Der Kampfradler
Der Kampfradler hat vor allem eines: recht. Er versteht die Straße als seinen Privatbesitz, dessen Nutzung allen anderen nur gnadenhalber erlaubt ist. Deshalb gelten für ihn auch keine Regeln - er ist der Ludwig XIV. des Straßenverkehrs: "Le loi, c'est moi." Rote Ampeln sind nur unverbindliche Vorschläge, Einbahnstraßen nichts als Schikane, Autofahrer müssen durch unvorhersehbare Fahrmanöver gründlich verunsichert werden. Rechts überholen? Aber gerne doch. Gleich danach links abbiegen? Zur Seite, Untergebener. Der Kampfradler fährt meistens ein etwas älteres Mountainbike, das so aussieht, wie es aussieht, weil er es täglich nutzt. Außerdem kann er mit ihm bei Bedarf mal eben Bordsteine überwinden, um auch auf den Gehwegen Angst und Schrecken zu verbreiten. Nicht einmal vor Gleichgesinnten macht sein Ego halt: Andere Radfahrer sind meistens nur im Weg, sie werden aus der Bahn geklingelt, geschimpft oder gepfiffen. (Ernsthafte Kampfradler haben sich schon längst mit Trillerpfeifen bewaffnet, weil die normale Fahrradklingel ja schon lange niemanden mehr schreckt.) So tritt er sich durch die Großstadt, immer auf 180, denn er hat ja recht. Warum sehen das die anderen nur nicht ein?