Prozess um Leerstand:Verfall in bester Lage

Seit Jahren lässt sie ihr Mietshaus in Haidhausen leerstehen - und immer mehr verfallen. Die Behörden wollen, dass die Eigentümerin die Wohnungen renoviert und wieder vermietet. Dagegen wehrt sie sich nun vor Gericht.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Drei Zimmer, 90 Quadratmeter, Küche und Bad in charmanter Umgebung - von solch einer Wohnung in Haidhausen träumen viele Mieter. Doch während die meisten von ihnen vergeblich nach solch einem Juwel suchen, lässt eine Eigentümerin ihr Mietshaus in bester Lage seit Jahren nahezu leerstehen und immer mehr verfallen.

Das städtische Wohnungsamt drängt sie schon lange, die Wohnungen endlich in einen akzeptablen Zustand zu bringen und wieder zu vermieten. Gegen entsprechende Bescheide und Zwangsgeldandrohungen wehrt sie sich aber mit einer Klage. Am Mittwoch wurde der Fall an Ort und Stelle vor dem Verwaltungsgericht verhandelt.

Einst war Haidhausen aufgrund seiner ärmlichen Verhältnisse als "Glasscherbenviertel" verrufen. Doch dann verschwanden in den 1980er-Jahren Zug um Zug die Industriebetriebe und etwa die städtische Galerie, die Muffathalle und das Kulturzentrum Gasteig entstanden. Ringsherum wurden viele Altbauten saniert. Längst zählt Haidhausen zu den begehrtesten Wohnlagen, nicht zuletzt wegen der Vielzahl an Geschäften, Cafés und Restaurants.

Bestenfalls funktioniert ein Klo

Doch an dem Haus, vor dem nun die 9. Verwaltungsgerichtskammer tagte, scheint all das spurlos vorüber gegangen zu sein. Etliche Wohnungen stehen seit Jahren leer. Es fehlt selbst an einfachen Fußbodenbelägen, bestenfalls funktioniert ein Klo, auch mal ein Waschbecken. Die Öl-Radiatoren sind mit dünnen Verlängerungskabeln an das veraltete Stromnetz angeschlossen. Brandgefahr, wie das Gericht bei der Besichtigung feststellte.

Die Eigentümerin, eine relativ junge Frau, bemängelte immer wieder, dass die Leute vom städtischen Wohnungsamt ihr bisher nicht gesagt hätten, was sie alles erneuern oder modernisieren müsse. "Das ist nicht Sache der Behörde", machte ihr die Richterin klar. Sie könne es renovieren wie sie wolle - schlicht, zeitgemäß oder luxuriös - "Sie müssen nur dafür sorgen, dass alles wieder bewohnt wird", sagte sie streng. Schon seit 2007 stünden nach und nach Wohnungen leer. "Leerstand ist Zweckentfremdung und das geht in München nicht", erklärte die Vorsitzende.

Auf 100.000 Euro Mieteinnahmen verzichtet

Der Beamte der Wohnungsamts versuchte der offensichtlich überforderten Eigentümerin Mut zu machen: "Sie bekämen leicht 15 Euro pro Quadratmeter - es ist jammerschade, das Haus wäre eine Goldgrube." Sie habe in den vielen Jahren bestimmt schon auf 100 000 Euro an Mieteinnahmen verzichtet, rechnete der Beamte ihr vor.

Die Eigentümerin beharrte aber etwa darauf, eine der in Wirklichkeit derzeit unbewohnbaren Wohnungen "als Zweitwohnung" zu nutzen. Und in einer anderen Wohnung habe sich mal jemand umgebracht - "wer will da schon wohnen"? Das Gericht machte der Frau klar, dass sie mit ihrer Klage gegen die städtischen Anordnungen und Zwangsgeldandrohungen keine Chance habe.

Dennoch beharrte die Eigentümerin auf ein Urteil. Das wird am Donnerstag verkündet. Sollte die Frau sich demnächst selbst von stetig steigenden Zwangs- und Bußgeldern nicht beeindrucken lassen, könnte die Stadt das Anwesen unter Zwangsverwaltung stellen

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