Prozess um Prügelei:"Es war die Hölle"

Er musste monatelang flüssig ernährt werden: Bei einer Schlägerei vor einer Diskothek wurde einem 22-Jährigen das Gesicht zertrümmert. Nun stehen die mutmaßlichen Täter vor Gericht.

A. Krug

Sieben Eisenplatten und 14 Schrauben waren notwendig, um das zertrümmerte Gesicht von Michael R. buchstäblich wieder ins Lot zu bringen. Monatelang konnte er nichts Festes essen, musste flüssig ernährt werden. Zwei Jahre schon ist es her, dass der 22-jährige Schreiner vor einer Diskothek zusammengetreten wurde. Erst jetzt wird der Fall vor der Jugendstrafkammer verhandelt. Angeklagt wegen gefährlicher Körperverletzung sind zwei junge Männer, der mutmaßlich dritte Täter ist flüchtig.

Prozess um Prügelei: Das Foto wurde im Club "M-Park" aufgenommen. Vor dieser Diskothek wurde der 22-jährige Schreiner zusammengeschlagen.

Das Foto wurde im Club "M-Park" aufgenommen. Vor dieser Diskothek wurde der 22-jährige Schreiner zusammengeschlagen.

(Foto: Foto: Haas)

Am 17. Mai 2007 kam es vor der Diskothek "M-Park" in der Landsberger Straße 169 zu einer wüsten Prügelei zwischen jugendlichen Besuchern. Die Anklage wirft den damals 19-jährigen Patrick W. und Andre K. vor, gemeinsam mit dem untergetauchten Edin M., 24, "mehrfach und mit großer Wucht auf den Kopf des am Boden liegenen" Schreiners eingetreten zu haben.

Der Anlass für die Gewaltexplosion ist unklar, die Verletzungen dagegen sind umfassend dokumentiert: Beide Jochbeine zersplitterten ebenso wie das gesamte Mittelgesicht, der Oberkiefer wurde komplett abgetrennt, wichtige Nervenbahnen schwer beschädigt.

Entschuldigt hat sich keiner

Michael R. lag monatelang in einer Klinik, durfte sich kaum rühren, damit Ober- und Unterkiefer wieder zusammenwachsen. "Es war die Hölle", sagt er. Taubheitsgefühle im Gesicht hat er noch heute, demnächst steht auch eine neue Operation an. Entschuldigt hat sich bis heute keiner bei ihm. Die beiden Angeklagten bestreiten die Vorwürfe.

Sie wollen nur eine harmlose "Schubserei" und "Schreierei" mitbekommen haben, von Tritten wissen sie nichts. "Ich kann dazu nichts sagen", meint der einschlägig vorbestrafte Andre K., schließlich habe er damals mindestens eine halbe Flasche Wodka intus gehabt: "Ich war lustig drauf." Patrick W. weist die Anklage über seine Anwälte zurück. Auch er will "von der ganzen Sache nichts mitbekommen" haben. Der Richter weist die Angeklagten darauf hin, dass es Zeugen gebe, die von drei jungen Männern sprechen, die ihr Opfer zusammentraten.

Die Ermittlungen verliefen allem Anschein nach nicht gerade optimal. So sollen den Zeugen bis heute nicht einmal Lichtbilder vorgelegt worden sein. Der Fall war in seiner Tragweite wohl auch zunächst völlig falsch eingeschätzt worden. Die Anklage war anfangs vor dem Amtsgericht anhängig, ein Haftbefehl wurde dort abgelehnt. Erst als der Fall in die Beschwerde ging, kam Bewegung in das Verfahren. Inzwischen sitzen die beiden Angeklagten in Untersuchungshaft. Der Prozess dauert an.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: