Prozess um Brandstiftung:Vertagt wegen Übelkeit

  • Der Prozess wegen schwerer Brandstiftung gegen eine 62-jährige Zahnärztin am Münchner Landgericht ist am Montag geplatzt.
  • Der Gerichtsarzt erklärte die Angeklagte wegen Übelkeit für nicht verhandlungsunfähig.
  • Die Frau hatte nach der Scheidung das gemeinsame Haus angezündet und dabei einen Schaden von 200 000 Euro verursacht. Zurzeit befindet sie sich in psychatrischer Behandlung.

Von Christian Rost

Zahnärztin setzt Haus in Brand

Mit einem absichtlich gelegten Feuer in einem Jugendstilhaus am Herzogpark soll sich die Zahnärztin Anja Z. (Name geändert) aus München verabschiedet und ihren jahrelangen Scheidungskrieg mit ihrem Ex-Mann hinter sich gelassen haben. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht jedenfalls davon aus, dass die 62-Jährige zur Brandstifterin geworden ist, als sie von ihrem früheren Mann, mit dem sie einst eine Zahnarztpraxis betrieben hat, per Zwangsräumung aus dem Haus befördert werden sollte.

An diesem Montag war am Landgericht München I der Prozess wegen schwerer Brandstiftung angesetzt. Er platzte, ehe die Staatsanwaltschaft ihre Vorwürfe gegen die Angeklagte vorbringen konnte.

Verschiebung des Prozesses

Anja Z. erschien blass und mit schwacher Stimme im Verhandlungssaal der 12. Strafkammer und ließ ihren Verteidiger Hermann Borchert ausrichten: "Ihr geht es nicht gut." Schon während des Transportes vom Isar-Amper-Klinikum, wo die Frau vorläufig in der Psychiatrie untergebracht ist, ins Gericht musste ein Zwischenstopp eingelegt werden, weil ihr übel wurde.

Der Vorsitzende Richter Thomas Hense bat deswegen den Landgerichtsarzt Konrad von Oefele, die Angeklagte auf ihre Verhandlungsfähigkeit zu untersuchen. Danach musste der Prozessbeginn auf Januar vertagt werden. Von Oefele hatte einen "beginnenden Infekt" bei Anja Z. nicht ausschließen können.

Eine Zwangsräumung und eine halbe Million Schulden

Laut Anklage besaß die Frau bis zu ihrer Scheidung mit ihrem Mann drei Wohnungen in dem Jugendstilhaus an der Mauerkircherstraße. Nach der Trennung ließ der Mann das Vermögen per Teilungsversteigerung aufteilen und ersteigerte auch den Anteil seiner Frau, die nun die von ihr genutzte Wohnung und Zahnarztpraxis räumen sollte.

Etwa eine halbe Million Euro Schulden hatte sie zu diesem Zeitpunkt. Mit dem Rauswurf aus dem Haus wollte sich Anja Z. offenbar nicht abfinden und sann auf Rache: Einen Tag vor der Zwangsräumung, also am 21. August 2013, soll sie sich in einem Baumarkt sieben Kanister mit je drei Litern Bio-Ethanol besorgt und den Brandbeschleuniger an zehn Stellen in der Wohnung und Praxis ausgegossen haben.

Dann, so ergaben die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, legte sie Feuer und verließ in aller Ruhe das Gebäude, in dem sich noch eine Frau mit ihrem vierjährigen Sohn, ein Au-pair-Mädchen und zwei Büroangestellte aufhielten. Zufällig hatte eine Zeugin von ihrem Küchenfenster im Haus gegenüber die mutmaßliche Brandstifterin beim Hantieren mit den Brennstoffen beobachtet und die Feuerwehr alarmiert. Als die Löschtrupps eintrafen, brannte bereits überall das Parkett in den betroffenen Räumen. Es entstand ein Schaden von rund 200 000 Euro.

Verminderte Schuldfähigkeit

Anja Z. flüchtete mit ihrem BMW X5 aus der Stadt. Zielfahnder orteten ihr Handy fünf Tage später in Kaiserslautern. Auf einem Supermarktparkplatz hatte die Frau im Auto geschlafen. Sie wurde festgenommen. Nach einem psychiatrischen Gutachter gilt sie infolge einer sogenannten Anpassungsstörung nur als vermindert schuldfähig.

Möglicherweise kommt das Gericht letztlich zu der Entscheidung, dass sie in einer psychiatrischen Klinik besser aufgehoben ist als etwa in einer Haftanstalt. "Die Frau lebt in ihrer eigenen Welt", so die Einschätzung eines mit dem Fall vertrauten Juristen.

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