Radschnellweg:Platz da, die Radler kommen

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Neun Kilometer, 32 Minuten, "bisher beispiellos": Das Planungsreferat empfiehlt einen direkten Schnellweg von der City an den nördlichen Stadtrand, obwohl dafür 840 Parkplätze entfallen müssten

Von Stefan Mühleisen, München

Wenn es nach dem Planungsreferat ginge, dann würden wohl schon bald die Arbeiter anrücken, um den ersten Münchner Radschnellweg quer durch die Stadt zu pflügen. Die Behörde ist ein begeisterter Verfechter einer solchen Expressroute von der City via Ludwig- und Leopoldstraße bis zur nördlichen Stadtgrenze, wie in einem Beschlussentwurf für den Stadtrat deutlich wird. Die Verwaltung stellt darin die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie für diese 9,1 Kilometer lange Trasse vor - und legt ein klares Bekenntnis ab. Von einem "Vorzeigeprojekt im nationalen und internationalen Maßstab" ist die Rede sowie von einer Radschnellverbindung, die "in diesem Maßstab und derartiger Qualität bisher beispiellos" sei.

Allerdings wäre es auch, zumindest in München, ohne Beispiel, in welchem Ausmaß Parkplätze dem Radschnellweg zum Opfer fallen: 840 Stellplätze an den Straßenrändern sollen zugunsten der Velo-Trasse weichen, hat ein Verkehrsplanungsbüro ausgerechnet. Und die Ausführungen der Behörde dazu, wie und ob man überhaupt diesen Wegfall kompensieren soll, dürfte vor allem die CSU-Fraktion im Stadtrat nicht begeistert stimmen.

Bereits im Herbst 2018 war die Präferenz des privaten Planungsbüros für jene Strecken-Variante bekannt geworden, die nun auch die städtischen Planer für die beste halten: Der Korridor verläuft vom Stachus über Maximiliansplatz und Brienner Straße zum Odeonsplatz; sodann nahezu geradlinig durch Ludwig-, Leopold- und Ingolstädter Straße zur Stadtgrenze. Dort sollen Radler übergangslos weitersausen können, auf einem angedockten, vom Kreistag des Landkreises München bereits beschlossenen Radschnellweg nach Unterschleißheim und zum TU-Campus Garching.

Die anderen Varianten des Münchner Teilstücks - quer durch Westschwabing, etwa durch Teng- oder Arcisstraße über eine ehemalige Tramtrasse am Luitpoldpark - wurden verworfen; die ausgewählte Trasse schneidet nach einem Kriterienkatalog von 15 Punkten am besten ab. Die Strecke hat sich als direkteste und kürzeste Verbindung erwiesen. Bei Tempo 20 soll sie in 32 Minuten bewältigbar sein, wobei 303 Sekunden "Verlustzeit" an den Kreuzungen anfielen. Auf den anderen Routen geht es gebremster voran, indes diese zwar billiger zu haben sind - die Favoriten-Variante also teurer ist, aber am Ende günstiger kommt: Der Radschnellweg soll nämlich "in der höchsten Qualitätsstufe" entstehen, das heißt: drei Meter breite Radlspuren pro Richtung. Und eben diese Mindestbreite nennt das Bundesverkehrsministerium, um Fördergelder abrufen zu können; ferner besteht dem Papier zufolge die Möglichkeit, einen Fördertopf des Freistaates zur Luftreinhaltung anzuzapfen - sodass sich in der Summe ein Förderanteil von bis zu 75 Prozent der Gesamtkosten ergebe. Die liegen nach Schätzung des Gutachterbüros bei 24 Millionen Euro.

Abseits der Subvention gilt als Vorteil der Trasse: Sie verläuft entlang wichtiger Bus- und Tramverbindungen sowie der U-Bahn-Linien U 2, U 3 und U 6. Zudem könnte man auf mehr als der Hälfte der Strecke die Gehwege verbreitern, wobei dem fließenden Autoverkehr keine Fahrspuren abgezwackt werden müssen - die Route geht demnach planerisch voll zulasten des ruhenden Verkehrs, sprich: Dort, wo jetzt noch Autos parken, sollen Radler freie Bahn haben - was wohl der politische Knackpunkt sein wird.

Die CSU hatte zuletzt signalisiert, den enormen Stellplatz-Verlust zu akzeptieren, wenn entlang der Strecke Tiefgaragen gebaut werden. Doch das ist nach Einschätzung des Planungsreferats nicht möglich, da dort die U-Bahnlinie U 6 verläuft, überdies im Bereich der Trasse keine städtischen Flächen verfügbar seien. "Zum jetzigen Zeitpunkt ist daher keine Kompensation möglich", heißt es in dem Papier. Man werde sich aber um Lösungen bemühen, etwa private Eigentümer ermutigen, Garagen für die Allgemeinheit zu öffnen. Im Übrigen merkt die Behörde an: "Die Umgestaltung der Sendlinger Straße zeigt beispielhaft, dass ein Entfall von 120 Stellplätzen auf lediglich 300 Metern Länge möglich ist."

Der Stadtplanungsausschuss soll sich in seiner Sitzung am 18. Juli mit der Vorlage befassen.

© SZ vom 04.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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