Radfahren in München:Schlechte Planung, wenig Rücksicht

Warum es mit einem Helm allein längst nicht getan ist

"Gefahr auf der Straße" (München) und "Von Nadelöhr zu Nadelöhr" (Stadtviertel München) vom 26. Februar:

Ehemalige Radlhauptstadt, der Radler ist selber schuld, ... logisch. Sicher gibt es unvorsichtige und sehr rücksichtslose Radfahrer. Die gravierend ansteigende Zahl der Radunfälle und gar Toten den Radfahrern alleine zuzuschreiben, ist mit Verlaub eine Unverschämtheit. Hinzu kommt die Frechheit zu sagen, mit Helm wär's nicht so schlimm gewesen. Sicher wären auch viele Unfälle mit einer Downhill-gerechten Vollkontaktausrüstung mit Rücken-, Arm- und Beinprotektoren noch glimpflicher abgegangen - also Aufrüsten.

Ich fahre täglich vom Stadtrand im Münchner Westen ins Zentrum. Meine Gefahren und Schockmomente sind: freilaufende Hunde auf kombinierten Rad- und Fußwegen, die immer wieder unverhofft aus dem Gebüsch auftauchen; rücksichtslose Autofahrer, die Radwege zuparken, ohne zu schauen die Türen aufreißen und sich an einer Vollbremsung auf dem Splitt erfreuen, mich beim Rechtsabbiegen schneiden; besonders gerne fahren sie bei einspurigen Fahrbahnen so knapp an dir vorbei, dass du die Ohren anlegst. Dass 1,5 Meter Seitenabstand nicht nur angenehm, sondern auch Gesetz sind, interessiert sie nicht. Zur Rede gestellt, heißt es lapidar: "Was willst, ist doch nichts passiert!" Hinzu kommt die "genial geplante und ausgeführte" West-Ost-Verbindung vom Durchblick/Blutenburg an der Nordseite der S-Bahn-Stammstrecke bis zum Hauptbahnhof. Vielleicht können sich Bahn und Stadt endlich mal zusammenraufen und einen Streifen von fünf Metern Breite durchgängig planen und realisieren. Oder ist das ein Projekt vom Ausmaße des Berliner Flughafens BER? Im Arnulfpark hat man eine Radtrasse schlichtweg vergessen. Die Ausweisung der Straße als Fahrradstraße ist nett - aber wirkungslos: Es gilt das Gesetz des Stärkeren, also des Autofahrers. Ein Steg über die S-Bahn wird 100 Meter neben der Donnersberger Brücke gebaut. Geld für einen richtigen Radweg gibt's aber nicht. Realisierung wäre auch schwieriger.

München wächst an Einwohnern und Autos (unkontrolliert, ungesund?), sicher wächst die Infrastruktur nicht schnell genug mit. Die logischen Folgen sind mehr Staus, mehr genervte und immer rücksichtsloser werdende Verkehrsteilnehmer und somit steigender Blutzoll. Ach ja, wer ist daran schuld? Der kleine Radfahrer - oder die Politiker dieser Stadt? Michael Beer, München

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