Ramersdorf/Perlach:Entscheidungen auf Sicht

Per Videoschalte bringen die Lokalpolitiker auf den Weg, was eilig ist. Großprojekte wollen sie aber im Plenum besprechen

Von Hubert Grundner, Ramersdorf/Perlach

Das öffentliche Leben ist wegen des Coronavirus weitgehend zum Erliegen gekommen: Leere Straßen, verwaiste Großraumbüros, geschlossene Theater und Museen, versperrte Kindergärten, Schulen und Universitäten zeugen von der lähmenden Wirkung der Pandemie. Ohne sie und ohne die ihretwegen erlassenen Ausgangsbeschränkungen hätte der Bezirksausschuss (BA) Ramersdorf-Perlach jetzt im Saal der katholischen Pfarrgemeinde Christus Erlöser getagt. So aber, in Corona-Zeiten, wurde daraus eine Videoschalte der Fraktionssprecher und des BA-Vorsitzenden Thomas Kauer (CSU).

Kauers Schilderung zufolge ging man gemeinsam die Tagesordnung durch und besprach, welche Punkte aktuell dringlich sind. Bürgeranliegen wie Vandalismus an Bäumen im Grünzug im Gefilde oder verschmutzte Straßen wurden gleich an die Verwaltung weitergeleitet. Für die zahlreichen Baufälle hatte der Unterausschuss Bauvorhaben, Stadtplanung und Bürgerbeteiligung wertvolle Vorarbeit geleistet, ebenfalls per Videokonferenz.

Als nicht geeignet für diese Form der Besprechung erschienen den Fraktionen laut Kauer übereinstimmend "echte" Großprojekte: So hat der Bezirksausschuss die Behandlung des verkehrlichen Grundsatzbeschlusses für den Münchner Südosten ebenso vertagt wie auch den Bebauungsplan Schmidbauerstraße. Für beide Vorhaben wurde laut Kauer eine Fristverlängerung beantragt. Der Bebauungsplan soll ebenso wie das Vorhaben des Schulneubaus am Karl-Marx-Ring zuerst den Stadtviertelvertretern vorgestellt werden. Zu viele Fragen, von verkehrlicher Erschließung bis Baumschutz, blieben nach Ansicht der Lokalpolitiker offen und sollen geklärt werden, sobald reguläre BA-Sitzungen wieder möglich sind.

Sämtliche Beschlüsse des Gremiums werden nun in Form von Eilentscheidungen des Vorsitzenden auf den Weg gebracht. Diese Satzungsklausel ermöglicht derzeit einen gangbaren Weg. BA-Vorsitzender Thomas Kauer sagt dazu: "Mir ist aber wichtig, das Gremium auch unter diesen Rahmenbedingungen so weit als möglich einzubinden. Die Videokonferenz hat gut funktioniert. Wir werden so weiter arbeiten, bis wir wieder regulär tagen können." Er dankte den Fraktionen und Unterausschüssen, die ebenfalls neue Wege der Abstimmung gehen würden.

Nicht entschieden werden darf in dieser Form aber über Anträge an das Stadtbezirksbudget - sprich Zuschussanträge - und Entscheidungsfälle wie den barrierefreien Ausbau von Bushaltestellen. Sie ruhen derzeit oder werden vertagt. Für derartige Entscheidungen hat der Stadtrat jüngst die Möglichkeit eines Feriensenats eröffnet, der ausnahmsweise am 29. April tagen könnte. Der Bezirksausschuss Ramersdorf-Perlach halte sich, wie sein Vorsitzender erklärte, diese Option derzeit offen und wolle nach den Osterfeiertagen das weitere Vorgehen beratschlagen.

Ihren Schatten wirft die Corona-Krise auch auf die konstituierende Sitzung des Bezirksausschusses. Sie ist derzeit für Mittwoch, 6. Mai, geplant. Ob und wie sie stattfinden kann, wird sich nach Kauers Einschätzung erst noch zeigen. Der aktuelle Tagungsort am Rand des Theodor-Heuss-Platzes würde den Anforderungen an das Sitzen in großzügigem Abstand jedenfalls nicht genügen. "Wir fahren da ganz klar auf Sicht. Nach den Osterferien werden wir mehr wissen. Gesundheit hat in jedem Fall absolute Priorität", sagt Kauer.

Er sieht in diesem Zusammenhang auch Ergänzungsbedarf in der Satzung und Geschäftsordnung der Bezirksausschüsse. Die jetzige Situation zeige, dass man nicht ausreichend vorbereitet sei. Videokonferenzen, Umlaufbeschlüsse oder auch die Möglichkeit für kleinere Hilfsverfügungen aus dem Stadtbezirksbudget seien nicht berücksichtigt. Nach Ende der Krise werde man sich damit vertieft beschäftigen müssen, fordert der BA-Vorsitzende.

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