Ramersdorf:Enttäuschte Nachbarn

Die GWG plant an der Bad-Schachener-Straße trotz heftigen Widerspruchs nach wie vor einen viergeschossigen Neubau

Von Hubert Grundner, Ramersdorf

Wie weit trägt der Begriff der Bürgerbeteiligung in der Praxis, vor allem in der rechtlichen Praxis? Wolfgang Thalmeir (CSU) stellte diese Frage in der jüngsten Sitzung des Bezirksausschusses Ramersdorf-Perlach, um sie dann gleich selbst zu beantworten: "Was das, rechtlich betrachtet, überhaupt bedeutet, weiß im Grunde niemand." Den Anlass für seinen kritischen Zwischenruf lieferte dem Vorsitzenden des Unterausschusses Bauvorhaben, Stadtplanung und Bürgerbeteiligung, der von Beruf Anwalt ist, die aktuelle Diskussion über den ersten Bauabschnitt der Siedlung an der Haldenseestraße.

Konkret geht es um den Abriss und Neubau des Anwesens Bad-Schachener-Straße 44-66. Vor der Realisierung hatten die Anwohner Gelegenheit, Kritik und Wünsche zu äußern - weshalb Thalmeir den Bauherrn GWG und die Lokalbaukommission (LBK) für diese Form der Bürgerbeteiligung lobte. Oder sollte es sich dabei doch bloß um eine Bürgerinformation gehandelt haben, wie er zweifelnd nachschob. Anders gesagt: Inwieweit sind die Vorschläge aus der Bürgerschaft tatsächlich bindend für GWG und Genehmigungsbehörde?

Nachbarn in der Heimstättensiedlung und Vertreter der Schutzgemeinschaft Ramersdorf machten im BA jedenfalls ihrem Unmut vernehmbar Luft. Aus ihrer Sicht sind wesentliche Forderungen nicht erfüllt. So will die GWG nach wie vor an der Bad-Schachener-Straße viergeschossig bauen. Einen Antrag der CSU-Fraktion auf maximal drei Vollgeschosse plus Satteldach hat jetzt auch der Bezirksausschuss auf Empfehlung des Unterausschusses abgelehnt.

Mehr Zustimmung in der Heimstättensiedlung dürften die anderen Punkte des BA-Beschlusses gefunden haben. So fordert das Gremium den größtmöglichen Erhalt der Grünflächen und Bäume. Außerdem wollen die Mitglieder erneut bei der LBK förmlich anfragen, ob nicht doch über einen Bebauungsplan ein besserer Schutz der Heimstättensiedlung erreicht werden könnte. Immerhin habe der Stadtrat bereits die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen. Überhaupt fänden es Bürger und Lokalpolitiker ziemlich unverständlich, weshalb der Stadtrat erst einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan fasst, der dann von GWG und LBK ignoriert oder umgangen wird, indem das Projekt nach Paragraf 34 Baugesetzbuch genehmigt wird. Schließlich wurde der Beschluss noch um einen fünften Punkt ergänzt: Die Stadt solle die Heimstättensiedlung als Testobjekt für die sogenannten Rahmenlinienpläne heranziehen; damit sollen nicht zuletzt die Gartenstädte vor übermäßiger Nachverdichtung geschützt werden.

Offenbar haben Vertreter der Lokalbaukommission bei einem Ortstermin die Nachbarn aus der Wemdinger Straße sowie Mitglieder von Bezirksausschuss und Schutzgemeinschaft Ramersdorf zu beruhigen versucht. Der viergeschossige Neubau an der Bad-Schachener-Straße werde keinen Bezugsfall schaffen. So jedenfalls wollte Marina Achhammer (SPD) die LBK verstanden haben. Wolfgang Thalmeir hingegen konnte dieser Aussage wenig abgewinnen: Letztlich werden die Gerichte und nicht die LBK entscheiden, ob es zu einer Nachverdichtung in der Siedlung kommt. Auch Peter Wimmer (CSU) zeigte sich enttäuscht davon, dass der Antrag seiner Fraktion für eine dreigeschossige Bebauung keine Mehrheit gefunden hatte und sieht langfristig die Heimstättensiedlung in Gefahr.

Guido Bucholtz (Grüne) verteidigte dagegen die Planungen für ein viergeschossiges Bauwerk; der Verzicht auf ein Geschoss hätte ungefähr 25 Prozent Verlust an Wohnfläche bedeutet. Ähnlich argumentierte Marina Achhammer (SPD): Die GWG konnte angesichts der Wohnungen, die benötigt werden, an dieser Stelle keinen Kompromiss eingehen. Zumal sie den Nachbarn schon etliche Zugeständnisse gemacht und deren Anregungen aufgegriffen habe. "Am Schluss muss jemand entscheiden, der dann auch die Verantwortung trägt", kommentierte Josef Kress-del Bondio (SPD). Auch er hatte zum Begriff Bürgerbeteiligung noch Grundsätzliches anzumerken: Es könne nicht sein, dass man nur dann von Bürgerbeteiligung sprechen könne, wenn einem Teil der Bürgerschaft zu einhundert Prozent entsprochen werde.

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