Ramersdorf/Perlach:Plan und Wirklichkeit

Die Stadtviertelpolitik fordert die kritische Überprüfung einstiger Vorhersagen zur Entwicklung rund um das Baugebiet Hochäckerstraße. Ihr Vorwurf: Die Infrastruktur hält auch wegen falscher Annahmen der Fachleute nicht Schritt mit den wachsenden Siedlungen

Von Hubert Grundner, Ramersdorf/Perlach

"Es geht darum, Fehler, die gemacht wurden, nicht zu wiederholen." Kürzer als in seinen eigenen Worten, lässt sich der Antrag kaum begründen, den der Vorsitzende des Bezirksausschusses (BA) Ramersdorf-Perlach, Thomas Kauer (CSU), in der jüngsten Sitzung des Gremiums eingebracht hat. Ihm geht es darum, noch einmal die früheren Annahmen, die den Planungen des Baugebiets Hochäckerstraße zugrunde gelegt wurden, einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Oder anders gesagt: Was haben die verantwortlichen Planer vorausgesagt - und wie sieht dagegen die Wirklichkeit heute aus. Das interessierte auch die Kolleginnen und Kollegen: Nach einer lebhaften Diskussion und um einige Punkte ergänzt, verabschiedeten sie den Antrag dann einstimmig.

Ramersdorf/Perlach: Der Verkehr dominiert: Die Hochäckerstraße stößt an ihrem westlichen Ende auf die Salzburger Autobahn.

Der Verkehr dominiert: Die Hochäckerstraße stößt an ihrem westlichen Ende auf die Salzburger Autobahn.

(Foto: Robert Haas)

Konkret zielt die Initiative auf den Verkehr ab. Der BA erbittet nun vom Planungsreferat Auskunft, ob die Verkehrszunahme rund um das Baugebiet Hochäckerstraße den Prognosen aus der Zeit des Bebauungsplanverfahrens entspreche oder sei die Zunahme - wie von ihm erwartet - deutlich höher? Zweitens wollen die Lokalpolitiker wissen, was Planungs- und Kreisverwaltungsreferat zu unternehmen gedenken, um die jetzige Verkehrssituation rund um den Knoten Unterhachinger/Hochäcker-/Ottobrunner Straße sicherer, effizienter und weniger stauanfällig zu gestalten. Was wurde aus den früher geäußerten Absichtserklärungen, die Schulwegsicherheit und den Radverkehr im Abschnitt der Hochäckerstraße zwischen Unterhachinger und Ottobrunner Straße zu verbessern, lautet eine weitere Frage im Antrag. Wann würden die entsprechenden konkreten Planungen vorgestellt und der Bezirksausschuss beteiligt? Abschließend heißt es unter Punkt 4: Wann ist mit einer Beschlussfassung über den Bebauungsplan Schmidbauerstraße zu rechnen?

Ramersdorf/Perlach: Im Osten des neuen Quartiers ist es die Ottobrunner Straße, die an die Grenzen ihrer Kapazität angelangt ist.

Im Osten des neuen Quartiers ist es die Ottobrunner Straße, die an die Grenzen ihrer Kapazität angelangt ist.

(Foto: Robert Haas)

Ihre Erwartung, auf diese Fragen auch Antworten zu bekommen, begründen die BA-Mitglieder mit einem Verweis auf das Quartier Hochäckerstraße: Nachdem dieses inzwischen weitgehend bezogen sei, zeige sich gerade zu den Stoßzeiten eine zunehmend problematische Verkehrssituation. Unter anderem komme es zu erheblichen Rückstaus an der Einmündung der Unterhachinger in die Ottobrunner Straße. In den morgendlichen Hauptverkehrszeiten stauten sich die Autos bisweilen zurück bis zur Fasangartenstraße. Der Radverkehr wiederum verlaufe in der Hochäckerstraße zwischen Unterhachinger und Ottobrunner Straße oft ungeordnet und unübersichtlich. Damit nicht genug: "Der Pfanzeltplatz im weiteren Verlauf hat sich zu einem Verkehrsmoloch entwickelt", kritisiert der BA die jetzigen Verhältnisse.

Ramersdorf/Perlach: Die Neubauten sind inzwischen weitgehend bezogen.

Die Neubauten sind inzwischen weitgehend bezogen.

(Foto: Robert Haas)

Nicht zuletzt deshalb erinnern die Lokalpolitiker daran, dass es bereits zu Beginn der Bauleitplanung mahnende Stimmen in ihren Reihen gab, die genau solche Szenarien vorhergesagt hätten. "Damals wurde jedoch, wie so häufig, darauf verwiesen, dass der Mehrverkehr im bestehenden Straßennetz abzuwickeln sei. Stattdessen wurden immer wieder punktuelle Verbesserungen in Aussicht gestellt, von denen bis heute allerdings keine einzige umgesetzt ist", moniert der BA in seinem Antrag. Die jetzige Situation sei für die "alten" Bewohner Perlachs jedenfalls ebenso unbefriedigend wie für die Neuzugezogenen aus dem Quartier Hochäckerstraße. Es sei daher dringend angezeigt, auf Basis verlässlicher Planungen - Stichwort: Bebauungsplan Schmidbauerstraße - Verbesserungen in Angriff zu nehmen. Der BA zählt dazu unter anderem optimierte Ampelschaltungen, zusätzliche Abbiegespuren, Kreuzungsumbauten und Neuführungen von Radwegen.

Ramersdorf/Perlach: Der Verkehr ist auch aufgrund des Zuzugs angestiegen.

Der Verkehr ist auch aufgrund des Zuzugs angestiegen.

(Foto: Robert Haas)

Im Verlauf einer recht lebhaften und teils auch kontroversen Debatte wurde dieser Antrag dann noch ergänzt. So wurde von Wolfgang Thalmeir (CSU) gefordert, dass das ursprünglich mit der Verkehrsplanung betraute Büro den Auftrag erhält, seine Prämissen zu verifizieren. Vereinfacht gesagt, geht es dabei um die Frage: Erweisen sich die Grundannahmen der Planer auch noch in der späteren Praxis als richtig? Astrid Schweizer (SPD) wiederum verlangte zusätzlich Auskunft, wie es um die Schul- und Kita-Versorgung im Quartier bestellt ist. Christian Smolka (Grüne) schließlich lenkte den Blick auf die Brücken an der Hochäcker- und der Peralohstraße, zwei gerade für Radfahrer gefährliche Engstellen. Er wollte von der Verwaltungs wissen, welche Verbesserungen hier angestrebt würden.

Der Forderung der Grünen, den Antrag um diesen Punkt zu erweitern, folgte eine Mehrheit im BA noch. Dagegen erteilte sie ihnen eine klare Absage für den Wunsch, zusätzlich die Einführung von Mobilitätsstationen und sogenannten Quartiersboxen prüfen zu lassen. Dies, so die Meinung in den anderen Fraktionen, würde den Antrag überfrachten und ihn zugleich seiner klaren Stoßrichtung berauben.

"Wir erleben, dass ein Baugebiet nach dem anderen realisiert wird, ohne dass die Infrastruktur mitwächst", hatte der Vorsitzende Kauer schon etwas früher in der Debatte angemerkt. Es gehe auch nicht unbedingt nur um das Baugebiet Hochäckerstraße, und auch der Verkehr stelle dort nicht das einzige Problem dar. Doch wenn man sich erinnere, wie damals das neue Quartier in höchsten Töne angepriesen wurde und wie kläglich die Realität heute dagegen aussehe, so Kauer, sei es längst überfällig, die Grundannahmen der Planer endlich einmal darauf zu prüfen, ob sie sich denn in der Gegenwart bewahrheiten. Dies sei schon deshalb notwendig, weil zum Beispiel mit dem Piederstorfer-Areal und dem Siemens-Parkplatz am Otto-Hahn-Ring die nächsten Bauprojekte bevorstehen. Vor allem aber habe es man dann oft wieder mit den gleichen Planungsbüros zu tun, erinnerte Wolfgang Thalmeir.

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