Prozess:Zugeschlagen - oder nur den Kopf gedreht

Ein Polizist war gerade mit dem Seifenspender beschäftigt, zwei andere fixierten die Beine des Randalierers, und so war es wohl nur der Polizei-Praktikant Matthias S., der in jener Nacht in der Notaufnahme der Nußbaumklinik sah, wie sein Kollege Dominik H. dem Gefesselten "ein oder zwei Faustschläge ins Gesicht" versetzte. Da der Zeuge Matthias S. sich ein halbes Jahr später plötzlich nicht mehr genau erinnern kann, ob es nun die Faust oder doch nur die flache Hand war, wie der Angeklagte Dominik H. behauptet hatte, wird der Polizist von der Körperverletzung im Amt frei gesprochen. Der damals betrunkene Nikola M. hatte durch die Hand des Polizisten eine Platzwunde an der Lippe erlitten und musste genäht werden.

Es war ein etwas undurchsichtiger Prozess, der sich am Montag vor dem Amtsgericht abspielte. Es habe sich "ein sehr gemischtes Bild" ergeben, so nannte es Richter Marco Peißig. Der 29-jährige Dominik H. war am 11. Juli 2016 mit seinem Kollegen in die Jahnstraße gefahren, wo eine "bewusstlose Person" gemeldet worden war. Am Einsatzort allerdings erwies sich der betrunkene und blutende Nikola M. als äußerst renitent und wurde zur Abklärung etwaiger gesundheitlicher Schäden in die Nußbaumklinik gebracht. Dort lag er auf einer Trage, die Hände auf dem Rücken gefesselt, die Beine gefesselt und an der Trage fixiert. Matthias S., Polizist in Ausbildung, drückte mit voller Kraft seine Hände auf die Stirn des Mannes, um ihn festzuhalten. "Er hat ständig um sich gespuckt", sagt der Angeklagte. Plötzlich habe der Fixierte "Luft, Luft, Luft" gerufen, woraufhin Matthias S. die Hände wegnahm und der Randalierer nun ihn, den Angeklagten, habe anspucken wollen. "Da hab ich ihm mit der flachen Hand den Kopf weggedreht", sagt der Angeklagte. Dass Matthias S. da eine Schlagbewegung gesehen haben wollte, sei "für einen Praktikanten eine mutige Aussage", sagte der Angeklagte.

Das Opfer selbst erzählt, an dem Tag eine Flasche Wodka getrunken zu haben und sich an an rein gar nichts mehr zu erinnern. An die Aussage des Angeklagten direkt nach dem Vorfall - "der hat sich aufgeführt, da hat er eine mitbekommen" - können sich die Kollegen schon erinnern, einen Schlag allerdings hat niemand außer Matthias S. gesehen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: