Radfahrer in München:Verlierer im Verteilungskampf

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Die Grünen und der ADFC haben viele Wünsche, was die Stadt München für Fahrradfahrer tun sollte. Doch CSU und SPD sind nur dann gesprächsbereit, wenn es nicht zulasten der Autofahrer geht.

Von Dominik Hutter

Schon das Papier ist ja bekanntlich geduldig - und geht es nach jenen vier Seiten, auf denen die Grundlagen für die schwarz-rote Zusammenarbeit im Stadtrat verzeichnet sind, sollten Münchens Radfahrer in den kommenden sechs Jahren keinen übertriebenen Ehrgeiz erwarten. Gerade einmal ein Punkt dreht sich um das Thema Fahrrad: Radwege in der Rosenheimer Straße wollen CSU und SPD bauen. Allerdings nur, wenn alle Autospuren erhalten bleiben - was in der Praxis nur funktionieren kann, wenn dafür sämtliche Parkplätze und Bäume wegkommen. Von den jährlich etwa 30 Millionen Euro für den Radverkehr, die bei den später gescheiterten Koalitionsgesprächen der SPD mit Grünen und ÖDP schon einmal im Raum standen, ist längst keine Rede mehr.

Dennoch solle es weitergehen mit der Förderung des Velo-Verkehrs, versichert CSU-Fraktionschef Hans Podiuk. Neue Radwege, etwa auf der Route Hauptbahnhof-Laim-Pasing, würden gebaut. Was Podiuk aber nicht will, ist die in manchen Kreisen so beliebte Einteilung in gute und schlechte Verkehrsteilnehmer. "Es soll nicht immer zulasten der anderen gehen." Ja zu mehr Platz für Radfahrer, soll das heißen, aber eben nur, wenn dafür nicht die Autofahrer bluten müssen.

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Dies freilich dürfte schwierig zu schaffen sein. Denn angesichts der Scharen von Radfahrern, die sich tagtäglich auf den Wegen drängen, lautet die Frage der Zukunft: Wem überlässt man welchen Anteil am knappen Straßenraum? In diesem Verteilungskampf wünscht sich Grünen-Stadtrat Paul Bickelbacher "mehr Mut" von CSU und SPD. Es sei in der Vergangenheit schon viel passiert. "Ich bin aber nicht allzu optimistisch für die nächsten sechs Jahre", sagt der Oppositions-Mann.

Auch Traudl Schröder vom ADFC warnt vor Illusionen, es allen Verkehrsteilnehmern recht machen zu können. Letztlich müsse die Politik an vielen Stellen Farbe bekennen: Autos oder Fahrräder. In München sei vieles in Bewegung, um das Radfahren attraktiv zu machen. "Aber es gibt noch viel Luft nach oben."

So miserabel wie mancher Velo-Enthusiast denkt, sei die Situation in München keineswegs, beteuern Schröder wie Bickelbacher unisono. Aus Sicht des ADFC ist in den vergangenen Jahren vor allem in die Verwaltung ein ganz neuer Geist eingezogen. Plötzlich würden die Interessen der Radfahrer ganz selbstverständlich mitdiskutiert, freut sich Schröder.

Beispiel Einbahnstraßen: Inzwischen darf an mehr als 300 Stellen gegen die Fahrtrichtung geradelt werden, das Kreisverwaltungsreferat hat in einer konzertierten Aktion möglichst viele geeignete Einbahnstraßen ausgesucht. Und es gibt inzwischen fast 50 Fahrradstraßen in München. Hier aber fände Schröder eine Info-Kampagne sinnvoll: Offenkundig wisse kaum jemand, was eine Fahrradstraße eigentlich ist.

Die Stadt München will "Radlhaupstadt" sein. Das Logo der Kampagne ist immer mal wieder auf dem Marienplatz zu sehen. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Wünsche aus der Radler-Lobby gibt es viele an die Adresse der Großkoalitionäre. Schröder etwa wünscht sich den Bau von Radwegen in der Rosenheimer Straße - zulasten von Fahrspuren, wie es ursprünglich geplant war. Die Grünen haben im Mai ein umfangreiches Radler-Antragspaket in den Stadtrat eingebracht.

Mehr Geld und mehr Stellen in der Verwaltung werden darin für den Radverkehr gefordert. Dazu kommen ein großzügiger Ausbau des Radwegenetzes (an möglichst vielen vierspurigen Straßen sollen Fahrbahnen den Radfahrern zugeschlagen werden), ein verbesserter Winterdienst auf Radwegen, die Öffnung von mindestens 500 Einbahnstraßen und die Ausschilderung von 200 Fahrradstraßen. Verbesserungsbedarf gebe es unter anderem in der Lindwurm-, Schwanthaler-, Ludwig-, Luisen-, Theresien- und Gabelsbergerstraße. Die Anträge sind bislang noch nicht diskutiert worden.

Der ADFC hat noch einen weiteren Vorschlag auf Lager: Radschnellwege nach dem Muster großer Einfallstraßen, die in die äußeren Stadtviertel und die Umlandgemeinden führen. Ein Beispiel hat der Verband bereits ausgearbeitet: vom Hauptbahnhof zum Harthof. Radfahrer könnten dann zügig, sicher und möglichst mit Vorfahrt oder Grüner Welle längere Distanzen zurücklegen. Das Prinzip ist allerdings eher auf Außenbezirke zugeschnitten: Im Zentrum ist für Velo-Autobahnen schlicht zu wenig Platz.

© SZ vom 18.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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