Radverkehr:Bremse: Check!

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Die Mitarbeiter der Initiative Radlhauptstadt checken Fahrräder kostenlos. Größere Reparaturen müssen allerdings Fachwerkstätten erledigen. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die Initiative Radlhauptstadt München untersucht mehrmals im Jahr kostenlos Fahrräder auf deren Sicherheit. Am Wochenende haben sich die Prüfer vor allem Lastenräder vorgenommen

Von Stephan Handel

Links und rechts und vorne und hinten brausen die Radfahrer über den Odeonsplatz in fröhlicher Anarchie, mittendrin steht Jens Nockenberg und macht sich die Hände schmutzig. Über sich hat er einen Pavillon gegen die Sonne, vor sich einen Kasten mit Schraubenziehern, Gabelschlüsseln, eine Ölkanne, eisernes Kleinzeug und diverse Luftpumpen. Damit soll Nockenberg helfen, den Radverkehr in der Stadt sicherer zu machen - nicht im Sinne der Straßenverkehrsordnung, da hätte er viel zu tun. Sondern in allem, was die technische Ausstattung der Fahrräder betrifft.

Den Pavillon und die Werkzeugkästen hat der Verein Green City auf den Odeonsplatz geschafft, genauer gesagt die Initiative "Radlhauptstadt", die die Organisation zusammen mit der Stadt betreibt. Heute ist wieder einmal "Radl-Check" - an die 50 solche Termine pro Jahr bietet die Initiative, auf dass jeder Radler sein Gefährt schnell und vor allem kostenlos auf die Fahrsicherheit überprüfen lassen kann.

"Ist gerade Mittagsloch", murmelt Nockenberg. Bevor sich das Loch auftat, da standen die Radler fast bis zum Hofgarten-Eingang - rund 120 Fahrräder überprüfen Nockenberg und seine beiden Kollegen an einem Tag von 12 bis 18 Uhr. Heute soll es um den Schwerpunkt "Lastenrad" gehen, aber es liegt nicht nur an der Flaute zur Mittagszeit, dass von diesem Schwerpunkt momentan noch nicht sehr viel zu bemerken ist - die meisten Kunden kommen mit ganz normalen Rädern zum Check.

Nockenberg weiß trotzdem, worauf es ankommt, wenn ein Rad nicht nur den Radler, sondern zusätzliche Tonnage transportieren soll: Das Wichtigste sind die Bremsen, denn je mehr Masse verlangsamt werden soll, desto kräftiger müssen diese zupacken. "Auf jeden Fall Scheibenbremsen", sagt Nockenberg - und straft sich selber gleich Lügen, denn das Green-City-Lastenradl, dessen Transportkiste vollgeladen ist mit Prospekten zum Mitnehmen, verfügt nur über Trommelbremsen. Wenigstens weiß der Fachmann, warum die nicht so günstig sind: Die Bremswirkung ist lange nicht so stark wie bei einer Scheibenbremse, eine richtige Vollbremsung geht mit einer Trommelbremse eigentlich gar nicht.

Kinder sind natürlich auch eine Last - zumindest, wenn sie noch nicht selbst radeln können und die Eltern sich für sie mit abstrampeln. Da rät Jens Nockenberg eher zu den Modellen, bei denen die Kinder vor dem Lenker sitzen. Das hat gegenüber Anhängern zum einen den Vorteil, dass die Kleinen sehen, wo es hingeht, zum anderen haben die Eltern sie immer im Blick. Und natürlich: Anschnallen ist Pflicht, die Tochter einfach nur in die Kiste zu setzen, in der sonst der Bierträger transportiert wird, kann lebensgefährlich sein.

Nockenberg ist gerade mit der Schule fertig geworden und verdient ein bisschen Geld mit dem Job beim Radl-Check. Beigebracht hat er sich das Meiste selbst - das muss er auch: Fünf Räder hat er zu Hause, drei Mountainbikes, eines für Touren und eins zum Stadtradeln, der Fuhrpark seiner Familie beläuft sich auf 20 Fahrräder. Die Checkliste, nach der er am Odeonsplatz vorgeht, hat er im Kopf: Bremsen, Licht, Allgemeinzustand, Bereifung. Die wenigsten wissen, dass ein Fahrradreifen sehr viel mehr Luftdruck braucht als einer am Auto, dieser begnügt sich mit etwa zwei Bar, Rennräder brauchen bis zu acht Bar und mehr. Repariert wird nicht beim Radl-Check, mit größeren Mängeln wird der Radler in die Fachwerkstatt geschickt.

So wie die Kundin, die Nockenbergs Kollegin gerade verarztet: Bei ihrem Rad sind die Bremsbeläge nicht richtig eingestellt, so dass sie mehr Luft greifen als Felge. Keine große Sache, das könnte die Schrauberin schnell erledigen. Allerdings muss sie der Kundin erst einmal erklären, was ein Bremsbelag eigentlich ist. Wer als Radler in München unterwegs ist, könnte diesen Eindruck öfter gewinnen: dass viele Mit-Radler nicht wissen, was eine Bremse ist.

© SZ vom 20.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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