Prozess um Volksverhetzung:Hasstiraden im Internet

"Ich würd' Dich am liebsten abknallen": Ein Mann droht auf Facebook einem anderen Nutzer, ihn von hinten zu erschießen. Eine verschleierte Frau soll er mit der Faust geschlagen haben. Jetzt steht der 34-Jährige vor Gericht.

Von Andreas Salch

Konstantinos T. sagt über sich, er sei ein Mensch, der sich stark mit sich selbst beschäftige und sich als Künstler sehe. Als künstlerisch deklarierte der 34-Jährige am Donnerstag vor dem Landgericht München I auch Kommentare, die er auf die Facebook-Seite des rechtspopulistischen österreichischen FPÖ-Politikers Heinz-Christian Strache geschrieben hatte. Für die Staatsanwaltschaft handelt es sich bei den Beiträgen jedoch nicht um Kunst, sondern um Volksverhetzung.

Es war Anfang August 2011, als auf der Facebook-Seite Straches eine Diskussion im Gange war, in die sich Konstantinos T. von seinem Computer in seiner Wohnung in Sendling aus einschaltete. Dabei bedrohte er einem der Teilnehmer mit folgenden Worten: "Ich würd' Dich am liebsten abknallen wie im 3. Reich, von hinten in deine scheiß Birne." Doch damit nicht genug. Etwa zwanzig Minuten später schrieb der 34-Jährige auf die Facebook-Seite einen längeren Text. Darin stellte er krude Thesen über angebliche gute Seiten des sogenannten "Dritten Reichs" auf und behauptete, die Finanzkrise werde von Juden gesteuert.

Da andere Internetnutzer den Text auch hätten lesen können, seien die Äußerungen dazu geeignet gewesen, den öffentlichen Frieden zu stören, lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Konstantinos T. räumte in der Verhandlung vor der 2. Strafkammer ein, Verfasser der beiden Texte zu sein.

Nachdem der 34-Jährige auf der Anklagebank Platz genommen hatte, verschränkte er die meiste Zeit seine Arme vor der Brust und blickte grimmig in den Zuschaueraum oder zu dem psychiatrischen Sachverständigen, der ein Gutachten über ihn angefertigt hat. Dass ihm bei der Beschäftigung mit sich selbst der Bezug zur Realität offenbar abhanden gekommen ist, scheint T. bewusst zu sein. "Mittlerweile bin ich etwas daneben, das weiß ich."

Bei der Diskussion auf der Facebook-Seite sei er betrunken gewesen, sagte der 34-Jährige und begann einen Monolog, den der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann kaum zu unterbrechen vermochte. Er sei ja selber Jude, meinte der Angeklagte. Im Alter von 16 Jahren sei er an Scientology geraten. Die Sekte habe "Verschwörungstheorien" in ihn "hineingeschüttet". Zwar distanziere er sich heute davon. Doch "phasenweise" spreche er den Anschauungen wieder zu. Er wolle entweder erschaffen oder zerstören, dazwischen gebe es für ihn nichts, so T.

Neben Volksverhetzung wirft die Staatsanwaltschaft dem 34-Jährigen, der vorbestraft ist, weil er einer Frau nachgestellt hat, vorsätzliche Körperverletzung vor. Im März vorigen Jahres schlug T. einer jungen Türkin, die ein Kopftuch trug, auf der Poccistraße angeblich mit der Faust gegen die Schulter. Das andere Mal verletzte er eine Bedienung bei einer Rangelei am Oberanger auf offener Straße. Die Kellnerin war ihm mit einem Kollegen gefolgt, da er seine Zeche von 14,40 Euro in einem Lokal am Sendlinger-Tor-Platz nicht bezahlt hatte.

Zu dem Schlag gegen die Schulter der Fußgängerin meinte Konstantinos T., er habe seinen Frust an der Frau "abladen" wollen. Die Zechprellerei bezeichnete er als "kleinkrämerisch".

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