Prozess um Erbe von Parkhaus-Millionärin:Böhringers Mörder bricht sein Schweigen

Vor dem Landgericht München I wird um das Erbe von Charlotte Böhringer gerungen - vordergründig. Zum Auftakt spricht überraschend der verurteilte Neffe der getöteten Parkhaus-Millionärin.

Ekkehard Müller-Jentsch

Der als Mörder der reichen Parkhausbesitzerin Charlotte Böhringer verurteilte Benedikt T. hat am Dienstag erstmals sein eisernes Schweigen gebrochen. 93 Verhandlungstage hatte der heute 36-Jährige in einem der längsten und aufwendigsten Indizienprozesse in der Geschichte der Münchner Strafjustiz bis auf wenige einleitende Sätze und diverse emotionale Äußerungen keine Aussage gemacht.

Beisetzung von Charlotte Böhringer, 2006

Die Parkhausbesitzerin Charlotte Böhringer wurde im Jahr 2006 umgebracht.

(Foto: Robert Haas)

Vor einer Zivilrichterin im Justizpalast erklärte er dazu nun: "Hätte ich damals einen Ansatz von Objektivität gespürt, hätte ich ausgesagt - aber der Prozess war eine andauernde Exekution." Das gegen ihn verkündete Urteil bestehe aus "Lügen, Halbwahrheiten und Phantastereien".

Benedikt T. ist, wie berichtet, von seinem Bruder Mate verklagt worden. Das Landgericht München I solle feststellen, dass er als Mörder erbunwürdig sei. Das Kalkül dahinter: Auf diese Weise muss das Zivilgericht wesentliche Indizien überprüfen, die 2008 zu der strafrechtlichen Verurteilung geführt hatten.

Natürlich hoffen Benedikt T., seine Familie und die Anwälte, dass die Einzelrichterin der 4.Kammer die Klage anschließend abweisen werde, weil sie von der Täterschaft und somit der "Erbunwürdigkeit" nicht überzeugt sei. Solch ein zivilrechtliches Urteil soll dann quasi als Türöffner für ein strafrechtliches Wiederaufnahmeverfahren fungieren.

Als Benedikt T. am Dienstag von mehreren Justizwachtmeistern in den Sitzungssaal geführt wurde, gab es erst einmal Diskussionen, ob wenigstens die Mutter ihren Sohn kurz umarmen dürfe. Das wurde erlaubt. Dann protestierten die Anwälte Jürgen Contzen und Peter Witting, dass ihrem Mandanten die Fußfesseln nicht abgenommen wurden: "Das ist lächerlich - wir sind nicht bereit, so zu verhandeln."

Nach kurzer Bedenkpause gab die Vorsitzende Brigitta Steinlehner-Stelzner die "sitzungspolizeiliche Anweisung", die Beinkette bis auf weiteres zu entfernen. Erst danach kam man zur Sache. Ein zentraler Punkt in dem Mordprozess war das angebliche Zerwürfnis zwischen Charlotte Böhringer und ihrem Lieblingsneffen, den sie "Bence" nannte.

"Ich wehre mich gegen diese Fiktion und Phantastereien"

Als dieser das von ihr gewünschte Jurastudium abgebrochen und eine Freundin gefunden hatte, die nicht ihren Erwartungen entsprach, habe die Millionärin ihm den Geldhahn abgedreht und gedroht, ihn zu enterben. Aus Geldmangel soll Benedikt T. in der Hochgarage Parkautomaten manipuliert und so etwa 3800 Euro für sich abgezweigt haben. Für die Ermittler stellte sich der Mordfall damals als klassische Beziehungstat dar: Die vielen massiven Schläge seien Indiz für starke Emotionen.

Im Rahmen des Zivilprozesses schilderte nun Benedikt T., wie er wegen starker Arbeitsbelastung im Parkhaus tatsächlich zweimal heimlich die Anmeldung zur ersten juristischen Staatsprüfung "geschoben" habe.

Die Familie habe er nicht informiert, dass er mit der Parkhausarbeit und seinem Studium nicht klarkomme. "In meinem Größenwahn damals hatte ich aber zunächst selbst noch geglaubt, ich schaffe das alles." Er habe dieses Studium ohnehin nicht geliebt. "Der kann labern, der wird Jurist", habe damals seine Familie beschlossen. Und weil sein Bruder rechnen konnte, sollte der Kaufmann werden. Er habe aber nicht Rechtsanwalt werden wollen - "das Management in dem Parkhaus hat mir dagegen sehr gut gefallen", sagte T. "Diese Unaufrichtigkeit meiner Familie gegenüber ist das Einzige, was ich mir bis heute vorzuwerfen habe."

Im Frühsommer 2005 habe er sich dann aber doch seiner Tante offenbart. Die sei hochgegangen und habe ihn beschimpft - "als sich dann das erste Geschrei wieder gelegt hat, habe ich ihr erklärt, dass ich aber genügend rechtliche Kenntnisse für das Parkhausmanagement habe". Danach sei das Verhältnis wieder "wie vorher" gewesen. Sie habe vielleicht Verständnis für ihn gehabt, weil sie ihr Psychologiestudium auch nicht beendet hatte, glaubt T.

Er und seine Tante seien sehr vertraut miteinander gewesen, allerdings sei es ein sehr emotionales Verhältnis gewesen. Anschließend schilderte T., was er am Tattag gemacht habe - was ihm dagegen die Ermittler für diese Zeit zur Last legen, sei "Schmarrn - ich wehre mich gegen diese Fiktion und Phantastereien".

Noch weitere fünf Verhandlungstage hat das Gericht terminiert.

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