Kriminalität:Pizza, Koks und schwere Jungs

Razzia gegen italienische Mafia

Razzia gegen die italienische Mafia: Auch diese Pizzeria in der Messestadt Riem soll nach Angaben aus Ermittlerkreisen durchsucht worden sein.

(Foto: dpa)

Schon seit den Siebzigerjahren operiert die 'Ndrangheta von München und Oberbayern aus. Bei europaweiten Razzien gegen die Mafia schlug die Polizei deshalb auch in Riem und Daglfing zu.

Von Martin Bernstein

Erfolgreicher Schlag gegen die Mafia aus San Luca: Bei der europaweiten "Operation Pollino" gegen mutmaßliche Mitglieder der kalabrischen "'Ndrangheta" haben Beamte der Münchner Polizei und des Landeskriminalamts am Mittwochmorgen eine Pizzeria in München-Riem durchsucht. Außerdem gab es nach Angaben aus Ermittlerkreisen Razzien in zwei Wohnungen in Riem und Daglfing. Zu Festnahmen kam es nicht, anders als im Januar und Februar. Damals waren im Raum München zwei mutmaßliche 'Ndrangheta-Mitglieder festgenommen worden.

Einen 48-jährigen Deutsch-Italiener hatten Spezialeinheiten der Polizei und Ermittler des Landeskriminalamts im Zuge einer bundesweiten Razzia am 9. Januar in seiner Wohnung geschnappt. Am 13. Februar dieses Jahres wurde dann ein weiterer Verdächtiger in der Nähe des Münchner Flughafens festgenommen. Der 29-jährige Vincenzo M., der dem Gallico-Clan zugerechnet wurde, war im Oktober 2017 in seiner Heimat untergetaucht. An der Polizei-Aktion in München waren im Februar nach Informationen der italienischen Nachrichtenagentur Ansa auch Carabinieri aus der kalabrischen Stadt Palmi beteiligt. Offenbar waren sie Familienangehörigen des Gesuchten nach Bayern gefolgt.

Allein in Bayern ordnen die Sicherheitsbehörden etwa 80 Personen der kalabrischen 'Ndrangheta zu, Tendenz steigend. Das geht aus einer Antwort der Staatsregierung auf eine Anfrage der Landtagsabgeordneten Katharina Schulze vom Dezember vergangenen Jahres hervor. Schwerpunkte der 'Ndrangheta in Bayern sind seit den Siebzigerjahren München und Oberbayern, außerdem Augsburg, Kempten und das Allgäu sowie Nürnberg. Bei Ermittlungen gegen die 'Ndrangheta in Bayern ging es im Jahr 2014 um Drogenhandel und -schmuggel sowie um "Steuerkarussellgeschäfte".

In sechs weiteren Ermittlungsverfahren aus dem Bereich der organisierten Kriminalität habe es in den zurückliegenden Jahren Bezüge zur 'Ndrangheta gegeben, so das bayerische Innenministerium vor einem Jahr. In einem dieser Verfahren sei man auch auf Querverbindungen zur apulischen Mafia, Sacra Corona Unita, gestoßen. In zwei der Fälle gab es Hinweise auf Geldwäscheaktivitäten. Pro Jahr gibt es in Bayern durchschnittlich 80 Ermittlungsverfahren aus dem Gesamtbereich der Organisierten Kriminalität (OK), etwa jeder sechste bayerische OK-Fall ereignet sich im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums München.

Zwischen 2008 und 2011 beschlagnahmte die Polizei in Bayern insgesamt rund 320 000 Euro Vermögenswerte aus dem Umfeld der 'Ndrangheta. Haupteinnahmequelle der Organisation ist in Bayern der Handel mit Kokain. Außerdem werden Betreiber italienischer Lokale erpresst, überteuerte Lebensmittel oder andere Waren nur von bestimmten Lieferanten zu beziehen - und die stehen dann der Mafia-Organisation nahe.

Nach Erkenntnissen bayerischer Behörden hat die 'Ndrangheta auch ihre eigenen Regeln und Rituale in den Freistaat "exportiert". Die typische Begrüßungsformel der kalabrischen Mafiosi soll lauten: "Buon vespero e santa sera ai santisti" - in etwa: "Ein gutes Abendessen und einen gesegneten Abend unseren heiligen Brüdern."

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