"Pumuckl":Wer hat dieses Bett wohl wegversteckt?

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Seit gut 30 Jahren bewahren Bergith und Johannes Geyer das Originalbett aus "Meister Eder und sein Pumuckl" in Poing auf. Beide haben 40 Jahre hinter den Kulissen gearbeitet.

Von Korbinian Eisenberger, Poing

Es ist kaum größer als eine Schuhschachtel, 42 Zentimeter lang, 22 Zentimeter breit, gerade ausreichend für eine Puppe. Würde man hineinpassen, wäre es wahrscheinlich wie in einem normalen Bett, mit all seinen Vorzügen und Fehlern: Wo das Eichenholz durchschimmert, ist die Farbe abgeblättert, das Bett wackelt, weil die Beine nicht genau gleich lang sind. Wie von Geisterhand bewegte sich dieses Möbelstück einst über die Hobelbank. Daran erinnern verknotete Fadenreste an den Knäufen, letzte Spuren des prominenten Hausgeists der deutschen Fernsehgeschichte.

Wer hat dieses Bett wohl wegversteckt? Die Zeitreise in die Welt vom Schreinermeister Eder und seinem Kobold Pumuckl beginnt hinter einer Tür in Poing im Landkreis Ebersberg. 20 Kilometer östlich von München wird seit 35 Jahren ein berühmtes Requisit der bayerischen Fernsehgeschichte aufbewahrt, und kaum einer wusste es: Das Originalbett des Kobolds aus der ersten Staffel der BR-Serie "Meister Eder und sein Pumuckl".

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Bergith und Johannes Geyer bewahren ein Stück Filmgeschichte auf, das im September 1982 erstmals im Bayerischen Fernsehen zu sehen war. Johannes Geyer, 61, hat heute einen Schnauzbart, mit dem er sich neben dem Meister Eder sehen lassen könnte. Damals war Geyer Kameraassistent unter Kameramann Horst Schier und Produzent Manfred Korytowski. Jetzt sitzt Geyer in seinem Fotografen-Atelier und hält die Hand über das Pumuckl-Bett, als läge der Kobold höchst persönlich darin. Korytowski, der Produzent, hat ihm das Bett damals in die Hand gedrückt, erzählt Geyer. Mitte der Achtzigerjahre, nachdem die letzte Folge mit Gustl Bayerhammer als Meister Eder erschienen war, löste die Filmcrew die Schreinerei und die darüber eingerichtete Wohnung auf. Irgendjemand bekam die blaue Schaukel, sagt Johannes Geyer. "Und ich das Bett."

Im Fernsehen gesehen worden ist es zuletzt im Münchner Lehel, wo eine Fernsehcrew Ende der Siebzigerjahre die Schreinerei eingerichtet hat. Dort, wo der Pumuckl alsbald am Leimtopf hängen blieb, hinter der Werkstatttür im Hof der Widenmayerstraße 2. Nun muss man wieder über einen Hinterhof gehen. Nur dass nicht mehr "Schreinerei Franz Eder" am Eingang steht, sondern "Fotoatelier Geyer".

Es ist nur ein blaues Möbelstück, in dem nie wirklich ein rothaariger Wicht drin gelegen hat. Weil der Pumuckl nach der Beschreibung der Buchautorin Ellis Kaut hinein gezeichnet wurde. Und doch geht von dem Bett offenbar eine Aura aus, die weit über Bayern hinaus fasziniert. Als im Spätherbst durch einen Zufall bekannt wurde, dass Pumuckls Bett im oberbayerischen Poing daheim ist, da bekamen die Geyers Anfragen von Zeitungen und Fernsehsendern aus der ganzen Republik. "Sogar aus Ostfriesland hat jemand angerufen", sagt Bergith Geyer, auch sie war damals im Filmteam dabei.

Bergith Geyer trägt ein rotes Oberteil, so knallig, dass der Pumuckl mit seiner Haarpracht grün vor Neid geworden wäre. Mehr als 30 Jahre ist es her, seit Bergith Geyer das letzte Mal in der Widenmayerstraße gestanden hat. Sie stützt ihren Kopf in die Hände, schaut in Gedanken an die Decke. 25 Jahre ist es nun schon her, dass Gustl Bayrhammer nicht mehr lebt, Pumuckl-Sprecher Hans Clarin starb im Jahr 2005. Doch der Kobold ist durch sie in den Köpfen der Menschen lebendig geblieben - und in Form des Bettes jetzt auch irgendwie wieder sichtbar.

