Prozess um Doppelmord in Portugal:Angeklagter ohne Eigenschaften

Gunnar D. soll seine Exgeliebte und die gemeinsame Tochter in Portugal umgebracht haben. Nun sagt die Lebensgefährtin des Angeklagten vor Gericht aus - und hat große Probleme, die Beziehung in Worte zu fassen.

Christian Rost

Das Paar lebte mehr nebeneinander her als miteinander. Wenn er zu einer Geschäftsreise aufbrach, fragte sie nicht, wohin er eigentlich fährt. Die Frau weiß auch nicht, obwohl die beiden seit immerhin zehn Jahren zusammen waren, wie viel ihr Freund monatlich verdiente. Sie habe "ihm vertraut" und sei "glücklich" mit ihm gewesen, so lautet ihr Fazit.

Einmal aber wurde die 47-Jährige doch stutzig. Als Gunnar D. von einer angeblichen Geschäftsreise mit Verletzungen an einem Arm und den Beinen zurückkam, "da habe ich an etwas ganz Schlimmes gedacht", sagt die Zeugin vor dem Münchner Schwurgericht. Der Vorsitzende Richter Michael Höhne will es genauer wissen. "Ich habe gedacht, dass er eine andere Frau hat", sagt die Zeugin. Das war tatsächlich der Fall. Und die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Gunnar D. sich die Kampfspuren bei der Ermordung seiner Geliebten und seiner Tochter ihn Portugal zugezogen hat.

Im Prozess um den mutmaßlichen Doppelmord versuchte die Schwurgerichtskammer am Donnerstag etwas über den Menschen Gunnar D. zu erfahren. Es wird nicht sehr viele Leute geben, die überhaupt etwas zu seinem Charakter und seinen Gewohnheiten sagen können. Der Techniker hatte in München keinerlei Freunde, wichtig waren ihm offenbar seine in Niedersachsen lebenden Eltern und sein Beruf. Und seine Lebensgefährtin natürlich, die im Zeugenstand allerdings große Probleme hat, die Beziehung in Worte zu fassen. "Er war immer nett zu mir und ist sehr ruhig", versucht die Computerkonstrukteurin den Vorsitzenden zufrieden zu stellen. Also fragt Höhne weiter: "Hat er negative Eigenschaften." Die Zeugin: "Er schläft sehr viel."

So geht das den ganzen Vormittag lang, und der Mensch Gunnar D. wird dadurch nicht greifbarer. Während seine Lebensgefährtin spricht, sitzt der 44-Jährige reglos und mit gefalteten Händen auf der Anklagebank im Schwurgerichtssaal und blickt die Frau an.

Sie war 2008 nach München zu ihm gezogen. Sie hatten sich 2001 in ihrer englischen Heimat kennengelernt, wo der Techniker beruflich zu tun hatte. Als sie in Bayern ankam, soll D. seine Beziehung zu einer anderen Frau, einer in Stuttgart lebenden Angolanerin, beendet haben.

Seine Lebensgefährtin wusste eigenem Bekunden nach nichts von der Geliebten Georgina Z.,30, und auch nicht, dass die Frau ein Kind von ihm bekam. Die Geburt der kleinen Alexandra im Oktober 2008 soll laut Anklage dann der Grund für den Doppelmord in einem vermeintlichen Familienurlaub an der Algarve gewesen sein. Als Motiv für die Taten nimmt die Staatsanwaltschaft an, D. habe das Kind und seine Geliebte getötet, um sie vor seiner Lebensgefährtin zu verheimlichen. D. bestreitet den Vorwurf.

Eine Familie gründen - das war zwischen D. und seiner Lebensgefährtin kein Thema. "Er war fürsorglich. Aber er hat mich nie gefragt oder gebeten, Kinder zu haben."

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