Prozessauftakt:Joggerinnen attackiert und vergewaltigt: 28-Jähriger vor Gericht

  • Emrah T. soll in Rosenheim im November 2015 eine 29-jährige Frau angefallen, sie gewürgt und vergewaltigt haben. Ein Jahr später soll er in München eine weitere Vergewaltigung nach gleichem Muster begangen haben.
  • Sein zweites Opfer ließ er bewusstlos bei Minusgraden an der Isar liegen. Die Frau konnte sich trotz Verletzungen zu einem nahen Gasthof schleppen.
  • Von Montag an steht er vor Gericht, unter anderem auch wegen versuchten Mordes.

Von Susi Wimmer

Was wird Emrah T. für ein Mensch sein? Ein Mann, der mit Kind und schwangerer Ehefrau in Deutschland Asyl beantragt hat, der sich fälschlicherweise als Syrer ausgibt und eigentlich aus der Türkei stammt? Der unter verschiedenen Identitäten reist? Die erste große Schwurgerichtskammer am Landgericht München I wird von Montag an auch klären, ob er der Mann ist, der in Rosenheim eine Spaziergängerin vergewaltigt, und im Dezember 2016 an der St. Emmeramsmühle eine Joggerin fast erwürgt und anschließend ebenfalls vergewaltigt haben soll. Der Familienvater wird sich an mindestens zwölf Verhandlungstagen unter anderem wegen versuchten Mordes verantworten müssen.

Die Tat in Oberföhring hatte im Winter 2016/2017 in München vor allem Sportlerinnen in Angst und Schrecken versetzt. Die Polizei empfahl den Läuferinnen, besser in Gruppen und auf beleuchteten Strecken zu joggen, auf Köpfhörer und Musik zu verzichten, um nahende Gefahren besser zu erkennen. Ebenso sollte man eine Trillerpfeife oder einen Schrillalarm bei sich tragen. Tatsächlich hatte der Täter am 18. Dezember 2016 nahe der St.-Emmeram-Brücke zugeschlagen, als es dunkel war.

Gegen 19.30 Uhr joggte eine 45 Jahre alte Frau auf der Oberföhringer Isarinsel zwischen Wehr und Brücke. Der Familienvater soll ihr nachgerannt sein und sie von hinten angefallen und in ein Gebüsch gezerrt haben. Das Opfer wehrte sich und schrie laut um Hilfe, aber Emrah T. soll sie zu Boden geworfen und so heftig gewürgt haben, bis die 45-Jährige das Bewusstsein verlor. Er missbrauchte die Frau und ließ die Bewusstlose bei Minusgraden in der menschenleeren Gegend im Gebüsch liegen. Wie die Polizei damals auch mitteilte, kam die Frau irgendwann zu sich und schaffte es, sich trotz ihrer Verletzungen über die Brücke zum Gasthof St. Emmeramsmühle zu schleppen.

Ein Ermittler bezeichnete es im März 2017 als "Glück des Tüchtigen", dass die Ermittler einen Tatverdächtigen festnehmen konnten. Es war Emrah T. Er arbeitete damals in einer Firma in Feldmoching. Dort war Mitte Dezember 2016, kurz vor dem Angriff auf die Joggerin, ein Raubüberfall verübt worden. Die Spurensicherung hatte am Tatort DNA-Material gefunden und beim Abgleich mit der DNA-Computerdatei am Bayerischen Landeskriminalamt ergaben sich gleich zwei sogenannte Spur-Spur-Treffer: Das DNA-Muster, das nach dem Raubüberfall in Feldmoching gesichert wurde, stimmte überein mit der DNA, die man nach der Vergewaltigung an der St. Emmeramsmühle gefunden hatte. Und der Computer zeigte auch an, dass diese bislang unbekannte DNA-Spur auch nach einem Vergewaltigungsfall in Rosenheim gesichert worden war.

Also bat die Polizei alle Personen, die in irgendeiner Form mit der Lagerhalle in Feldmoching zu tun hatten, zu einem freiwilligen Speicheltest. Auch Emrah T. ließ sich mit dem Wattestäbchen über die Mundinnenseite streichen - und seine DNA stimmte mit den eingestellten Spuren aus Rosenheim und der Emmeramsmühle überein. Die Polizei gab damals bekannt, dass Emrah T. im Oktober 2015 als angeblich syrischer Flüchtling mit seiner Familie über Kiefersfelden eingereist war und sich drei Identitäten zugelegt hatte. Mittlerweile sei man sich aber sicher, dass er kurdischstämmig sei und aus dem Osten der Türkei komme. Die Polizei nahm Emrah T. am 31. März 2017 in einer Asylbewerberunterkunft in Berg am Laim fest.

Emrah T. soll bereits einen Monat nach seiner Einreise in Rosenheim, nämlich im November 2015, eine 29 Jahre alte Spaziergängerin in der Dunkelheit angefallen, gewürgt und vergewaltigt haben. Im Dezember 2015 zog die Familie T. nach München, wo Emrah T. im Dezember 2016 nach dem gleichen Muster eine Joggerin vergewaltigt haben soll.

Anmerkung der Redaktion

In der Regel berichtet die SZ nicht über ethnische, religiöse oder nationale Zugehörigkeiten mutmaßlicher Straftäter. Wir weichen nur bei begründetem öffentlichen Interesse von dieser im Pressekodex vereinbarten Linie ab. Das kann bei außergewöhnlichen Straftaten wie Terroranschlägen oder Kapitalverbrechen der Fall sein oder bei Straftaten, die aus einer größeren Gruppe heraus begangen werden (wie Silvester 2015 in Köln). Ein öffentliches Interesse besteht auch bei Fahndungsaufrufen oder wenn die Biografie einer verdächtigen Person für die Straftat von Bedeutung ist. Wir entscheiden das im Einzelfall und sind grundsätzlich zurückhaltend, um keine Vorurteile gegenüber Minderheiten zu schüren.

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