Süddeutsche Zeitung

Prozess:Urteil zum Kulturstrand ist mehr als nur eine Blamage für die Stadt

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Die Entscheidung der Richter könnte die Idee vom heiteren Münchner Sommervergnügen auf Jahre hinaus zerstören.

Kommentar von Thomas Anlauf

Der Streit über den diesjährigen Münchner Kulturstrand hat nur Verlierer hervorgebracht. Die Veranstalterin "Urban League", von der Stadt zunächst als Gewinnerin eines Auswahlverfahrens ausgerufen, darf nach der Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts München zunächst nicht die dreimonatige Veranstaltung an der Isar bestreiten und bleibt nun erst einmal auf den Auslagen sitzen.

Für die Stadt ist der Beschluss ohnehin eine Ohrfeige, denn das Gericht wirft dem Kreisverwaltungsreferat Schlamperei beim Auswahlverfahren vor, das in Teilen auch nicht nachvollziehbar sei. Und selbst die Urbanauten als die eigentlichen Gewinner - sie hatten gegen die Vergabe erfolgreich geklagt - haben noch lange nichts von ihrem juristischen Sieg: Denn das Verfahren ist ausgesetzt, bis die Stadt ihre Auswahlentscheidung nachgebessert und erneut einen Sieger gekürt hat.

Und das kann dauern. Denn schon das bisherige Verfahren zog sich monatelang hin. Die Bewerber um den Kulturstrand mussten von allen zuständigen Referaten nach bestimmten Kriterien bewertet werden. Auch die von der Veranstaltung betroffenen Bezirksausschüsse vergaben ebenso Punkte an Bewerber, die sie womöglich gar nicht kannten, wie die Münchner Polizei. Es ist unwahrscheinlich, dass die Stadt nun in der Lage ist, in kürzester Zeit ein möglichst faires Ende der verfahrenen Situation herbeizuführen. Denn jetzt müssen erneut auch die Bezirksausschüsse gehört werden - und die tagen zum Teil erst wieder in vier Wochen.

Wenn es in dieser Strandschlacht eine Erkenntnis gibt, dann wohl die: Einen heiteren unbeschwerten Kulturstrand wie in der Vergangenheit wird es nicht mehr geben. Denn nun lasten Streit und Neid um die Strandhoheit auf der Veranstaltungsreihe. Das mögen manche den Urbanauten vorwerfen, die als vermeintlich schlechte Verlierer geklagt haben und nun auch in Teilen recht bekommen haben. Hätte vielmehr die Stadtverwaltung sauber gearbeitet, wäre es überhaupt nicht zu der jetzigen Farce gekommen. Nun muss man sich in der Stadt die Frage stellen, ob der Kulturstrand endgültig beerdigt worden ist. Einigen Rathauspolitikern wäre das leider nur recht.

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SZ vom 01.06.2016
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