Rathaus-Bündnis in München:Koalitionsprinzip Hoffnung

Sabine Nallinger und Dieter Reiter, neu gewählter Münchner Oberbürgermeister, auf der SPD-Wahlparty in München, 2014

OB Dieter Reiter (SPD) und Sabine Nallinger (Grüne) suchen noch immer nach einem Koalitionspartner.

(Foto: Stephan Rumpf)

SPD und Grüne in München suchen mit zunehmender Verzweiflung einen Koalitionspartner - und setzen darauf, dass Piraten, ÖDP, Linke oder HUT ihnen doch noch entgegenkommen. Danach sieht es allerdings nicht aus.

Von Dominik Hutter

Das war's dann wohl mit dem Urlaub: Dem designierten Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) stehen anstrengende Osterwochen bevor, wenn er bis zur konstituierenden Sitzung am 2. Mai doch noch eine Stadtratsmehrheit präsentieren will. Am Montag treffen sich sowohl SPD als auch Grüne - erst getrennt, dann gemeinsam -, um nach dem Scheitern der Verhandlungen mit der ÖDP über die verfahrene Situation zu beraten.

Vier Optionen stehen noch zur Verfügung: das Prinzip der wechselnden Mehrheiten, ein mehr oder weniger enges Bündnis zwischen Rot-Grün und der CSU, eine große Koalition ohne die Grünen oder aber der Rückgriff auf eine der bereits gescheiterten Koalitionsvarianten. Für letzteres müsste sich einer der verhinderten Partner eines Besseren besinnen - wonach es derzeit nicht aussieht. "Wir sind weiterhin für alle offen", versichert Sabine Nallinger, die Oberbürgermeisterkandidatin der Grünen.

Ein Hintertürchen haben sich SPD und Grüne schon einmal geöffnet - falls die Zeit nicht ausreicht: Der noch amtierende Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) hat klären lassen, ob der Zweite und Dritte Bürgermeister unbedingt schon in der konstituierenden Sitzung gewählt werden muss. Ergebnis: Verschieben ist erlaubt. Hauptsache, der neue Oberbürgermeister und der Stadtrat werden vereidigt. Notfalls bliebe also etwas mehr Zeit, um die ersten Gespräche mit der CSU aufzunehmen - denn deren Fraktionschef Josef Schmid weilt gerade im Urlaub.

Die Fronten sind verhärtet

Einfach dürfte das nicht werden: Die Konservativen sind vergrätzt, weil SPD und Grüne sie trotz ihrer Rolle als stärkste Fraktion von der Mehrheitsbildung ausschließen wollten. Außerdem hat Schmid stets betont, keine Postenschacherei und eigentlich auch keine feste Koalition zu wollen. Ihm bliebe, wenn er nicht wortbrüchig werden will, eigentlich nur ein loses Bündnis, das sich lediglich in wesentlichen Fragen geeinigt hat. Eine große Koalition ohne Grüne wäre auch für die SPD äußerst heikel, da Reiter bei der Stichwahl auf eine Empfehlung der Öko-Partei bauen konnte.

Am einfachsten für SPD und Grüne wäre es wohl, wenn Çetin Oraner zurückziehen würde. Der für die Linke in den Stadtrat gewählte Protestsänger kommt wegen seiner Mitgliedschaft in der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) für Reiter nicht als Koalitionspartner in Frage und sorgt auch für Unruhe in der eigenen Partei. Heftige Kritik kommt vor allem aus dem Gewerkschaftsflügel, der die Linken auf dem Weg in eine ideologische Splitterpartei sieht. Ob Oraner diesem Druck standhält, ist unklar - für die SPD jedenfalls wäre nach einem Mandatsverzicht der Weg für neue Verhandlungen mit den Linken frei. Brigitte Wolf, die als Pragmatikerin geschätzte zweite Linken-Stadträtin, hält dies allerdings für eine "völlig abstruse Idee", die unvereinbar mit demokratischen Prinzipien sei. "Die Mandate gehören nicht den Parteien", erklärte sie am Sonntag.

Unter Druck stehen derzeit auch die neu gewählten Stadträte Wolfgang Zeilnhofer-Rath (Wählergruppe Hut) und Thomas Ranft (Piraten) - wegen ihrer Fraktionsgemeinschaft mit der FDP. Beide haben ihrer Klientel einiges zu erklären, sehen sich aber auf gutem Weg. Das Bündnis stehe nicht zur Debatte, versichern Piraten-Sprecherin Lilian Dorsch und Zeilnhofer-Rath unisono. Allerdings beschäftigt sich nach SZ-Informationen bereits das städtische Rechtsamt mit dem ungleichen Trio. Denn eine Fraktionsgemeinschaft, die über diverse Privilegien bei Arbeitsausstattung und Bezahlung verfügt, muss gemeinsame politische Ziele verfolgen. Das Bündnispapier ist jedoch so allgemein gehalten, dass daran erhebliche Zweifel bestehen. Sollte das Rechtsamt dazwischengehen, müsste der Pakt zur Ausschussgemeinschaft abgestuft werden. Damit verlöre er für die FDP an Attraktivität. Denn die Liberalen sind mit ihren drei Sitzen ohnehin in den Ausschüssen vertreten.

Das Verhältnis zwischen Rot-Grün und ÖDP ist nach der Enttäuschung vom Freitag schwierig - sollte man sich nochmals zusammensetzen, erwarten beide Seiten, dass der andere den ersten Schritt macht. Die Verhandlungen waren an den Modalitäten für eine Abschaltung des Kohleblocks im Kraftwerk Nord gescheitert. ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff rechtfertigte den Abbruch der Gespräche mit der prinzipiellen Bedeutung dieses Themas für seine Partei.

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