Rauchverbot weicht zunehmend auf:Rauchen aus allen Schlupflöchern

Ob Klub oder Verein, immer mehr Wirte nutzen die Möglichkeiten, das Gesundheitsgesetz zu umgehen.

Astrid Becker

Das totale Rauchverbot in der Gastronomie weicht zunehmend auf. Bereits ein Drittel aller bislang vom Kreisverwaltungsreferat (KVR) kontrollierten Kneipen hat sich zum Klub erklärt - Tendenz steigend. Wo das Rauchen nicht erlaubt ist, greifen Gäste zunehmend heimlich zur Zigarette, vor allem in Diskotheken. Als erste wird sich nun das P 1 verantworten müssen.

Knapp 1000 Lokale haben die Kontrolleure des Kreisverwaltungsreferats bereits überprüft. Das Ergebnis: In klassischen Speisewirtschaften und Restaurants gibt es mit der Umsetzung des Rauchverbots nahezu keine Probleme. Anders sieht es hingegen in der Einraumgastronomie und in sogenannten Mischkonzepten aus: Etwa ein Drittel der kontrollierten Lokale sind nach Angaben des KVR Raucherklubs geworden.

Absolute Zahlen könne die Behörde noch nicht vorlegen, sagt Sprecher Christopher Habl. Der Trend, die gesetzlichen Schlupflöcher auszunützen, wachse jedoch weiter. Bereits jetzt gibt es eine Website, die Rauchern in München offenbart, wo dem blauen Dunst noch gefrönt wird: Unter www.raucherclub-muc.de sind allein mehr als 100 Lokale gelistet.

Der Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur bietet auf seiner Homepage www.rauchen-erlaubt.de einen ähnlichen Service an: Dort haben sich mehr als 250 Gaststätten allein im Stadtgebiet registriert - für ganz Bayern umfasst der Service bereits 87 gedruckte Seiten. Überhaupt hat der Verein eine interessante juristische Finesse entdeckt, und zwar die der Vereinssitzung.

Das heißt: Sowohl Wirte als auch deren Gäste werden Mitglieder im Verein zum Erhalt bayerischer Wirtshauskultur. Nachdem ja auch täglich Vereinssitzungen abgehalten werden können, müssen die Wirte ihre Lokale gar nicht erst zum Raucherklub erklären, weil sie es praktisch allein durch die Mitgliedschaft im Verein bereits sind.

Rauchen aus allen Schlupflöchern

Dazu gehören beispielsweise das Asam-Schlössl oder auch die Kultkneipe Fraunhofer Schoppenstube. Andere Lokale, wie beispielsweise das Baader-Café oder auch das Café Forum, verzichten darauf, sich permanent zum Raucherklub zu deklarieren, und tun das nur an bestimmten Tagen zu einer bestimmten Uhrzeit. Doch auch bayerische Traditionswirtshäuser wollen ihren Gästen das Rauchen ermöglichen und richten in Nebenräumen Raucherklubs ein. Ein Beispiel: der Gasthof zum Wildpark von Wiesnwirt Toni Roiderer in Straßlach.

Auch in vielen Diskotheken und Szenelokalen wird gequalmt - wenngleich häufig nicht legal. So sollen beispielsweise Gäste des P 1 heimlich zur Zigarette gegriffen haben, wie gleich mehrere Medien berichten. Das KVR will der Sache nun nachgehen - eine Nachricht, die den Geschäftsführer der Münchner Promi-Diskothek, Klaus Gunschmann, entsetzt. Er dementiert vehement: "Wir halten das Rauchverbot strikt ein - wir sind sogar vorbildhaft, weil wir es regelrecht zelebrieren."

So sei dort eine eigene Raucherzone im Freien mit zwei Bars und beheizten Sofas eingerichtet worden: "Es kann schon sein, dass vielleicht zwei oder drei Gäste mal geraucht haben, die mussten aber unser Lokal sofort verlassen", sagt er. Gunschmann will sich nun direkt mit dem KVR in Verbindung setzen und die Sache klären.

Die Behörde selbst sieht sich nur imstande (siehe Interview), bei tatsächlichen gesetzlichen Verstößen mit Bußgeldern beziehungsweise deren Androhung zu reagieren: Wenn alle Kriterien erfüllt würden - Einlasskontrollen, nachvollziehbare Mitgliederstrukturen sowie keine Laufkundschaft - sei der blaue Dunst, so Habl, in der Gastronomie nun mal auch derzeit noch legal.

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