Prüfung eines Arbeitsvertrags:Teurer Anwalt

Der Streit um eine Honorarforderung von 5500 Euro pro Stunde geht in eine neue Runde

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Der jahrelange Streit um ein Stundenhonorar von rund 5500 Euro, das ein Münchner Anwalt von seinem Klienten verlangt, geht in die nächste Runde zum Oberlandesgericht (OLG). In erster Instanz vor dem Landgericht München I hat der Mandant zwar gerade einen Teilerfolg errungen: Er soll diesem Urteil zufolge lediglich rund 15 500 statt der ursprünglich verlangten knapp 50 000 Euro bezahlen. In der sofort eingelegten Berufung pochen der Kläger und sein Anwalt aber auf ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer, die in ihrer Expertise die Honorarforderung "problematisch" nennt.

Die Prüfung eines Arbeitsvertrages ist ein Routine-Job für einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Dennoch verlangt ein Münchner Jurist knapp 56 000 Euro Honorar dafür. Rund 6000 Euro davon hatte der Mandant bereits als Vorschuss bezahlt. Der italienische Kläger ist Manager einer Hightech-Firma, die Automobil-, Raumfahrt- oder Energiekonzerne berät. Um seinen gut dotierten Arbeitsvertrag vor der Unterschrift prüfen zu lassen, beauftragte der nicht so gut Deutsch sprechende Manager den Fachanwalt für Arbeitsrecht. Wie schon bei einem früheren Mandat wollte er einen Stundensatz vereinbaren, der in diesem Fall bei mehr als 290 Euro liegen sollte: Immerhin ging es um ein Jahresgehalt von gut einer halben Million Euro.

Das stand auch so im vorderen Teil der Vergütungsvereinbarung - erst weiter hinten hätte der Mandant lesen können, dass er tatsächlich eine doppelte Anwaltsgebühr bezahlen würde. Und zwar auf Grundlage von drei Jahreseinkommen und dem Gegenwert des Maserati-Dienstwagens. Zudem verlangte der Jurist noch den 2,5-fachen Gebührensatz plus eine 1,5-fache "Einigungsgebühr", abzüglich 5200 Euro "Sonderrabatt": 55 846,22 Euro.

Der schon 2014 begonnene Prozess hatte sich durch einen Richterwechsel hingezogen; aber auch, weil der Fachanwalt immer wieder Verhandlungen hatte platzen lassen. Als nun endlich das Urteil des Landgerichts verkündet wurde, kritisierte Klägeranwalt Norman Synek, dass sich die Einzelrichterin über das Gutachten der Anwaltskammer hinweggesetzt habe.

In seinem Berufungsschriftsatz an das Oberlandesgericht wirft er seinem Kollegen vor, für "horrende Kostenrechnungen berüchtigt" zu sein: In einem Kündigungsschutzverfahren habe er einem anderen Mandanten gar einen Stundenlohn von rund 283 000 Euro angerechnet. Der beklagte Fachanwalt hält diese Passage in dem Schriftsatz für einen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht und will nun seinerseits die Anwaltskammer einschalten.

Anwalt Synek sagt in seiner Berufungsschrift, dass sein Mandant nicht einmal ansatzweise erkennen konnte, welche Rechnung einmal auf ihn zukommen würde. Die Honorarvereinbarung des Kollegen nennt er "eine intransparente Wundertüte". Die Richterin der ersten Instanz habe außer Betracht gelassen, dass der Anwalt seinen Mandanten "sehenden Auges in die Falle laufen ließ".

Wann der Fall vor dem OLG mündlich verhandelt wird, ist noch offen.

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