Im Poinger Atelier hängen mittlerweile Zeitungsartikel über die Geyers und das Pumuckl-Bett. "Dieser Hype hat uns total überrascht", sagt Bergith Geyer. Sie und ihr Mann haben 40 Jahre hinter den Kulissen gearbeitet. Nun stehen sie plötzlich selbst vor den Kameras. Bergith Geyers Aufgabe war es damals, die Schreinerei und die darüber liegende Wohnung einzurichten. Die 71-Jährige ist Filmarchitektin, mit ihren Kollegen engagierte sie einst den wahrhaftigen Schreiner des Pumuckl-Betts. Wer das war? Schulterzucken bei den Geyers. Die Erinnerung ist verblasst. Wer konnte damals schon ahnen, dass dieses Bett noch einmal so interessant wird.

Schließlich ist der Hype um Film-Requisiten erst in den vergangenen 25 Jahren aufgekommen, lange nach dem Pumuckl-Dreh. Von Poing etwa muss man nur wenige Kilometer fahren, dann landet man in der Gemeinde Steinhöring, wo ein prominentes Gefährt aus der bayerischen Kult-Serie "Irgendwie und sowieso" steht. Ein Sammler hat sich vor vielen Jahren das Moped von "Sir Quickly" gesichert, mit dem "Sir" Ottfried Fischer in den Siebzigerjahren zwischen dem Landkreis Ebersberg und München hin und her düste. Das Moped ging seinerzeit billig her, nicht so wie jüngst in London, wo erst vor zwei Monaten der Originalhut von Indiana Jones - mit Unterschrift von Darsteller Harrison Ford - für knapp eine halbe Million Euro versteigert worden ist.

Und das Bett vom Kult-Kobold? Als letztes verbliebenes Relikt der Serie? "Unverkäuflich", sagt Bergith Geyer. Sie streicht die Decke glatt, als läge ein lebendiges Wesen darin. Weil das Pumuckl-Bett nicht nur die verfilmte Historie hat, sondern auch die bis dato für die Öffentlichkeit unsichtbare Geschichte der Geyers. "Das Bett war von Anfang an immer da", sagt Johannes Geyer.

In Folge zwei "Das verkaufte Bett" bastelt der Meister Eder dem Pumuckl seine künftige Schlafstätte. Vor lauter Gutmütigkeit verkauft er es dann aber unfreiwillig an eine arg aufdringliche Kundin, noch bevor der Pumuckl sich darin zudecken kann. Vor lauter Wut verstreut der Kobold Nägel und Werkzeuge in der Schreinerei. Klar, dass der Meister Eder das Bett zurückholt - was diese Beziehung nachhaltig festigt. Und nicht nur diese.

Seine ruhige Herzlichkeit, sagt Bergith Geyer, die hatte der Gustl Bayrhammer - trotz des eher jähzornigen Pumuckl - nicht nur vor der Kamera. "Der Gustl hat diese liebe Art auf das ganze Team übertragen." Eine winzige Crew von 20 Leuten, "wie eine große Familie", sagt ihr Mann, damals der jüngste im Team. Für die beiden war es vor allem der erste große Dreh - ehe dann viel mehr daraus wurde. "Irgendwann hat es zwischen uns gefunkt", sagt Bergith Geyer. Ähnlich wie beim Meister Eder und seinem Pumuckl, nur dass der Schreiner und sein Kobold bis zum Schluss in getrennten Betten schliefen.

Hinter den Kulissen: Mittags hatte Gustl Bayrhammer Drehpause. Dann stieg er die Treppen hinauf in die Schreinerwohnung, für ein Nickerchen auf einem kleinen Bankerl, erinnert sich Johannes Geyer. Ein wohl verdienter Mittagsschlaf. Schließlich musste sich Bayrhammer tagtäglich seinen Regisseur Uli König anhören, der Clarins Pumuckl-Stimme nachkrächzte, als wäre er höchstselbst ein Nachfahre der Klabauter. "Der Hans Clarin war ja bei den Dreharbeiten meistens nicht dabei", sagt Johannes Geyer. Und der gezeichnete Pumuckl wurde ja erst hinterher ins Bild eingefügt. Deswegen legte man Bayrhammer eine Puppe hin, wenn er im Dreh Richtung Kobold-Bett sprach. So fühlt es sich bis heute an, als schaue der Meister Eder dem Pumuckl direkt in die Augen.

© SZ vom 02.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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