Pussycat Dolls in München:Die Definition der Pussycat

Die Konzerte von "Queensberry", "Lady Gaga" und den "Pussycat Dolls" in München zeigen den eklatanten Unterschied zwischen Qualität und Quatsch.

Jürgen Schmieder

Es gibt ein Lied der Pop-Band Pussycat Dolls, in dem folgende Textzeile vorkommt: "Be careful what you wish for 'cause you just might get it". Sei bloß vorsichtig, was Du Dir wünscht, weil Du es tatsächlich bekommen könntest, heißt es übersetzt - und es hatte einen gewissen Symbolcharakter, dass die Pussycat-Frontfrau Nicole Scherzinger exakt nach diesem Vers das Publikum aufrief, der Vorband Queensberry zu applaudieren.

Pussycat Dolls in München: Die "Pussycat Dolls" Nicole und Melody auf der Bühne.

Die "Pussycat Dolls" Nicole und Melody auf der Bühne.

(Foto: Foto: AP)

Beim Konzert im Münchner Zenith gab es eine Band-Reihenfolge, die sich zunächst sehr logisch anhörte: Zuerst steht die deutsche Casting-Band Queensberry auf der Bühne, danach die Ein-Mädchen-Band Lady Gaga, die Hauptattraktion sollte die derzeit erfolgreichste Girl-Band Pussycat Dolls sein. Es wurde zu einer Demonstration in den Punkten Talent und Professionalität.

Queensberry, das sind die vier Mädchen Leonore, Victoria, Gabriella und Antonella, die sich wochenlang durch köperliche und seelische Drills quälen mussten, um ihren Wunsch nach 15 Minuten Ruhm verwirklichen zu dürfen. Nun stehen sie auf der Bühne, mit piepsigen Stimmen tragen sie ihre Lieder vor, in denen Textzeilen wie "Du sagst ich bin das, was Herz und Seele begehren, es gibt keinen Rauch ohne Feuer". Dazu führen sie groteske Tanzschritte vor, die man zuletzt bei der Tanzgruppe am Kleinstadt-Gymnasium gesehen hat. Sollte der sogenannte Star-Choreograph Detlef D. Soost tatsächlich für diese Inszenierung verantwortlich sein, dann kann man jungen Mädchen nur raten, niemals dessen "Dance Club" zu besuchen.

Vielleicht liegt es aber auch daran, dass von den vier Mitgliedern höchstens eine singen und eine tanzen kann, warum es allzu gewollt und allzu gekünstelt wirkte. Wenn man sich die Gesichter der anderen ansah, dann konnte man sehen, dass die in Gedanken die Schritte mitzählten oder nach der richtigen Tonlage suchten. Es hat den Anschein, dass die vier immer noch nicht so recht wissen, was da gerade mit ihnen passiert.

Eigenwillig, aber interessant

Man merkte einen Unterschied von mindestens zwei Klassen, als die amerikanische Dance-Sängerin Lady Gaga die Bühne betrat. Mit ihrem Elektro-Pop-Song "Just Dance" stand sie kürzlich auf Platz eins der amerikanischen Charts und wurde für den Grammy nominiert. Neben ihr standen drei Tänzer auf der Bühne, die tatsächlich tanzen konnten, die Sängerin schüttelte mit allem, was sich unterhalb ihres Halses befand - allerdings kontrolliert und choreografiert. In ihren Lieder finden sich zahlreiche Hinweise auf andere Künstler wie Queen, David Bowie oder "Das Phantom der Oper".

Es ist eine eigenwillige Darstellung, wenn zu waberndes Bässen und klirrender E-Gitarre die zerrende Stimme von Lady Gaga erklingt, die über die Bühne saust, während auf der Leinwand ein psychedelisches Video zu sehen ist. Das mag nicht jedermanns Sache sein, interessant ist es allemal.

Danach wurde die Bühnenfläche etwa vervierfacht und um zwei Stockwerke erweitert. Zu sehen war ein Video, das die Pussycat Dolls auf einer Weltreise zeigt. Über der Bühne erscheint ein überdimensionaler Globus, der von einem leuchten Schriftzug mit dem Bandnamen umrankt wird. Langsam werden die fünf Mitglieder Nicole Scherzinger, Melody Thornton, Jessica Sutta, Ashley Roberts und Kimberly Wyatt auf einer Hebebühne nach oben gefahren, bis sie direkt unter der Weltkugel stehen.

Langsam schreiten sie nach unten, sie hauchen die die ersten Klänge und vollführen die ersten Tanzschritte. Schon da wird jedem Besucher klar: Die "Dolls" sehen aus wie Popstars, sie können tanzen wie Popstars - und sie können singen wie Popstars. Es sieht so herrlich leicht aus, wenn Nicole Scherzinger erst mit den Händen herumwirbelt, dann einen Steptanz aufführt und schließlich noch Küsse ins Publikum wirft. Erstaunt ist man erst, als man bemerkt, dass die anderen vier Bandmitglieder exakt die gleichen Bewegungen in exakt dem gleichen Moment vollführen - und nicht einmal der Videobeweis eine Abweichung aufdecken konnte.

Sie sind nicht mehr die tanzenden Pin-Up-Girls, als die sie 1993 von der Choreographin Robin Antin gegründet wurden, die jahrelang - unterstützt von Gaststars wie Christina Aguilera, Pink oder Gwen Stefani - in Las-Vegas-Revues auftraten und den Viper Room von Johnny Depp optisch aufwerteten. Auf der Bühne steht eine gewachsene Popgruppe, die schwungvolle Dance-Nummern wie "Don't cha" und "Buttons" ebenso aufführen kann wie stimmige Balladen wie "Stick withu".

Das Anrüchige freilich ist geblieben, Nicole und ihre Kolleginnen tragen weniger Kleidung, als man seiner Tochter beim Disko-Besuch erlauben würde. Sie singen über Körperteile, die sie passend zum Text bewegen, schütteln und rollen. Aber es wirkt nicht billig, sondern stilvoll, was man da auf der Bühne sieht. "Die Tour heißt nicht umsonst 'Doll Domination'", sagt Kimberly Watts nach dem Konzert. "Natürlich gibt es noch andere fantastische Bands, aber wir wollen in der ersten Liga mitspielen."

Das tun die Pussycat Dolls definitiv, man mag ihnen sogar - um in der Liga-Sprache zu bleiben - den Gewinn der Champions League zutrauen. Sie haben als kleine Mädchen davon geträumt, berühmt zu sein, Fans zu haben, um die Welt zu reisen und die Titelseiten von Magazinen zu zieren - zumindest singen sie das in "When I grow up". Sie haben es geschafft und können stolz darauf sein. Die Mitglieder von Queensberry indes hätten vielleicht tatsächlich ein wenig vorsichtiger sein sollen, als sie sich wüschten, Popstars zu werden.

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