Rathaus:Wie die SPD mit Meiers Rückzug umgeht

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Brigitte Meier auf dem Weg in die Fraktion, zusammen mit ihrer Bürochefin Tamara Geiger (links) und Bürgermeisterin Christine Strobl (rechts). (Foto: Catherina Hess)
  • Nach dem Rückzug von Sozialreferentin Brigitte Meier brodelt es in der SPD. Die Wut auf den Bündnispartner CSU ist groß.
  • Weil die Abrechnung der Versorgung minderjähriger Flüchtlinge nicht korrekt ablief, war Meier in die Kritik geraten.
  • Offiziell wird erst jetzt nach einer möglichen Nachfolge gesucht.

Von Heiner Effern

Die SPD-Fraktion ist am Tag nach der Sondersitzung, in der Sozialreferentin Brigitte Meier den Verzicht auf ihre Wiederwahl erklärte, spürbar bemüht, Ärger und Frust nicht hoch kochen zulassen. "Viele kennen Brigitte Meier sehr lange, das trifft einen auf der menschlichen Ebene", sagt etwa Dritte Bürgermeisterin Christine Strobl.

Wut auf die CSU, die Meier mit ihrer Weigerung, sie zu wählen, zu dem Schritt gedrängt hatte? Ärger darüber, dass es der eigenen Partei nicht gelang, das zu verhindern? Strobl gibt sich genauso zurückhaltend wie Fraktionschef Alexander Reissl am Mittwoch nach der Sitzung. Die Abrechnung fällt zumindest öffentlich erst mal aus. "Wir müssen uns erst einmal mit der Entscheidung auseinandersetzen", sagt Strobl.

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In der SPD ist von einem massiven Vertrauensverlust die Rede

Intern ist der Ärger und die Wut auf die CSU groß. Von einem massiven Vertrauensverlust ist die Rede. Den Verweis der CSU auf den Bericht des Revisionsamtes, dass in Meiers Haus wegen versäumter Abrechnung von Flüchtlingskosten zwischen 1,1 und 1,7 Millionen fehlen, halten viele für vorgeschoben.

In Wahrheit sei es darum gegangen, der SPD politisch eins reinzuwürgen, sagen manche. Die Ehrlicheren oder Abgebrühteren gestehen ein, dass es umgekehrt vielleicht genauso gelaufen wäre. Andere sind fassungslos, dass es Brigitte Meier wegen dieser Abrechnungen erwischt hat, die hochkomplex sind und in einem Zeitraum anfielen, in dem das Referat wegen der vielen Flüchtlinge in vielen Bereichen über der Belastungsgrenze arbeitete.

Meier hatte immer wieder den einen oder anderen Schnitzer geliefert, aber dass sie nun ausgerechnet nach ihrem besten Jahr im Amt nicht mehr antreten kann, sei bitter, sagt ein Fraktionsmitglied.

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Meier hatte in der SPD nicht nur Freunde

Auch wenn die Fraktion von der Weigerung der CSU überrascht wurde, hatte Meier in der SPD nicht nur Freunde. Es gibt Stadträte, die Meier das richtige Herz für das Referat zugestehen, ihr aber für ein Spitzenamt mit 4000 Mitarbeitern nicht das Management zutrauen. Offen sagen will das niemand, die SPD-Fraktion hat sich schon am Mittwoch selbst einen Maulkorb verpasst.

Von Misstrauen in der Fraktion ist schnell die Rede, wenn doch wer spricht. Niemand will der starken Gruppe um die bestens vernetzte Meier gerade in die Quere kommen. Fragt man nach der demonstrativen öffentlichen Zurückhaltung von Oberbürgermeister Dieter Reiter in den vergangenen Wochen, sagt nicht nur Strobl, intern bei Gesprächen mit der CSU habe sich der OB klar zu Meier bekannt.

Auch die SPD-Vorsitzende Claudia Tausend hat das in den Spitzengesprächen so wahrgenommen. Die Stimmung in der Partei sei keineswegs aufgeregt, sondern sehr diszipliniert, sagt sie. In Berlin, wo sie als Bundestagsabgeordnete während der Woche arbeitet, habe kein einziges Mitglied verärgert oder aufgeregt angerufen. Auch wenn es schwierig sei, zu verstehen, dass eine bundesweit angesehene Sozialreferentin nun auf diese Weise zum Rückzug gedrängt worden sei.

Angeblich geht die Suche nach der Nachfolge erst jetzt los

Namen für die Nachfolge wie etwa der von Arbeiterwohlfahrt-Chef Christoph Frey kursieren, aber bisher nur unter der Hand. Auch wenn es nach der Hängepartie der vergangenen Wochen nur schwer vorstellbar ist, beteuern Fraktions- und Parteispitze, dass nun erst die Suche losgehen soll. Einen konkreten Fahrplan gibt es bisher nicht. Wahrscheinlich werde der Posten ausgeschrieben, heißt es.

Klar ist nur, dass sich große Teile der Fraktion eine Frau an der Spitze des Sozialreferats wünschen würden, allerdings nur bei entsprechender Qualifikation. Der fachliche Bereich sei nur ein Kriterium, sagt Parteichefin Tausend, das zweite sei Erfahrung im Management einer Großbehörde. "Das habe ich gelernt."

Zweifel, dass Brigitte Meier trotz ihres Abschieds ihr Referat gewissenhaft bis zum 30. Juni führen wird, hat in der SPD niemand. "Sie macht das mit so viel Herzblut, sie wird voll bei der Sache sein", sagt Bürgermeisterin Strobl. Und auch für die Zeit danach hat niemand Angst um Brigitte Meier. Sie sei eine Kämpferin und berapple sich nach Niederlagen, das habe sie mehrmals bewiesen.

© SZ vom 19.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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