Prozess:Wie sich ein Autohändler am Erfolg berauschte

  • Ein früherer Bordellbetreiber muss sich in München vor Gericht verantworten.
  • Er soll teure Wagen in seinem Autohaus gleich mehreren Kunden verkauft und die im Voraus gezahlten Summen behalten haben.
  • In 13 Betrugsfällen waren es rund 800 000 Euro.

Von Christian Rost

Im Rotlichtmilieu lief es deutlich besser für Michael H. Der 41-Jährige war zwölf Jahre lang als Bordellbetreiber tätig, zuletzt im Eros Center in Hamburg, ehe er sich mit dem Handel von Luxusfahrzeugen verhob. Um seine finanziellen Defizite auszugleichen, drehte er Kunden schließlich Fahrzeuge an, die ihm gar nicht gehörten oder die er bereits mehrfach an andere Interessenten verkauft hatte. Wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs muss sich H. seit diesem Dienstag am Landgericht München I verantworten.

Der korpulente Mann mit opulentem Vollbart saß zum Prozessauftakt nicht allein auf der Anklagebank. Auch der 31-jährige Vilan B. soll bei den Betrugstaten die Finger im Spiel gehabt haben. Das wies Michael H. aber gleich zurück, er nahm alles auf seine Kappe: Er allein habe die selben Maybachs, Porsches und andere teure Wagen in seinem Münchner Autohaus gleich mehreren Kunden verkauft und die im Voraus gezahlten Summen in Höhe von 30 000 bis 75 000 Euro einfach behalten.

Berauscht vom Erfolg

Im Jahr 2008 hatte H. das Leben in Bordellen satt. Er suchte sich zunächst in Nürnberg einen Job als Autoverkäufer. Autos waren seit jeher seine große Leidenschaft, und: "Ich wollte solide werden und eine Familie gründen", sagte er. Allerdings lief schon dieser Job nicht ganz sauber ab, er ließ sich von seinem Chef monatlich 1000 Euro an regulärem Gehalt auszahlen und kassierte schwarz zusätzlich 5000 Euro. Immerhin war er das Geld wert. Allein 50 Leasingverträge schloss er mit seinen alten Kumpels im Rotlichtmilieu ab.

Berauscht von seinem Erfolg und nach einem Streit mit seinem Chef machte er sich selbständig. Er fand einen Partner, "den Tschechen", der Autos liefern sollte, und mietete sich in München für Zehntausende Euro eine Gewerbeimmobilie an. "Der Tscheche" versorgte ihn dann auch mit teuren Wagen, wollte sich aber nicht mehr an der Firma beteiligen, wie es eigentlich vereinbart war. Also versuchte es Michael H. alleine und vergaß dabei, "dass man für so einen Betrieb einen ganzen Apparat im Rücken haben muss, wie eine Buchhaltung zum Beispiel".

Ohne Buchhaltung kein Überblick

Bei einem Umsatz von acht Millionen Euro im ersten Jahr wäre eine vernünftige Buchführung sicherlich sinnvoll gewesen. Doch so verlor H. bald den Überblick, ob da in seiner Kasse und auf seinen Konten eigenes oder fremdes Geld war, das etwa Kunden für ein Fahrzeug angezahlt hatten. Die Schieflage verschärfte sich zudem durch den aufwendigen Lebensstil, den der Angeklagte pflegte.

In Kirchseeon hatte er sich ein Haus für 3000 Euro monatlich gemietet, und zum Essen ging er auch gerne. Mit einem 300 000-Euro-Darlehen von einem Bekannten wollte er seinen Betrieb noch retten. Doch die monatlichen Zinsen von zwei Prozent fraßen den Ertrag auf. Die Löcher stopfte er zuletzt mit dem ergaunerten Geld von seinen Kunden: In 13 Betrugsfällen waren es rund 800 000 Euro. Der Prozess dauert an.

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