Ramersdorf/Perlach:Zwischen Tür und Angel

Weil das Kulturhaus am Hanns-Seidel-Platz abgerissen wird, muss der Trägerverein den Standort an die Albert-Schweitzer-Straße verlagern. Ebenso steht dem Festspielhaus an der Quiddestraße ein Umzug bevor. Und der Kulturkreis Ramersdorf sieht sich vor einer ungewissen Zukunft

Von Hubert Grundner, Ramersdorf/Perlach

Die Liebhaber von Theater, Musik und bildender Kunst gehen im Stadtbezirk Ramersdorf-Perlach schwierigen Zeiten entgegen. Der Grund dafür ist die Bebauung des Hanns-Seidel-Platzes, die ihre Schatten vorauswirft: Im neuen Jahr, ein genauer Termin ist noch immer nicht bekannt, wird das Kulturhaus abgerissen. Wann aber an der Stelle das kulturelle Bürgerzentrum realisiert wird, steht in den Sternen. Dabei rechnet kaum jemand, der mit der Sache vertraut ist, mit einer Wartezeit von weniger als acht bis zehn Jahren.

Lunatico Cymbeline Theaterzelt Theatron Ostpark Festspielhaus Neuperlach 2017

Verdienter Applaus: Festspielhaus und Pepper-Theater prägen das kulturelle Leben im Stadtbezirk mit. Jetzt aber stehen Umbrüche bevor.

(Foto: OH)

Am meisten betroffen davon ist der Trägerverein Kulturbunt, der das Kulturhaus und das Pepper-Theater betreibt. Wie Geschäftsführerin Bahar Auer erklärt, könne man bis Ende April am Hanns-Seidel-Platz bleiben. Bis dahin stehe auch das Programm, was schwierig war, da man ursprünglich schon im Sommer die Zelte hätte abbrechen sollen. Jetzt aber heißt es, "aus diesem Provisorium aus- und ins nächste einziehen", so Auer. Ziel ist das Gebäude Albert-Schweitzer-Straße 62. Dort, im ersten Stock, erhält das Kulturhaus eine 150 Quadratmeter große Veranstaltungsfläche mit 130 bestuhlten Plätzen sowie einen Nebenraum. Allerdings dauert der notwendige Umbau länger, sodass der Betrieb im Sommer noch einmal unterbrochen werden muss. "Eine Lücke von drei Monaten haben wir auf jeden Fall", sagt Bahar Auer. Und Ulrich Knauer, der Schatzmeister von Kulturbunt, ergänzt: "Wir haben noch keinen Mietvertrag und wissen von daher auch noch nicht, was genau uns dort erwartet."

Probe für das Theaterstück "Tod und Teufel" in München, 2017

Schauspieler des Theaterkollektivs "Tod und Teufel" während einer Probe

(Foto: Florian Peljak)

Gemeint sind damit etwa zeitliche Einschränkungen am neuen Standort wegen der Nachbarn oder räumliche Begrenzungen wegen der niedrigeren Raumhöhe. Trotzdem will Knauer nicht jammern: "Wir sind es gewohnt, Kultur unter schwierigen Umständen zu veranstalten." Im Gegenteil, er und Auer freuen sich darauf, neue Konzepte zu erproben und neue Partner kennenzulernen. Wenigstens ist vom erzwungenen Umzug das Pepper-Theater im Pep-Einkaufszentrum nicht betroffen. Theater-Vorstellungen, Kunst- und Tanz-Performances finden in dem Kellerraum auch 2018 wie gewohnt statt. Das Programm für das nächste Jahr sei fast schon durchgeplant, sagt Bahar Auer.

Ramersdorf/Perlach: Bahar Auer, Geschäftsführerin bei Kulturbunt, ist von den bevorstehenden Umbrüchen betroffen.

Bahar Auer, Geschäftsführerin bei Kulturbunt, ist von den bevorstehenden Umbrüchen betroffen.

(Foto: Catherina Hess)

Szenenwechsel an die Quiddestraße: Gerade ist im Festspielhaus für eine Schul-Vorstellung von "Rapunzel" der Vorhang gefallen. Es ist eine von insgesamt 17 Aufführungen, und alle sind ausverkauft. Geschäftsführer Helmut von Ahnen müsste eigentlich rundum zufrieden sein. Stattdessen sagt er: "Das zentrale Problem all unserer Planungen ist die Unsicherheit."

Das einzige, was er sicher wisse, sei, dass das Festspielhaus den Standort an der Quiddestraße bis zum 30. September räumen muss. Wo und wie es danach mit dem Schauspielensemble weitergeht, soll sich in Kürze entscheiden. Die Stadt, so von Ahnen, arbeite mit Hochdruck an einer Lösung, ein neuer Standort zeichne sich ab. Genaueres lasse sich wegen der Verhandlungen noch nicht sagen, allenfalls nur, dass es wieder ein Provisorium wird. Vermutlich wieder ein langlebiges. Zuvor läuft aber noch das Programm im Festspielhaus bis März. Länger lasse sich nicht planen, da man den Umzugstermin nicht kenne. Wenn der nun mit den Anfang Juli geplanten Aufführungen von Shakespeares "Sommernachtstraum" im Ostpark-Theatron kollidieren würde, wäre das für den Festspielhaus-Chef "das Schlimmste". Vielleicht geht aber ja alles gut und von Ahnens Wunsch für 2018 in Erfüllung: "Im nächsten Winter wollen wir wieder ein Märchen spielen - wo auch immer."

Besonderen Herausforderungen könnte sich bald auch der Kulturkreis Ramersdorf-Perlach gegenübersehen: Diese große Institution des kulturellen Lebens im Stadtbezirk 16 muss um seine Spielstätte, die Mensa des Schulzentrums an der Quiddestraße, bangen. Zwar wusste man schon seit Längerem, dass diese saniert werden muss. Nun aber will laut Vereinsvorsitzendem Erwin Bohlig das Referat für Bildung und Sport Ende 2019 erneut prüfen, ob der finanzielle Aufwand einer Sanierung das Ergebnis rechtfertigt. Oder ob man nicht besser gleich die Mensa abreißt und durch einen Neubau ersetzt. "Das wäre schlimm für uns, das würde Jahre dauern. Da wäre ich dann über 70, das hieße letztlich, wir hören auf", reagiert Bohlig entsetzt auf ein solches Gedankenspiel. Für den Kulturkreis, der derzeit 630 Mitglieder zählt und dem außerdem der VdK Ramersdorf sowie der DJK Sportbund München Ost als korporative Mitglieder angehören, würde das vermutlich das Aus bedeuten. Eine Sorge, die Bohlig im Übrigen bereits Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) mitgeteilt hat. Der vielleicht notwendige Abriss und Neubau der Mensa würde aber nicht nur den Verein treffen, sondern die Kulturszene ganz allgemein: Auf Jahre hinaus stünde im Münchner Osten kein Veranstaltungsort mehr bereit mit Platz für rund 500 Besucher. Auftritte erstklassiger Kabarettisten wie Claus von Wagner, Erwin Pelzig oder Simone Solga, die 2018 - vor bereits ausverkauftem Haus - noch stattfinden, müssen sich die Ramersdorfer und Perlacher in Zukunft wohl abschminken.

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