Radverkehr:Auf der Suche nach der Grünen Welle

Ampelschaltung

Wie die optimale Ampelschaltung für Radfahrer am Baldeplatz aussehen könnte, ist Teil einer Untersuchung der Bundeswehruniversität in Neubiberg.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Freie Fahrt für Radfahrer würde den umweltfreundlichen Verkehr in der Stadt fördern. Wie das funktionieren kann, erforschen gerade verschiedene Projektgruppen. Doch die richtige Ampelschaltung ist kompliziert.

Von Andreas Schubert

Ampeln sind für viele Radler nichts als eine unverbindliche Empfehlung. Und diejenigen, die sich an die Verkehrsregeln halten und bei Rot tatsächlich stehen bleiben, ärgern sich oft, dass sie dies an fast jeder Kreuzung tun müssen. Schon für den Autoverkehr ist es schwierig, eine Grüne Welle einzurichten, bei Radlern ist es erst recht eine Herausforderung. Deshalb beschäftigen sich mittlerweile gleich mehrere Forschergruppen damit, wie sich die freie Fahrt für den Radverkehr realisieren ließe.

Mustafa Erciyas ist einer dieser Experten, er promoviert an der Bundeswehruniversität in Neubiberg über das Thema "Umweltfreundliche Verkehrssteuerung - Grüne Welle für Radfahrer". Im Juli hat er mehrere Probanden die Strecke zwischen dem Baldeplatz und der Paul-Heyse-Unterführung mehrmals abfahren lassen, die Ampeln wurden an vier Tagen unterschiedlich geschaltet. Die Auswertung will Erciyas bis zum Herbst abgeschlossen haben. So viel kann der Verkehrsingenieur schon sagen: "Es gibt keine perfekte Welle."

Das hat mehrere Gründe: Die rund 2,3 Kilometer lange Strecke führt über die Kapuziner- und Herzog-Heinrich-Straße zur Paul-Heyse-Straße. Und was diese Route für eine Grüne Welle anspruchsvoll macht, sind die verschiedenen Gegebenheiten für Radfahrer. Die sind je nach Richtung unterschiedlich. Bauliche Radwege wechseln sich mit Radstreifen auf der Fahrbahn ab. Unterschiedliche Voraussetzungen haben laut Erciyas auch einen Einfluss darauf, wie ein Radfahrer vorwärts kommt. Dann sind da natürlich auch noch Hindernisse wie falsch geparkte Autos zu berücksichtigen sowie das Tempo, das ein Radler von sich aus fährt.

Bei Autos ist das anders: Sie fahren normalerweise so schnell, wie sie gerade dürfen, also 30 oder 50 in der Stadt. Ob für sie die Grüne Welle funktioniert, hängt nur davon ab, ob gerade viel oder wenig Verkehr ist. Erciyas hat herausgefunden: Der ideale Abstand zwischen Knotenpunkten, also Ampeln, beträgt für Autofahrer bei Tempo 50 und Umlaufzeiten, also Ampelphasen, von 90 Sekunden 625 Meter. Der beste Knotenpunktabstand für Radfahrer liegt bei gleicher Umlaufzeit und Tempo 20 bei 250 Metern. Schaut man sich nun die Abstände zwischen den Ampeln im Innenstadtbereich an, so eigneten sich diese eher für eine Radler-Grüne-Welle denn für eine freie Fahrt für Autofahrer, erklärt Erciyas. Perfekte Distanzen aber gibt es kaum. Auf der Teststrecke lagen die Ampeln zwischen 150 und 300 Meter auseinander. Außerdem räumen viele Ampelschaltungen Linienbussen eine Priorität ein - auch das gilt es zu berücksichtigen.

In der Schellingstraße haben Studierende der Technischen Universität im vergangenen Jahr auf einer Distanz von einem Kilometer eine Grüne Welle für Radler getestet, eine Zusammenfassung der Ergebnisse hat die TU online veröffentlicht. Wie die Radler vorwärts kommen, unterscheidet sich auch hier je nach Fahrtrichtung. Bei einer Grünen Welle für Radler mit Priorisierung der Linienbusse, waren die Radfahrer zwischen 8,7 und 19 Prozent schneller unterwegs als bei der sonst dort üblichen Grünen Welle für Autofahrer mit Buspriorisierung. Ohne Vorfahrt für Busse bringt die Radler-Welle sogar zwischen 25 und 30 Prozent Zeitvorteil. Der Bus dagegen ist bei der auf die Radfahrer zugeschnittenen Welle ohne Priorisierung je nach Richtung 9,8 bis 21 Prozent langsamer.

Vorausgesetzt, die Radler sind mit rund 20 Kilometern pro Stunde unterwegs, dann klappt die Grüne Welle weitgehend. Allerdings bremsten auch in der Schellingstraße die üblichen Hindernisse wie parkende Autos die Radfahrer aus. Weil sie oft nur langsam vorankamen, konnten sie die Welle nicht nutzen. Daher gaben bei einer anschließenden Befragung auch viele an, dass sie keine Verbesserung bemerkt haben.

Zur SZ-Startseite
Radfahrer

Verkehrsplanung
:Nur das Fahrrad kann den Stau-Kollaps abwenden

Elektroautos und besserer öffentlicher Nahverkehr sind nicht die Lösung für schmutzige und überfüllte Städte. Es ist das Fahrrad. Doch es fehlt an Investitionen in die Infrastruktur.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: