Prozess:Streit um schlechte Noten

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Besitzerin eines Fitnessstudios geht gegen das Bewertungsportal Yelp vor

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Als frühere Weltmeisterin im Bodybuilding hat Renate Holland gelernt zu kämpfen. Doch in ihrem jahrelangen Konflikt mit dem Empfehlungsportal Yelp muss die mittlerweile 64-Jährige besonders viel Stehvermögen beweisen: Schon seit zwei Jahren wehrt sie sich gegen schlechte Bewertungen für ihre Fitnessstudios, die sie als "Rufmord im Internet" bezeichnet. Inzwischen ist ihre Klage vor dem Oberlandesgericht München (OLG) angekommen, verhandelt wurde am Dienstag - doch wahrscheinlich endet der Streit erst am Bundesgerichtshof.

Renate Holland betreibt mehrere Studios unter dem Namen "Speedfitness" in und um München. Der Zoff begann, als im Februar 2014 eines der Studios aufgrund vereinzelter Einträge nur mit zwei von fünf möglichen Sternen bei Yelp bewertet worden war. Allerdings verwies ein Link auf 65 weitere Beiträge, die aber als "momentan nicht empfohlen" deklariert waren. Von diese Bewertungen glänzten zehn mit vier Sternen und 55 sogar mit fünf Sternen.

Bei anderen Studios, etwa in Brunnthal oder Grafing, sah es ähnlich aus. "Der Schaden, den das anrichtet, lässt sich noch gar nicht abschätzen", sagte Renate Holland damals. Potenzielle Kunden seien wegen der vermeintlich schlechten Bewertungen weggeblieben.

Tatsächlich filtert Yelp nach überwiegend geheimen Kriterien regelmäßig Bewertungen aus, die in den Augen der Firma im Verdacht stehen, Fälschungen oder Gefälligkeitslobpreisungen zu sein. Die Fitness-Unternehmerin hält das für absurd und beantragte im Februar 2014 erst einmal eine einstweilige Verfügung gegen Yelp. Beim Landgericht München I bekam sie da noch Recht: "Wird, wie vorliegend, lediglich die schlechteste Bewertung wiedergegeben und alle anderen Bewertungen als momentan nicht empfehlenswert beurteilt, steht nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Antragstellerin im Vordergrund", hieß es damals.

Im Hauptsacheverfahren hat das Landgericht später aber anders entschieden und die Klage abgewiesen. Das Geschäftsmodell von Yelp, die Gesamtbewertung lediglich aus den von ihr empfohlenen Beiträgen zu ermitteln, stelle eine wertende Entscheidung und damit eine Meinungsäußerung der Beklagten dar, sagte das Gericht. Das sei auch keine "Schmähung". Die Filterungskriterien seien durchaus geeignet, manipulierte oder weniger relevante Bewertungen zu identifizieren. Allerdings verschweigt Yelp bisher in allen Verhandlungen Einzelheiten über die Arbeitsweise der Software - "Geschäftsgeheimnis".

Der OLG-Pressesenat äußerte in der Berufungsverhandlung am Dienstag gewisse Bedenken. "Yelp darf meinen, was man will", sagte die Vorsitzende. Doch der Leser müsse zugleich schnell und einfach darüber informiert werden, dass auch in den ausgesiebten Beurteilungen durchaus Beiträge stehen, die weder gefälscht noch manipuliert sind, sondern lediglich ein subjektives Bild zeichnen. Da Yelp inzwischen die Seiten seines Portals modifiziert hat, schlug das Gericht eine Beilegung des Streits durch einen Vergleich vor. Aber nicht zuletzt Renate Holland bestand auf einem Urteil, wie ihr Anwalt nach einem Telefonat mit ihr erklärte.

Der OLG-Senat wird eine Entscheidung erst am 22. Dezember verkünden.

© SZ vom 16.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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