsanspruch auf einen gratis Kita-Platz, so hat es das Bundesland festgelegt. "Wir in Bayern haben dagegen keinen Anspruch auf einen kostenfreien Kitaplatz", stellt der Vorsitzende fest. Zumal auch die von Susann G. ausgewählte private Kita Fördergelder erhalte, sei mit dem selbstbeschafften Platz der im Freistaat geltende Rechtsanspruch erfüllt.

Mehrere Fachleute kamen zu dem Termin vor Gericht

Die Mutter, verheiratet mit einem Italiener, zeigte in der Verhandlung eine weitere Ironie auf. Wenn sie nicht Deutsche, sondern Italienerin wäre, hätte ihr Francesco zur Sprachförderung vorrangig einen Platz bekommen - so aber kann sie dem Kleinen selbst Deutsch beibringen. Und einen Antrag auf Beihilfe zu den erhöhten Kita-Kosten habe sie auch nicht stellen können, da das Familieneinkommen knapp über der dafür zulässigen Höhe liege.

Wie wichtig das Bildungsreferat diese Problematik nimmt, zeigt, dass gleich mehrere Fachleute zum Termin gekommen waren, darunter Susanne Herrmann, Leiterin der Abteilung Kita. Die Stadt machte dabei klar, dass bisher die Plätze nicht zentral vergeben werden: "Wir haben Trägervielfalt und die Einrichtungen sollen selbst entscheiden können, wer für sie passend ist." Jeder vergebe die Plätze nach seiner Satzung. Erst vom nächsten Jahr an solle es auch eine zentrale Vormerkung geben. Aber selbst dann werde der jeweilige Träger das letzte Wort haben.

Kostenbeteiligungen in vierstelliger Höhe

Das Gericht erklärte, dass in den letzten Wochen eine Vielzahl ähnlicher Verfahren eingegangen sei. Manche Eltern verlangten von der Stadt Kostenbeteiligungen in vierstelliger Höhe. Die Kammer machte Susann G. klar, dass ihre Prozessaussichten angesichts der Rechtslage nicht gut seien. Die Frau verzichtete daraufhin auf ein Urteil und die Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof.

Der Vorsitzende machte deutlich, dass es bisher an obergerichtlicher Rechtsprechung fehle. Deshalb wolle das Gericht auch in weiteren Fällen, die voraussichtlich im Juli verhandelt werden sollen, auf jeden Fall die Berufung zulassen. Und davon gibt es noch einige: 37 Verfahren zählte das städtische Bildungsreferat seit Einführung des Rechtsanspruchs - damit hat die Zahl seit Oktober (13) deutlich zugenommen. Allerdings haben Münchens Richter in den meisten Fällen zu Ungunsten der Eltern entschieden.

15 Verfahren sind bereits abgeschlossen. Sie wurden entweder von der Stadt gewonnen, von den Eltern zurückgenommen oder vom Gericht für erledigt erklärt. Verloren hat die Stadt bisher nicht. In den Verfahren ging es entweder darum, dass die Kläger den Mehrbetrag, den sie für eine nicht-städtische Krippe zahlen mussten, erstattet haben wollten, dass ihnen die Entfernung zur vermittelten Einrichtung zu weit war oder dass sie ihr Kind nicht in der Wunschkrippe unterbringen konnten.

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