Radlnacht in München:München rollt

Bereits zum zweiten Mal fand in München die Radlnacht statt. Auf dem gesperrten Altstadtring strampelten die Radler, während in der Kongresshalle eine Modenschau das perfekte Outfit dazu präsentierte.

Bilder: Catherina Hess

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Bereits zum zweiten Mal fand in München die Radlnacht statt. Auf dem gesperrten Altstadtring strampelten die Radler, während in der Kongresshalle eine Modenschau das perfekte Outfit dazu präsentierte. Es ist wohl ein gutes Gefühl, Gleicher unter Gleichen zu sein. Gleich in der Auffassung, dass Radeln Spaß macht, gesund ist und die Umwelt nicht belastet. Gleich in der Überzeugung, dass es eine Stadt wie München verdient hat, Radlhauptstadt zu sein und ein Fahrrad überhaupt ein unabdingbares Accessoire urbanen Lebens ist, wie "Radlbürgermeister" Hep Monatzeder in seiner Ansprache zur "Radl&Fashion-Show" anlässlich der zweiten Münchner Radlnacht feststellt.

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Während in der Kongresshalle auf der Theresienhöhe noch die Models in extravaganten, aber kaum fahrradtauglichen Designs über den Laufsteg staksen, versammeln sich draußen vor dem Verkehrsmuseum Gleichgesinnte, die an diesem lauen Samstagabend zu einer gemeinsamen Radltour durch die Stadt zu starten wollen - auf den Straßen, die sonst den Autos vorbehalten sind. Eine Demonstration, aber in erster Linie ein Vergnügen.

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Ein Blick in die Menge zeigt, dass Radfahren in dieser Stadt auf jeden Fall von einer sehr breiten Gesellschaftsschicht geschätzt wird: Pärchen, mit Radlhelmen im Partnerlook, Senioren auf dem E-Bike, Sportler im Rennradtrikot, Damen mit Fahrradkorb an der Lenkstange, Kinder im Anhänger, Freunde, die sich einen Spaß machen wollen und auch Radlclubs, wie beispielsweise die "Cruiser Freunde". Diese haben sich ihre Fahrräder im Stil amerikanischer Motorräder zusammengebastelt.

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Denn bei allem Gleichsinn - zumindest optisch möchte sich so mancher doch ein wenig von der Masse abheben. "Ich will auffallen", antwortet Martin, auf die Frage, warum er an der Radlnacht teilnimmt. Sein Fahrrad ist ein glänzendes Gefährt im Hiphop-Style verziert mit Glitzersteinen und puschligen Fellwürfeln. Sein Cruiser-Kollege Franz sieht mit seinem Stars-and-Stripes-Shirt und dem Kopftuch auf seinem Radl-Chopper aus wie weiland Dennis Hopper in "Easy Rider". "Auf 08/15 hab ich keine Lust mehr", sagt der Österreicher, der noch 15 andere solcher Fahrräder in seiner Garage stehen hat.

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Distinguierter präsentiert sich Marcel, der mit einem Hochrad und einem Zylinder auf dem Kopf erschienen ist. So ein Hochrad ist nicht einfach zu fahren, schon gar nicht im Pulk. Aber Marcel hat die nötige Beinlänge, um schnell auf- oder abzusteigen. Auch Marcus fährt ein Hochrad, das allerdings gleich so hoch ist, dass der Radlfreund aus dem Westend später bei der Fahrt rund um die Altstadt alle anderen um mindestens einen Meter überragt.

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Weniger auffällig, dafür aber offiziell der Erste unter den Gleichen ist Heiner Pyhel. Er war am Nachmittag zum "Radlstar 2011" gekürt worden. Der 35-Jährige fährt viel und leidenschaftlich Fahrrad. Wenn er nach der Arbeit Lust auf ein Eis habe, fahre er beispielsweise einfach schnell mit dem Rad nach Freising. So legt Pyhel zusammengerechnet ungefähr 10000 Kilometer pro Jahr auf dem Rad zurück. Aber wenn man ehrlich ist, sagt der Radlstar, hat er den Sieg wohl doch seinem großen Freundeskreis zu verdanken, die alle für ihn gestimmt haben.

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Pyhel ist in der Radlcommunity der Stadt bestens vernetzt. So steht er auch im Bunde mit der "bike kitchen". Die Aktivisten dieser gemeinnützigen Organisation rund ums Rad sind bei der Radlnacht auch vor Ort, um die Räder der Teilnehmer auf Wunsch ein bisschen zu stylen, indem sie beispielsweise bunte Bänder um die Speichen winden. Zwischen den Speichen von Heiner Pyhels rotem Fixi-Fahrrad hängt ein buntes Zierstück, auf dem "Highner" steht.

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Über die Maßen euphorisiert wirk Pyhel indes nicht: "Ich bin kein Star." Er habe sich überhaupt nur beim vom Radiosender "Charivari" ausgetragenen Contest beworben hat, weil er eine Wette verloren hatte, von der er selbst nicht einmal mehr weiß, worum es eigentlich ging. Und jetzt weiß er nicht, was noch alles auf ihn zukommen wird. Die Kür des Radlstars wird gerade im Kreise der besonders passionierten Radlern nicht unbedingt auf die leichte Schulter genommen. Peter "Robinson" Block beispielsweise hat im Laufe eines Lebens fast ganz Europa mit dem Rad durchquert. Er sieht sich als ein Radler von Welt. Am Rande des Platzes vor dem Verkehrsmuseum zeigt er Fotos von seinen Radreisen vergangener Tage. Block ist enttäuscht, dass er nicht zum Zuge kam. Doch immerhin habe der amtierende Radlstar dem Radlveteran seine Aufwartung gemacht. "Ein feiner Zug", grummelt Block und macht sein Fahrrad langsam startklar. Denn die Radlnacht ist für ihn als "Gesellschaftsradler" ein wichtiges Ereignis.

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Um neun Uhr abends ist es soweit. Hep Monatzeder, der sich in der Rikscha chauffieren lässt, gibt den Startschuss. Geschätzte 200 Räder setzen sich in Gang, um die ansonsten von Autos viel befahrenen Straßen der Altstadt zu reklamieren. Die Straßen gehören den Radlern. Von der Theresienhöhe geht es die Schwanthalerstraße entlang zum Altstadtring. Laut johlend und jodelnd fahren die Radler in den Altstadttunnel ein. An diesem Abend wird deutlich, dass die heraufziehende Ölkrise durchaus auch ihre gute Seiten haben wird: Frischluft im Tunnel, statt dem Verkehr rauscht das Wasser des Brunnens am Stachus oder die Blätter der Pappeln entlang der Lindwurmstraße. Für eine Stunde wird dank der Radlnacht eine Stadt ohne Autos vorstellbar. Tausende Menschen versammeln sich am Straßenrand, klatschen und die Touristen am Marienplatz zücken die Kameras. Die Stimmung ist gut, sogar die Polizei beliebt zu scherzen. Ein Mann, der dem Corso auf der Sonnenstraße hinterherläuft, wird per Lautsprecherdurchsage gefragt, ob er denn sein Radl verloren habe.

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Zurück auf der Theresienwiese werden noch die Sieger unter den teilnehmenden Teams ausgelost. Auf dem ersten Platz landet das Team des Zweiradhändlers Kropfhamer, der in der Giesinger Humboldtstraße gleich mehrere Fahrradfachgeschäfte betreibt. Die meisten der teilnehmender Radler sind zu diesem Zeitpunkt bereits abgefahren und wie gewohnt unterwegs auf den Fahrradwegen der Stadt.

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